"Essen sein Doktor" verabschiedet sich in den Ruhestand
Stratmanns letzte Schicht
"Was meinste, soll ich das auch mal machen?" fragte ihn einst Eckart von Hirschhausen. Der Rest ist Geschichte... Vor nunmehr 25 Jahren wechselte Medizinmann Ludger Stratmann vom ernsten ins heitere Fach. Aus dem Bottroper Allgemeinmediziner wurde der Kabarettist Ludger Stratmann. Jetzt schiebt er in Kürze in seinem Theater im Herzen der Essener City die letzte Schicht. Der SÜD ANZEIGER sprach mit ihm in der Außenstelle seines Büros, auf der Terrasse am Kennedyplatz.
Als Fan von Hanns Dieter Hüsch sucht Ludger Stratmann zuhause schon mal nach dem berühmten Übergangsmantel. Doch ein Rezept für den Ruhestand hat auch ein Mediziner nicht so ohne Weiteres in petto. Dennoch bereitet die arbeitsfreie Zeit ihm keineswegs Kopfzerbrechen. Allein schon orthopädisch gesehen, ist er klar im Vorteil: "Mein Körper liegt am liebsten", betont der Doc und hat als zukünftige Location bereits den heimischen Garten vor Augen.
Bevor Stratmann sich nach knapp 20 Jahren in Krankenhaus und eigener Praxis quasi legal für medizinisches Kabarett entschieden hat, konnte er haarklein studieren, was er später für seine Bühnenprogramme en détail verwertet hat. "Heute komme ich mal mit meinem Bein" und "Hauptsache, ich werde geholfen", hat der Bottroper Allgemeinmediziner in der Sprechstunde von seinen Patienten exakt so gehört. Als Arzt im Ruhrpott darf man nicht zimperlich sein. Als Kabarettist ebenfalls nicht.
"Ich hab damals bei Geburtstagsfeiern oder im Tennisverein schon immer gerne humorige Reden gehalten", erinnert er sich. Als Bruder Christian dann eines Tages fragte, ob man nicht gemeinsam ein Kabarett aufmachen sollte, war die Begeisterung schnell geweckt. Der Kauf des ehemaligen Amerikahauses auf dem Essener Kennedyplatz wurde 1995 besiegelt und der ehemalige Vortragssaal zum Theater umgebaut. "Drei Jahre später habe ich dann als Arzt in Bottrop aufgehört. Zu Anfang haben wir zwar in der Sanierungszeit unsere Sorgen gehabt, aber dann ging es aufwärts und wir hatten immer ein volles Haus!" Seit 2016 leitet Sohn Philipp nun das Theater und die benachbarte Gastronomie Leos Casa.
"Mein Körper liegt am liebsten"
"Ich wollte immer, dass meine Kinder einmal die Praxis übernehmen", erklärt Ludger Stratmann, "das hat aber nicht geklappt. Dass Philipp jetzt hier am Kennedyplatz übernommen hat, ist ein gutes Gefühl, man hat viel Vetrauen!" Tochter Anna coacht ihren Vater beim Text lernen und bei den Proben. So bleibt letztendlich doch alles in der Familie.
Am 13. Dezember steht nun tatsächlich die allerletzte Vorstellung auf dem Plan. Natürlich unter Coronabedingungen auf neuer Bestuhlung mit reichlich Platz dazwischen und einem speziellen Hygienekonzept. "Dat Schönste zum 25." lautet der Titel und ist auch Programm. Zu sehen am 4., 24. und 25. Oktober und nochmal am 5., 10. und 13. Dezember. Karten unter Telefon: 0201 - 820 40 60. Danach ist Stratmann dann "Privatier".
Macht ihm die Perspektive auf soviel freie Zeit Angst? "Keineswegs", entgegnet er. "Ich hab Spaß an Sprache, als erstes werde ich mir Thomas Mann vornehmen - das hatte ich schon immer mal vor." Nicht mehr den Druck zu haben, etwas zu Papier bringen zu müssen, findet er befreiend. "Ich muss nix Neues mehr machen", erlaubt er sich.
Seine Lieblingsplätze zuhause in Bottrop sind der Garten und sein Arbeitszimmer, "wenn's regnet ..." Natürlich auch die Terrasse vor dem "Leos" mit doppeltem Espresso. Und wenn er mal ganz viel Platz braucht, dann fährt er mit Ehefrau Gitti nach Norderney. Ein gutes Glas Wein und ein Platz am Meer: Ganz schön anstrengend, so ein Leben als Privatier.
Autor:Petra de Lanck aus Essen-Süd |
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