"Löwes Lunch": Wie ich den Blut-Mond überlebte...

Ich bin schon ein romantischer Typ, aber so richtig spirituell eben nicht. Na klar gibt es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als man mit unserer Schulweisheit deuten kann. Aber muss mir deshalb eine selbsternannte Hobbyastrologin, die sich "Gefährtin Gandolfs" nennt (dies falsch mit Apostroph schreibt) und die Friseurausbildung zweimal geschmissen hat, die Welt erklären?

Auf Drängen meines Single-Kumpels "Harti" war ich gestern auf einer Blut-Mond-Party. Eingeladen hatte besagte G-Gefährtin und die Bedingung lautete: Entweder mystisch verkleidet kommen, oder wenigstens ganz in Schwarz. Zwischen Blut-Mond-Bowle, Mutter-Erde-Sandkuchen und offensichtlich von Halloween übrig gebliebenen Weingummispinnen entwickelte sich dieser Erwachsenen-Kindergeburtstag.
Eine dicke Altenpflegerin (die armen Senioren!) in Harry Potter-Klamotten entzündete ein kopfschmerzträchtiges Räucherstäbchen nach dem anderen. Die Freundin der Gastgeberin - im Elfenkostüm mit spitzen Plastikohren - gab freimütig ihr mystisches Wissen preis, das sie sich in einem "9Live-Hexenbuch" angelesen hat. Anmutig hörten ihr Orcs und Dementoren sowie Klingonen und die unvermeidlichen Twilight-Vampire zu. In einem erkannte ich `nen Typen wieder, der kürzlich noch bei einem Ritter-Gelage mitgemacht hatte. Er verkleide sich halt gerne, gestand er mir flüsternd.

Leider packte es mich dann. Im Schein des Kugelgrillfeuers trat ich nach vorn und gab mich als Schamanenschüler des litauischen Leu zu erkennen. Ich sei im Zeichen des Löwen geboren (was Quatsch ist, da ich Waage bin) und hätte auf dem Essener Gebrauchtwagenumschlagplatz meinen osteuropäischen Erwecker gefunden. Danach faselte ich wild durcheinander: Ein bisschen Goethes Farbenlehre, eine Prise "Unendliche Geschichte", etwas "Die Farbe Lila" und ganz viel "Raumschiff Enterprise".

Harti wurde immer unwohler, denn die Gemeinde der Übersinnlichen bzw. Schwermütigen hing an meinen Lippen. Ich schlug die wildesten rhetorischen Bögen und erklärte die aktuelle Mondlage als SILVIanisches Planetenproblem. Erst hätte ich da was mit Sylvie van der Vaart auf dem Deutungsteller gehabt. Kommt ihre schwere Krankheit zurück? Aber schließlich wäre es mir klar gewesen: SILvana Koch-Mehrin, die Enttarnte, sei das eindeutige, aktuelle Sternen-Opfer!

Kurz danach habe ich die Party völlig geschrottet, als ich mich selbst als Lügenbaron entlarvte und nur einige wenige Feen und Zauberlehrlinge darüber herzlich lachen konnten. Enttäuscht von so viel Humorlosigkeit zog ich meinen Pulli aus, ließ das "Dallas Mavericks"-Trikot aufblitzen und zockte mit drei begabten Hobbits unterm Basketballkorb um ein paar Bierrunden.
Der Mond ließ sich von diesem verwunschenen Garten aus übrigens kein einziges Mal richtig sehen. Irgendwie magisch...

Autor:

Detlef Leweux aus Essen-Steele

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