Premiere im Grillo: "Der gute Mensch von Sezuan"

Brecht - genial zeitgemäß

Die neue Spielzeit am Grillo Theater hat gerade erst begonnen. Und schon gibt's ein Stück, das uneingeschränkt empfohlen werden kann: "Der gute Mensch von Sezuan – Die Ware Liebe". So macht Theater Freude und ein Besuch der genial zeitgemäßen Inszenierung lohnt sich.

"Der gute Mensch von Sezuan" ist ein unter der Mitarbeit Ruth Berlaus und Margarete Steffins entstandenes Theaterstück von Bertolt Brecht, uraufgeführt 1943 am Schauspielhaus Zürich. Ein echter Theater-Klassiker und ein Musterbeispiel für das epische Lehrtheater Brechts.
Klingt erst einmal nach ziemlich dröger Kost, die gerne mal auf den Lehrplänen der Schulen steht und von der reichlich und nur wenig mitreißende Inszenierungs-Trailer an deutschen Bühnen im Internet zu finden sind.
Doch die Essener Inszenierung von Sapir Heller (Regie) und Viktor Reim (Bühne und Kostüme) ist erfrischend anders und packend von der ersten bis zur letzten Sekunde der rund 2 Stunden und 45 Minuten umfassenden Aufführungsdauer.
Die Idee: Drei Götter kommen in die fiktive Stadt Sezuan, um einen einzigen Menschen zu finden, der unter den aktuellen Bedingungen noch ein gutes Leben führen kann. Gelingt ihnen dies, so könne die Welt bleiben, wie sie ist. Mit der Prostituierten Shen Te scheinen sie fündig geworden zu sein, sie statten sie mit einem Startkapital aus, aber der Beweis, dass sie dauerhaft „gut sein“ kann, muss noch von ihr erbracht werden.
Die in Israel geborenen und aufgewachsenen Regisseurin Sapir Heller, die seit 2008 in München lebt, inszeniert erstmals am Schauspiel Essen und kann auf ein neues, junges und motiviertes Ensemble zurück greifen, um die Zuschauerinnen und Zuschauer in eine kunterbunte Sezuan-Welt entführen, in der Brechts Klassiker in einem riesigen Supermarkt spielt, die Darstellerinnen und Darsteller in Snack-Packungen oder Kartoffel-Netzen stecken und schon mal als Göttinnen an Kasse 1 und 2 aus luftiger Höhe auf die Bühne schweben.
Musikalisch geht's auch noch zu, dafür verantwortlich zeichnet Juri Kannheiser, der im Anschluss der Premiere noch musikalische Highlights in seinem DJ-Set „Sezuan Rave“ präsentierte.
Als Darstellerinnen und Darsteller können u. a. Sümeyra Yılmaz als Shen Te / Shui Ta, Philipp Noack als ein stellungsloser Flieger und Samantha Ritzinger als Wasserverkäufer überzeugen. Charmant dargestellt auch die Göttinnen von Hân Nguyễn und Lene Dax.
Weitere Vorstellungen: 17. September und 27. September
Die nächste Premiere: 23. September: „Rausch"