Faszination Dom - Mit dem Baumeister unterwegs
Im benachbarten Ostviertel ist er aufgewachsen, als Domsingknabe hat er in der Münsterkirche so manches Konzert gegeben. Fast könnte man also sagen: Es musste so kommen. Ralf Meyers ist heute Baumeister am Essener Dom, dem imposanten Kirchenbauwerk am Essener Burgplatz.
Nach 20 Jahren bei den Domsingknaben folgte später ein Praktikum bei der Bauabteilung des Bistums, das Meyers während seines Architekturstudiums wieder an den Essener Dom zurückführte. Ob er damals schon ahnte, dass er einmal dort bleiben würde?
Seit 1991, nach der Beendigung seiner Diplomarbeit, ist er für den Dom und viele weitere Gebäude des Bistums beruflich zuständig. 2007 verlieh das Domkapitel Meyers dann den Titel Dombaumeister. „In Köln ist das ein Amt“, erklärt er.
So manches hat er als Architekt selbst geplant und dafür gesorgt, dass das Gebäudeensemble am Burgplatz zwar zeitgemäß modern, aber dennoch in seiner Struktur unverändert blieb. Für den Vorplatz der Domschatzkammer, den Meyers zusammen mit einer Landschaftsarchitektin plante, gab es schließlich sogar einen Architektenpreis.
Noch keinen Tag bereut, hier angefangen zu haben
Geht man mit Meyers durch den Dom, erfährt man quasi im Vorbeigehen, wie vielseitig sein „Job“ ist. Menschen, die ihm unterwegs begegnen, sprechen ihn auf Wartungsarbeiten im Glockenturm an, berichten von organisatorischen Dingen und erinnern an Fristen, die es zu bedenken gilt. Zweifelsohne hat Ralf Meyers jede Menge Arbeit. Dennoch erklärt er voller Überzeugung: „Ich habe noch keinen Tag bereut, hier am Essener Dom angefangen zu haben!“
Was ihn am Gebäude besonders fasziniert ist - wie sollte es bei einem Architekten auch anders sein - vor allem die historische Bausubstanz. Steht man im Atrium zwischen Dom und Anbetungskirche, einer von Meyers Lieblingsorten, sieht man ihn besonders gut: den ottonischen Westbau, den dereinst die Äbtissin Mathilde in Auftrag gab.
Steht man im Inneren der Kirche, in einer kleinen Kammer seitlich oberhalb des siebenarmigen Leuchters, nur zu erreichen über die alte Wendeltreppe zum Glockenturm, kann man präzise den Übergang zwischen ottonischem Westbau (übrigens nach dem Vorbild des Aachener Doms) und dem gotischen Baukörper der großen Hallenkirche erkennen, die die Äbtissinnen Berta v. Arnsberg und Beatrix v. Holte ab 1275 errichten ließen. Auch Äbtissinnen wollten mit der Zeit gehen: „Damals waren Kirchenbauten auch in gewisser Weise Herrschaftssymbole“, erklärt Meyers.
Kann der Dombaumeister des Doms zu Essen auf eine Dombauhütte zurückgreifen, wie es sie in Köln gibt? Er lacht: „Nein, so etwas haben wir hier nicht. In Köln beschäftigt man 90 Mitarbeiter.“ Da ist Meyers Team doch deutlich übersichtlicher.
Meyers möchte aber den Essener Dom auch gar nicht mit Köln vergleichen. Höchstens, wenn er mit einem Augenzwinkern anmerkt, dass „der Kölner Dom bloß eine große neugotische Kirche“ sei und „unser Dom wenigstens alt ist!“
Die Kölner werden es ihm nicht verübeln ... Untereinander kennen sich die Dombaumeister europaweit gut und sind perfekt vernetzt, so dass man bei Projekten oder auch bei Problemen mit der Bausubstanz immer auf einen profunden Erfahrungsschatz zurückgreifen kann. Das kann unter Umständen Zeit und Geld ersparen.
Neben der Bewahrung des Bauwerkes umfasst das Tätigkeitsfeld des Dombaumeisters allerdings auch die Weiterentwicklung der Kirche mit all den Anforderungen, die an diese gestellt werden. So machte der Einbau einer neuen Orgel vor einigen Jahren eine Erweiterung der Chorempore notwendig, die Meyers zunächst am Computer simulierte. „Wichtig war dabei vor allem, dem historischen Bauwerk, aber auch modernen Bedürfnissen gerecht zu werden.“ Heute fügt sich die neue Empore harmonisch ins Bild des Kircheninneren ein.
Gibt es eigentlich auch Überraschungen im Leben eines Dombaumeisters? „Jede Menge“, berichtet Meyers: „Wo auch immer wir hier einen Spaten in die Erde stechen, haben wir natürlich Funde! Und manchmal macht man dabei Entdeckungen, mit denen man so gar nicht rechnet.“
1987 förderte Meyers im Rahmen einer größeren Sanierung ein altes achteckiges Gitter aus dem 10. Jahrhundert zutage, was einst die Belüftung der darunterliegenden Krypta sicherstellte. Heute ist es restauriert und erfüllt wieder seinen ursprünglichen Zweck.
Eine weitere Krypta am anderen Ende des Doms ist aktuell im Gespräch: Die Bischofskrypta, in der bereits der erste Ruhrbischof Dr. Franz Hengsbach seine letzte Ruhestätte gefunden hat.
Sie bietet Platz für insgesamt 22 Kirchenoberhäupter. „Alt-Bischof Hubert Luthe wird vielleicht einmal hier beigesetzt“, mutmaßt Ralf Meyers nur einen Tag vor dessen Tod.
Mittlerweile ruht Luthe tatsächlich im Essener Dom an eben jener Stelle in der Bischofskrypta, auf die Meyers verwiesen hat.
Das Leben schreibt oftmals seine eigenen Geschichten.
Autor:Petra de Lanck aus Essen-Süd |
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