Hörsterfeld: Keine Rettung in Sicht? Bewohner der Carl-Wolf-Straße 1 fühlten sich von der Feuerwehr im Stich gelassen

Wolfgang Zell auf seinem Balkon - über diese Brüstung hat er nach unten geschaut und die Rauchwolken entdeckt!
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  • Wolfgang Zell auf seinem Balkon - über diese Brüstung hat er nach unten geschaut und die Rauchwolken entdeckt!
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Hochhausbrand in London - zahlreich Menschen sind in den Flammen gefangen - Großeinsatz der Feuerwehr - am 14. Juni finden insgesamt 79 Menschen den Tod. Die Bilder waren noch mehr als deutlich vor Augen, als am gleichen Tag Wolfgang Zell gegen 14 Uhr gemeinsam mit seiner Frau auf dem heimischen Balkon des Hochhauses an der Carl-Wolf-Straße saß und feststellte: Irgendwie riecht es hier verbrannt!

VON JULIA COLMSEE

„Das hat gerochen, als ob die Lokomotive im Eisenbahnmuseum angestocht wird. Ich bin dann aufgestanden und habe mal über die Brüstung des Balkons geschaut - vielleicht grillt ja nur jemand… ist zwar nicht wirklich gestattet - wäre aber ein Erklärung gewesen!“ Doch weder einen Grill, noch die klassischen Dampfwolken der Eisenbahn konnte der engagierte Rentner erspähen. Das was er sah, beunruhigte ihn allerdings. „Kleine Rauchschwaden zogen vom Balkon des zweiten Stocks aus nach oben - nicht groß aber eine Wolke nach der anderen. Irgendwie war mir klar: hier stimmt was nicht! Das schaue ich mir besser mal an!“
Kein einfaches Unterfangen für Ehepaar Zell, denn Marianne Zell ist seit einer lebensgefährlichen Krebserkrankung in ihrer Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt und auf die tatkräftige Unterstützung ihres Mannes und einen Rollstuhl angewiesen. „Wir sind auf solche Fälle Gott sei Dank vorbereitet - ich wusste, was zu tun ist!“, erklärt Marianne Zell und ihr Mann ergänzt: „Über so was muss man halt im Vorfeld nachdenken! In meinem Berufsleben war ich lange Jahre Brandschutzbeauftragter - da macht man sich so seine Gedanken. Besonders, wenn die eigene Frau nicht so beweglich ist! Marianne hat dann oben alle Fenster geschlossen - damit kein giftiger Rauch in unsere Wohnung gelangt und hat auf Hilfe gewartet! Ich bin kurz nach unten gelaufen, um nach dem Rechten zu sehen.“
Dichter Rauch erfüllte bereits das Treppenhaus des Hochhauses - die Rauchmelder liefen auf Hochtouren. „Gemeinsam mit einem Nachbarn haben ich dann an alle Türen geklopft, um die Leute zu alarmieren. Auch den Nachbarn mit dem brennenden Balkon haben wir herausgeschellt - er war etwas durcheinander, vielleicht hatte er geschlafen?“
Der Brand war in der Zwischenzeit auch auf der Straße und von weiter entfernt lebenden Nachbarn entdeckt worden. „Mehrfach haben sie versucht über die 112 Hilfe herbeizuholen - vergeblich - der Ruf ging ins Leere! Jetzt fragen wir uns natürlich: Wo war denn die Feuerwehr? Meiner Meinung nach hat es beinah eine halbe Stunde gebraucht, bis das Einsatzteam bei uns eingetroffen ist! Das ist ich wohl ein bisschen zu lang!“
Mike Filzen, Pressesprecher der Essener Feuerwehr, klärt im Gespräch mit dem Kurier auf: „Am 14. Juni sind - sicher auch auf Grund der Sensibilisierung durch den aktuellen Fall in London - über die Maßen viele Notrufe bei der Feuerwehr eingegangen. Ist dies der Fall und alle zwölf Notrufleitungen sind gleichzeitig besetzt, landet der Anrufer in einer Art Warteschleife. Ich könnte mir vorstellen, dass die Anrufen einfach zu schnell aufgelegt haben - in der Aufregung sicher sehr verständlich. Minuten können in Stresssituationen endlos lange wirken! Nur dann landet man immer wieder am Ende der Warteschleife und bekommt erneut den Eindruck: Hier geht ja keiner ans Telefon.“ Den Eingang des Notrufes könne man von Seiten der Feuerwehr selbstverständlich nachvollziehen und habe umgehend gehandelt.

Mike Filzen:Beim Notruf nicht nur vier Mal Klingeln lassen - immer in der Leitung bleiben.

An der Carl-Wolf-Straße 1 ist der Balkonbrand Gott sei Dank relativ glimpflich ausgegangen. „Ich habe meine Frau dann aus unserer Wohnung evakuiert und auf den Hof gebracht. Dabei musste ich natürlich durch den ganzen Rauch - man atmet das dann alles ein! Kein wirklich gutes Gefühl.“ Von der Straße aus konnten die Bewohner dann die Arbeit der Feuerwehr beobachten. „Die Scheiben im zweiten Stock sind noch geplatzt - sicher wegen der Hitze - ein ganz schöner Lärm. Den Brand hatte die Feuerwehr dann recht schnell im Griff. Auch die Schieferplatten und das Dämmmaterial wurden noch kontrolliert - das hat ja Gott sei Dank nicht gebrannt wie in London!“
Also Ende gut alles gut? „Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen würde ich sagen - nicht mehr und nicht weniger!“

Autor:

Julia Colmsee aus Essen-Süd

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