Polizeipräsident Frank Richter: Klare Kante in Essen-Kray
Polizeipräsident Frank Richter sprach beim SPD-Neujahrsempfang Klartext.
Wenn die SPD Kray einlädt, kommen sie alle: Bundes- und Landtagsabgeordnete - sogar Ehemalige (!) - Vertreter aus anderen Ortsvereinen, Vorstände von Vereinen und interessierte Bürger. Über 100 Gäste kamen am Sonntag ins historische Krayer Rathaus und erlebten einen Festredner, der Klartext sprach.
von Mareike Schulz
Manfred Tepperis, der Vorsitzende der SPD Kray, hatte mit seinem engagierten Team wieder für einen würdigen Rahmen - natürlich mit der beliebten Erbsensuppe und frischem Brot - gesorgt und mit dem Essener und Mülheimer Polizeipräsidenten Frank Richter einen Experten zum Thema Sicherheit eingeladen.
Richter bewies, dass er keiner ist, der sich die Lage schön redet. Er ist ein Polizeipräsident, der weiß, dass noch vieles im Argen liegt. Trotzdem betonte er: "Essen ist eine der sichersten Städte in Deutschland." Diese Aussage sorgte für leichte Unruhe unter den Gästen - so mancher Krayer dachte wohl an die noch junge Einbruchsserie in Kleingärten. "Das subjektive Sicherheitsempfinden ist oft schlechter als die Realität", betonte Richter deshalb auch. "Gerade die Einbrüche sind es, die die Menschen verunsichern. Da sind wir dran - im letzten Jahr ging die Einbruchsquote um fast 30 Prozent zurück", ergänzte er.
Denn: Auch Richter bekommt mehr Personal von der Landesregierung. "Ein neuer Zug wird unsere Präsenz verstärken und eine Spezialeinheit bekommen wir auch dazu." Aber: "Die absolute Sicherheit gab es nie und die wird es auch nie geben können", so der Chef der Polizei.
Wichtig sei es für ihn, Netzwerke zu schaffen. "Gerade jetzt mit der neuen Videoüberwachung in der nördlichen Innenstadt arbeiten wir eng mit der Stadt und der EVAG zusammen. Ohne Hand in Hand zu arbeiten geht das alles nicht." Getreu dem SPD-Neujahrsmotto "Ein gutes Gespräch ist durch nichts zu ersetzen", wünscht sich der Polizeichef noch mehr Zusammenarbeit, aber auch, dass Nachbarn wieder mehr aufeinander Acht geben. "Die schnellsten Erfolge können wir bei Einbruchsdelikten immer noch durch Hinweise aus der Bevölkerung feiern", unterstrich Frank Richter. Er forderte mehr Sozialarbeit mit straffälligen Kindern und Jugendlichen, denn oft seien in gewissen Familien die Kinder, die zur Schule gehen die einzigen, die einen geregelten Tagesablauf hätten. Verfehlungen seien da fast vorprogrammiert. "Wir müssen neue Wege gehen und da ist das geplante Haus des Jugendrechts schon ein gutes Mittel", so Richter. Hier sollen künftig Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendgerichtshilfe unter einem Dach arbeiten und Arbeitswege sollen verkürzt werden. Denn Richter weiß: "Oft sind die Bearbeitungszeiten so lang, dass die jungen Straftäter beim Gerichtstermin gar nicht mehr wissen, worum es geht."
Im vergangenen Jahr habe man viele Erfolge in der Strafverfolgung - u.a. beim Anschlag auf den Sikh-Tempel, bei dem die Täter nach 100 Stunden gefasst wurden - gefeiert. "Weltweite mediale Beachtung gab es da, nur in Essen standen wir wieder am Pranger", bedauerte Frank Richter. "Das macht meine Leute traurig, die teilweise im Präsidium übernachtet haben, weil sie alle nicht wollen, dass die Menschen in unserer Stadt Angst haben. Wir sind da, wo die Menschen sind und ich verspreche, dass wir auch weiterhin alles tun werden, damit Sie in Essen sicher sind." Lustig: Als Dankeschön der SPD Kray gab's für Frank Richter (rechts) ein Buch und eine Badeente in Polizeiuniform - überreicht vom SPD-Ortsvereinsvorsitzenden und Ratsherrn Manfred Tepperis.
KOMMENTAR (von Detlef Leweux)
Ein Freund
und Helfer
Polizeipräsident Frank Richter ist ein guter Redner. Zum einen, weil er Klartext spricht. So ist seine Warnung wichtig, dass Straftat-Statistiken nicht dazu dienen sollten, dass rechtspopulistische Parteien sich ihrer bedienen, um sie so auszulegen, dass Ängste in der Bevölkerung geschürt werden. Zum anderen spielt er die Karten "Polizist von der Pike auf" und "Essener Junge" gut aus. Man glaubt ihm, dass er weiß, wovon er spricht, wenn er von gefühltem und tatsächlichem Sicherheitsempfinden redet. Etwas flapsig wird's, wenn der Borbecker Bube davon erzählt, dass er früher auch nicht durch jedes Viertel unbekümmert radeln konnte. Das mag ja sein. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass sich Großfamilien mit Migrationshintergrund Massenschlägereien neben dem Sheraton geliefert oder halbe Stadtteile in Angst und Schrecken versetzt haben. Bei E-Jugendspielen gingen sich die Eltern nicht an die Gurgel und auch die größten Schiri-Pfeifen wurden eben nicht gehetzt und verprügelt. Frank Richter und sein Team haben aktuell ganz andere Anforderungen, als "nur" die Freunde und Helfer aus den guten alten Zeiten zu sein. Wie viele Beamte, Streifenwagen, Motorräder stehen dafür zur Verfügung? So viele wie vor zehn Jahren? Auch bei dieser Frage ist Klartext wichtig - u.a. für ein gutes Gefühl.
Autor:Detlef Leweux aus Essen-Steele |
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