Edeltrud Weiß: Ich bin ein Ein-Mann-Betrieb"
Die Mutter des Steeler Kinder- und Jugendballetts ist noch ganz schön rüstig. Wo andere ans Aufhören denken, bietet sie kurzerhand noch einen Ballettkurs mehr an, denn die Mädchen sind eben ihre Kinder und ein Leben ohne das Ballett kann sich die sympathische Tänzerin einfach nicht vorstellen.
„Ich werde so oft gefragt, wann ich denn aufhören würde“, sagt Edeltrud Weiß und ihr Blick wird dabei ganz verträumt. „Ich kann‘s nicht beantworten. Scherzhaft sage ich ja immer, dass ich mit 80 aufhöre, ein bisschen Pause mache und dann ein Comeback gebe und wie Johannes Heesters noch mit über 100 Jahren auf der Bühne stehen werde.“
Ein lebenslustiger und doch ruhiger Mensch ist Edeltrud Weiß. Die Mischung macht‘s eben, denn bei den Kindern ist sie der Star. Von der ausgebildeten Tänzerin, die beim bekannten Ballettdirektor Boris Pilato lernte (Pilato leitete u.a. beim Gelesenkirchener Musiktheater im Revier und am Essener Aalto-Musiktheater die Compagnien), werden die kleinen Tänzerinnen nicht nur liebevoll und kindgerecht mit der großen Welt des Balletts bekanntgemacht, sondern knüpfen zu „Ballett-Mami“ Weiß auch starke Bande. „Ich habe heute noch zu allen Ehemaligen Kontakt“, freut sie sich.
Gegründet wurde das Steeler Kinder- und Jugendballett 1976. Die ersten Kurse im Bürgerhaus Oststadt waren als Einführung in den Balletttanz gedacht, doch schnell entwickelte sich eine feste Gruppe, die 1977 ins Bodelschwingh-Haus umzog.
Heute wird in vier Altersgruppen trainiert. Insgesamt 40 Kinder finden wöchentlich den Weg zum Balletttraining. „Bei den ganz Kleinen ist es ein ständiges Kommen und Gehen“, berichtet Edeltrud Weiß. „Oft wollen es die Mütter, aber den Kindern macht Ballett einfach keinen Spaß.“ Die Kinder sollen bei Edeltrud Weiß vor allem mit viel Spaß und ohne Zwang trainieren. „Bei uns wird keiner dressiert - Fehler dürfen natürlich gemacht werden!“ Ein Leben ohne das Ballett kann sich Weiß nicht vorstellen. „Wenn ich mal aufhöre, wird das wohl das Ende des Balletts sein“, bedauert sie. Der Nachwuchs sei heute zu sehr beruflich eingebunden. Durch eine schwere Krankheit wurde die gelernte Erzieherin aus dem Berufsleben gerissen und fand im Steeler Kinder- und Jugendballett eine Lebensaufgabe. „Zuhause rumsitzen und nichts tun, das kam für mich nie in Frage. Es gab bis heute keinen Tag, wo ich keine Lust auf die Kurse hatte“, schmunzelt Weiß. Die Choreografie aller Tänze, die von Kindertanz über klassisches Ballett und Folklore bis hin zu modernen Tänzen und Musicals reichen, entwickelt Weiß selbst. Und auch die Kostüme näht sie in liebevoller Detailarbeit selbst.
Ihre Tanzgruppe ist multikulturell und durch gemeinsame Ausflüge und den jährlichen Theaterbesuch leistet Edeltrud Weiß auch einen gelungenen Beitrag zur Integration.
Besonders schön ist es für die 78-Jährige, wenn Ehemalige heute ihre kleinen Kinder zu ihr bringen. Die AWO Essen, die Messe „Mode, Heim, Handwerk“ und das Team vom Bürgerhaus Oststadt bucht das Ensemble immer gern. So kommen die kleinen Tänzerinnen auf viele Auftritte pro Jahr, die stets umjubelt sind. Die älteste Tänzerin kam durch die große Schwester zum Ballett und macht mit, seit sie krabbeln kann.
Auch einen Jungen hat es im Laufe der Ballettgeschichte zu Edeltrud Weiß gezogen. „Der hat genau eine Aufführung bei der Messe mitgemacht und kam in der Trainingsstunde danach zu mir und sagte ‚ Ballett ist doof, ich mach‘ jetzt Fußball“, lacht Edeltrud Weiß und es bleibt ihr nur zu wünschen, dass dieses Lachen noch viele Kinderherzen erobern wird.
Autor:Mareike Schulz aus Essen-Steele |
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