Das archäologische Gedächtnis der Stadt

Dr. Detlef Hopp präsentiert Funde im Rahmen einer Ausstellung im Essener Rathaus. | Foto: Fotoredaktion Stadt Essen/ Brochhagen
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Was des einen Frust - Absperrungen, Umleitungen, Baulärm - ist des anderen Lust: Stadtarchäologe Dr. Detlef Hopp wird oft gerufen, wenn auf Baustellen im Essener Stadtgebiet historische Mauerreste, Keramik­fragmente oder Scherben alter Gefäße zu Tage befördert werden. Selten begegnet dem Archäologen aus Leidenschaft dabei „der Fund des Jahrhunderts“, doch manchmal ist er nahe dran.

Die Baumaßnahme rund um die Kreuzeskirche in der nördlichen Innenstadt brachte kürzlich alte Ziegel- und Bruchsteinmauern des Hauses „Im Aschebruch“ hervor. Der Hof wurde bereits im Jahre 1373 urkundlich erwähnt und gelangte Jahre später zu Bedeutung, als der Essener Bürgermeister Dr. Arnold Krupp zu Anfang des 18. Jahrhunderts dort mit Frau und Kindern einzog. Auch Reste des Haushaltes der Familie wurden vor Ort gefunden.
„Ich halte das für unglaublich wichtige Funde“, bewertet Dr. Detlef Hopp die ausgegrabenen „Schätze“. „Der Bürgermeister Arnold Krupp ist keineswegs eine kleine Nummer. Dass solche Spuren zu den ganz seltenen Glücksfällen der Archäologie einer Stadt gehören, muss man eigentlich nicht erklären. Das ist wie Eulen nach Athen tragen“, merkt der Stadtarchäologe an, „und trotzdem muss es für Laien auch gesagt werden.“

"Ich arbeite bei laufendem Baustellenbetrieb"

Nun sind Ausgrabungen, die sich im Rahmen einer Baumaßnahme ergeben, nicht von allen heiß begehrt. Vor allem Bauherren befürchten kostenintensive Baustopps oder zeitaufwändige Verzögerungen bedingt durch Ausgrabungen. „Dabei arbeite ich eigentlich immer bei laufendem Betrieb“, betont Hopp, was der Stadt Kosten erspart. In Zeiten knapper Kassen ein wichtiger Aspekt, der nicht nur Kämmerer Klieve erfreut. Dennoch kommt es natürlich auch auf die Sicherung und spätere Katalogisierung der Funde an.
Ein Freund von Großbaustellen ist der Archäologe von Haus aus nicht: „Jede Baumaßnahme zerstört Archäologie und es entsteht ein geschichtsfreier Raum.“ So verschwanden beispielsweise beim Bau des Einkaufszentrums am Limbecker Platz ganze sieben Lagen des alten Hellweges übereinander geschichtet sang- und klanglos unter dem neuen Shoppingtempel.

Hellweg versinkt unter neuem Shoppingtempel

Ein Schock für den Forscher, der seit 1992 als Archäologe - seit 1999 dann festangestellt - für die Stadt Essen arbeitet und „ganz nebenbei“ so einiges zum Thema publiziert hat? „Nein“, schüttelt Hopp den Kopf, „man gewöhnt sich daran.“
Worüber er sich stets aufs Neue freut, sind allerdings ganz besondere Funde, die ihn im Kopf noch lange Zeit begleiten. So zum Beispiel die Büste einer französischen Marianne, die nach der französischen Besatzung auf dem Müll landete...
Oder auch der Kopf der Medusa, der als Schmuck an einem römischen Grabgefäß angebracht war und eine echte Rarität ist.
„Am Fundort liegen sicher noch weitere Gräber und eine Siedlung im Umfeld.“ Leider fehlen die Mittel für weitere Untersuchungen, bedauert Hopp. „So blieben in Essen Chancen vielfach ungenutzt.“
In diesem Jahr hatte Hopp bereits 45 Baustellen, die es in Augenschein zu nehmen galt. Als Stadtarchäologe ist er in Essen allein auf weiter Flur. Im benachbarten Duisburg oder auch in Dortmund sieht die Situation anders aus. „Ich halte es für wichtig, dass man sich der Werte der Vergangenheit besinnt“, betont Hopp.
Noch heute fasziniert ihn täglich seine Arbeit: „Das Gesamtspektrum der Funde reicht von der Moderne bis hin zur Altsteinzeit, die ältesten Funde sind fast 300.000 Jahre alt.“
Schon als Kind war der gebürtige Essener von der Vergangenheit fasziniert. „Ich bin über die Dinosaurier zur Archäologie gekommen“, lacht er. „In den frühen 60ern sah ich einen Film: Reise in die Urzeit.“
Das hat Hopp dann schließlich wörtlich genommen und an der Bochumer Ruhr-Uni Ur- und Frühgeschichte im Hauptfach und Klassische Archäologie und Humanbiologie in den Nebenfächern studiert. Ende der 80er Jahre promovierte er und arbeitete eine Zeit lang für die Universitäten Osnabrück und Essen.
Derzeit plant er, zusammen mit den Archäologen der Bochumer Uni Seminare anzubieten. Und ganz nebenbei arbeitet er an weiteren Veröffentlichungen. Da werden die Tage kurz und das Privatleben knapp: „Meine Frau ist auch ­Archäologin“, erklärt er: „Es ist wirklich eine Passion.“

Autor:

Petra de Lanck aus Essen-Süd

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