Café Livres im Moltkeviertel setzt Schaufensterpuppen als Platzhalter ein
Nette Gäste im Café sorgen in Essen für den nötigen Abstand
Sie scheinen das Geschehen heimlich zu beobachten: Schaufensterpuppen im Café Livres. Foto: P. de Lanck Die rothaarige Veronica nippt schon seit Stunden an ein und demselben Kaffee, doch das stört das Team vom Café Livres am Moltkeplatz nicht. Denn Veronica ist Stammgast - und als Schaufensterpuppe nicht nur ziemlich anspruchslos, sondern auch besonders wertvoll. Sie dient als Platzhalter.
Nehmen andere Gastronomen rotes Flatterband, um die Corona-Abstandsregelungen zu wahren, erledigen im Livres Figuren aus dem Fundus der Theater und Philharmonie Essen (TUP) diesen Job.
Schon durch die Schaufensterscheibe sieht man sie gleich. Zunächst scheinen sie ins Gespräch vertieft, doch dann merkt man, dass sie sich gar nicht bewegen. Spooky? Nein! „Wir sind keine Freunde von Flatterband“, betont Carola Bühn, die als kreativer Kopf des Café Livres am Moltkeplatz dieses Konzept ersonnen hat. Stilvoll gekleidet und in typischen Kaffeehaussituationen positioniert, sorgen die Leihgaben der TUP Essen dafür, dass auf charmante und unaufdringliche Art der Mindestabstand eingehalten werden kann.
Auch vor der Corona-Pandemie hat das Café Livres schon mit der TUP zusammengearbeitet. "Seit eineinhalb Jahren gibt es hier regelmäßig Lesungen", ergänzt Carola Bühn und fügt hinzu: "Die Puppen haben im Fundus des Theaters quasi auf uns und ihren nächsten Einsatz gewartet."
Bisher stammt das Outfit der Schaufensterfiguren noch aus Bühnes privatem Kleiderschrank, doch das könnte sich bald ändern, denn Überraschungen gehören beim Café Livres-Team ins Konzept. So könnte sich Carola Bühn auch Outfits aus den zwanziger Jahren oder ähnliches vorstellen. "Das Theater hat jede Menge Requisiten, das könnte passieren", schmunzelt sie.
Auch Christian Schröder, Chefdramaturg am Aalto-Theater, ist begeistert von Bühns Idee. "Das Café wirkt auf den ersten Blick nicht leer, sondern bereits angenehm gefüllt. Und alles ist sehr liebevoll ausgestattet."
Leihgaben der TUP
Carola Bühn ist weder Requisiteurin noch Dekorateurin, Kontakt zum Essener Theater besteht jedoch.
"Ich habe am Grillo als Regieassistentin gearbeitet", verrät sie. Desweiteren hat sie sich im Rahmen der Kulturhauptstadt und Essen als Grüne Hauptstadt mit Kunst im öffenlichen Raum beschäftigt Seit fünfeinhalb Jahren gehört sie nun schon zum festen Team des Café Livres.
Christian Schröder ist von der Idee der Vernetzungen innerhalb der Kulturszene begeistert. Ob es sich um Lesungen von TUP-Ensemblemitglieder im Café oder auch um Puppen aus dem Fundus handelt. Raus aus dem Musentempel zu kommen und Kontakte zu knüpfen, findet er grundsätzlich gut und wichtig.
Und die Puppen scheinen offenbar nur darauf gewartet zu haben, endlich einmal in Ruhe einen Kaffee zu trinken.
Autor:Petra de Lanck aus Essen-Süd |
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