Ein Stück Kirchengeschichte
Neues Buch stellt rheinische Protestanten in der NS-Zeit vor
Das Buch "Zwischen Bekenntnis und Ideologie. 100 Lebensbilder des rheinischen Protestantismus" stellt rheinische Protestanten vor, in und nach der NS-Zeit vor. Dabei werden sowohl positive, als auch die Schattenseiten der Kirche im 20. Jahrhundert beleuchtet.
In Aenne Kaufmanns (1903-1991) Arbeitszimmer in der Hochstraße wurde 1934 der Essener Pfarrernotbund gegründet, um sich gegen die Gleichschaltung der Kirche durch die Nationalsozialisten zur Wehr zu setzen. Die junge Vikarin, die von Beginn an zur Bekennenden Kirche gehörte, war die einzige Frau in einer Männerriege. Am 8. Dezember 1935 wurde sie als erste Frau in Deutschland in der Essener Marktkirche ordiniert. Im letzten Kriegsjahr unterstütze sie die Pfarrer Heinrich Held und Johannes Böttcher, die Juden in ihren Pfarrhäusern versteckt hielten.
Aenne Kaufmann ebenso wie der erste Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Heinrich Held (1897-1957), und der Presbyter der Kirchengemeinde Essen-Altstadt und spätere Bundespräsident Gustav Heinemann (1899-1976) gehören zu den rheinischen Protestanten, die in dem neuen Buch „Zwischen Bekenntnis und Ideologie. 100 Lebensbilder des rheinischen Protestantismus“ vorgestellt werden. Der Band enthält Kurzbiografien von hundert evangelischen Persönlichkeiten, die unmittelbar vor, während oder in den Jahrzehnten nach der NS-Zeit gelebt und in der rheinischen Kirche gewirkt haben. Dabei wird auch der Blick auf dunkle Seiten der Kirchengeschichte nicht ausgespart.
Geschrieben haben die Porträts mehr als drei Dutzend Autoren. Die Auswahl der Personen wurde von dem Bemühen geleitet „den rheinischen Protestantismus im 20. Jahrhundert zumindest exemplarisch in seiner ganzen Breite abzubilden“, heißt es in der Einleitung. So finden sich in dem Band sowohl die Väter der Bekennenden Kirche (BK) wieder, die gegen die NS-Kirchenpolitik und die Gräueltaten der Nazis aufstanden, wie auch glühende Anhänger der sogenannten Deutschen Christen, die die Gleichschaltung der Kirche im NS-Staat befürworteten. Auch im 20. Jahrhundert in der Kirche noch stark unterrepräsentierte Frauen, die als Theologinnen oder engagierte Ehrenamtliche arbeiteten, werden vorgestellt. „Die Stärke der Lebensbilder liegt in der ehrlichen Auseinandersetzung mit dem historischen evangelischen Milieu, das leider lange Zeit allzu konservativ und deutschnational orientiert war“, resümiert Simone Rauthe in ihrer Bilanz am Ende des über 350 Seiten starken Buches.
Autor:Lokalkompass Essen-Süd aus Essen-Süd |
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