Premiere: "La forza del destino" am Aalto-Theater
Krimi mit starken Bildern
Haben Sie demnächst rund drei Stunden 30 Minuten Zeit? Dann sollten Sie sich den Opernkrimi "La forza del destino (Die Macht des Schicksals)", der jüngst am Aalto-Musiktheater Premiere feierte, unbedingt anschauen: Es lohnt sich. Sowohl musikalisch als auch mit Blick auf das Bühnenbild (von Volker Hintermeier) kann die Inszenierung der slowakischen Regisseurin, Autorin und Performerin Sláva Daubnerová überzeugen.
Es gilt als Verdis Werk der Extreme. Mit drei durchdringenden Blechbläser-Akkorden beginnt die Oper, das unverkennbare Schicksalsmotiv lauert bedrohlich im Untergrund und kehrt immer mal wieder zurück in einer Welt von Chaos, Zerstörung und Krieg.
Nun ist der Krieg - besonders in diesen Zeiten - ein problematisches Thema auf der Opernbühne, ist jedoch eines der zentralen Themen des Werkes von Giuseppe Verdi, das im Jahr 1862 im im Bolschoi-Theater Sankt Petersburg uraufgeführt wurde. In Essen wird die Oper in vier Akten in der Neufassung des Librettos von Antonio Ghislanzoni gespielt, erstmals im Jahr 1869 an der Mailänder Scala aufgeführt.
"Wir leben in einer Zeit, die von kriegerischen Auseinandersetzungen überall auf der Welt gezeichnet und zerrüttet ist", so Regisseurin Sláva Daubnerová. "Ein sensibler Umgang hinsichtlich der Darstellung von Krieg war vor diesem Hintergrund umso bedeutsamer. Daraus resultierten die Entscheidung und inszenatorische Setzung, den Krieg mithilfe überzeitlicher, teils abstrakter Bilder auf die Bühne zu bringen."
Der Inhalt in Kürze: Leonora liebt Alvaro, ihre Familie aber ist gegen diese Verbindung. Der einzige Ausweg, ein Fluchtversuch, endet tödlich. Ein Schuss löst sich, Leonoras Vater stirbt. Leonora und Alvaro werden auseinandergerissen, für beide folgt eine qualvolle, jahrelange Odyssee, stets auf der Flucht vor Leonoras rachsüchtigem Bruder Carlo einerseits und voller Hoffnung, einander wiederzufinden, andererseits. Nach Zuflucht suchend gelangt Leonora schließlich in ein Kloster, doch noch ein letztes Mal schlägt das Schicksal zu...
Unter der musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Andrea Sanguineti überzeugten bei der Premiere nicht nur die Essener Philharmoniker und der Opernchor des Aalto-Musiktheaters, sondern auch die Hauptdarstellerinnen und Hauptdarsteller Astrik Khanamiryan (Donna Leonora), Massimo Cavalletti (Don Carlo di Vargas ) sowie Jorge Puerta (Don Alvaro). Die weiteren Aufführungen erfolgen teils mit anderer Besetzung, immer in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln.
Sehenswert, gelungen und sehr spektakulär ist das Bühnenbild von Volker Hintermeier, dessen Arbeiten bereits an Häusern wie der Wiener Staatsoper, dem Opernhaus Zürich und der Mailänder Scala zu sehen waren. Eine monumentale Statue, nachempfunden der "Mutter Heimat ruft" im russischen Wolgograd, mit 85 Metern eine der größten Statuen der Welt, nimmt zeitweise die Bühne ein, umgeben von einem bespielbaren Stahlgerüst. Bildstark ergänzen die angedeuteten Video-Projektionen (Andreas Deinert) und die Kostüme (Cedric Mpaka) die Inszenierung.
Als Verführerin der Massen wird die Wahrsagerin Preziosilla eindrucksvoll von Bettina Ranch dargestellt. "Wie eine teuflische Göttin spielt sie mit den Menschen und stellt sie vor immer neue Herausforderungen", so Sláva Daubnerová.
Ebenfalls spannend in dieser Inszenierung ist die Darstellung des Klosters, ebenfalls nicht realistisch verortet. Sláva Daubnerová: "Ein mystischer Ort, ein Ort des Rituals, des Geistes und des Wissens, ähnlich einer Bibliothek, an dem sich Leonora versteckt. ... Eine vollständige Befreiung aus den gesellschaftlichen Strukturen ist für Leonora nicht möglich - eine dystopische Aussicht, die an den Zustand unserer heutigen Welt erinnert."
Die nächsten Vorstellungen: 17., 23., 30. November; 19. Dezember; 12. Januar; 5. Februar; 2., 28. März; 24. April
Die nächste Opern-Premiere: "La Cenerentola (Aschenputtel)", Dramma giocoso in zwei Akten von Gioacchino Rossini, am 7. Dezember im Aalto-Musiktheater
Autor:Frank Blum aus Essen-Süd |
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