"Mit Else läuft`s" - TC Kray erstmalig beim 24-h-Lauf in Bünde
Ein Bericht von Wibke Harnischmacher
Im Jahr 2013 feierte der Lauf an der „Else“, dem Fluss, der mitten durch das Städtchen Bünde fließt, Premiere. Die Organisatoren entschieden 2015 angesichts des bei einem 24-h-Lauf (im Vergleich etwa zu einem Marathon) vielfach größeren Engagements den Lauf nur noch im Abstand von zwei Jahren durchzuführen, so kam es in diesem Jahr zur vierten Austragung. Das ostwestfälische, rund 20 km nördlich von Bielefeld gelegene Bünde galt lange als „Zigarrenstadt“ – um es gleich vorweg zu nehmen: die Bünder sind mit so viel Begeisterung dabei (vgl. die laufspezifische Gestaltung von Haltestellenhäuschen und Else-Brücken!) , dass ein Update zur „Läuferstadt“ definitiv fällig ist!
Sprüche-, Spenden-, Treppenlauf
Der Veranstalter verspricht zu Recht in der Ausschreibung eine „äußerst reizvolle Laufstrecke [...] beste Verpflegung und super Stimmung mit Live-Musik“. Zu ergänzen sind moderate Startgelder (für den 24-h-Lauf sind 40 Euro fällig), vorbildliche Streckenabsperrung und –sicherung und Laufen für den guten Zweck: Eine Besonderheit der Veranstaltung ist nämlich, dass die Läufer mit ihrer Teilnahme in jedem Austragungsjahr eine andere anerkannte Spendenaktion unterstützen, in diesem Jahr fiel die Wahl auf die (u.a. auch durch unser Lokalradio bekannte) "Aktion Lichtblicke e.V.". So gerät sicher nicht nur mir das Spendensammeln (auch dank der auf der Homepage bequem per Download erhältlichen Spendenkarte) unversehens zum zusätzlichen Motivationsschub.
Der Startschuss für die Läufer fällt am Samstag um 15 Uhr. Außer für diejenigen Einzelstarter und Staffelteams, die über die volle Zeit laufen wollen, hat Bünde ebenfalls einen 12- und 6-h-Lauf für Einzelläufer und Staffeln, und einen Moonlight-Marathon mit jeweils eigenen Startzeiten im Angebot. Auch für den Nachwuchs ist bereist gesorgt: Drei Stunden Zeit haben alle, die als Schülerstaffel antreten, fröhlich, mit lautstarken Anfeuerungen, voller Begeisterung mit Eltern und Lehrern! Doch nicht nur für die Läufer ist gesorgt: Dank Kaffee und Kuchen, toller Livemusik, munterem Rahmenprogramm und Moderation kommen auch Zuschauer und Angehörige voll auf ihre Kosten (Tipp: Zur Übernachtung empfehlen sich der „Handelshof“, unweit der Laufstrecke, zum reichhaltigen Abendessen die „Knolle“, direkt an der Laufstrecke)!
So viel herzliches Engagement muss belohnt werden: Petrus hat trotz schauerlichster Wetterprognosen ein Einsehen und stellt pünktlich kurz nach dem Start den Sprühregen ab. In diesem Zustand ist das „etwa 200 m lange Rasenstück“ der insgesamt 2.222 m langen Runde an der Elbe – auch dank der guten Streckenpräparation des Teilstücks! - gut zu belaufen. Irritiert bin ich als Erststarter allerdings durch die in der Ausschreibung mit keiner Silbe erwähnten insgesamt 20 Treppenstufen pro Runde. Schnell wird für mich aber klar, dass die Nicht-Erwähnung in meinem ein Glücksfall war: Andernfalls hätte ich mich als 24-h-Neuling vielleicht gar nicht auf die Strecke gewagt, ohne Treppen und Rasenetappe hätte ich möglicherweise gleich zu Beginn ein viel zu hohes Tempo angeschlagen. Dieser Gefahr beugen die Ausrichter allerdings noch mit einem weiteren Laufdetail vor: Auf der gesamten Strecke befinden sich witzige, nachdenkliche, motivierende Laufweisheiten in Schilderform – kannst Du sie noch lesen, ist dein Tempo in Ordnung. Gemeinsam mit einem Triathleten-Pärchen, das nach eigenen Angaben zur Vorbereitung „einmal 8, einmal 10 km“ gelaufen ist und am liebsten die Strecke schwimmen würde, gibt es viel zu lachen am frühen Abend.
Während der gesamten 24 Stunden sorgen ehrenamtlich für die reichhaltige und leckere Verpflegung der Teilnehmer die gut gelaunten, stets hilfsbereiten Damen des „Inner Wheel Clubs“ Herford-Widukind. (Nur ein kleiner Verbesserungsvorschlag: Lasst beim nächsten Mal – per Edding o.Ä. - zumindest die Einzelstarter ihre Becher nummerieren/ personalisieren. So kommt doch reichlich viel Müll zusammen.)
„Last night a DJ saved my life...“
So suche ich in der Nacht (anders als geplant, aber was kann man schon planen als Anfänger bei so einem Abenteuer?!) nicht mein Zelt auf und laufe, laufe, laufe zu meinem eigenen Erstaunen voller Euphorie mit den vielen anderen Staffel- und Einzelläufern durch die Bünder Nacht (toll illumieniert!) in den Sonnenaufgang. So werden diese späten/ frühen Stunden – erst kurz nach 23 Uhr verabschiedet sich der DJ in den Feierabend, seinen Job übernimmt nahtlos eine munter-laut feiernde Bünder Hausgemeinschaft direkt an der Laufstrecke – im Nachhinein nicht die anstrengendsten, sondern die schönsten meines Laufes. Ich muss ein bisschen schmunzeln, als ich – ich! – nachts zwischenzeitlich Marathonsammler Jobst von Palombini, u.a. Ausrichter des niedersächsischen Gevattersee-Marathons, überrunde (bei seinen Läufen in Bückeburg ist das gewöhnlich seine Rolle - in rasantem Tempo! Und richtig: Sobald die Sonne am Himmel steht, findet Jobst seine Flügelschuhe wieder)!
Schnell wird mir klar, dass ich mein Zelt (Mitnahme empfehlenswert!) bei meiner Ankunft Samstag Mittag ohne es zu wissen neben der sympathischen, von Beginn auf Siegeskurs steuernden Simone Durry von der TG Neuss aufgeschlagen habe. Wir kommen unter anderem durch das Zeitmess-System ins Gespräch (Schnürsenkel-Schlaufen an jedem Schuh; für Simone ein Grund, die Schuhe nicht zu wechseln – Zeitverlust!). Runde um Runde überholt sie mich mit freundlich aufmunternden Worten (danke dafür!) und schaffte es trotz nächtlicher Pause und zwischenzeitlicher Magenprobleme auf unglaubliche 170,94 km.
Bei den Männern sieht es lange Zeit so aus, als könne Masaru Abe das Rennen machen. Das hohe Anfangstempo rächt sich bei dem jungen (U23!) Läufer allerdings in der Nacht und so zieht irgendwann in den frühen Morgenstunden Mike Bornschein vom KSV Baunatal an ihm vorbei und schafft schließlich satte 193,14 km (alle Ergebnisse auf http://www.24std-buen.de/).
Ich beende nach 50 Runden und der Karnevalszahl von 111 Kilometer vormittags meinen Lauf und werde damit 5. in der Gesamtwertung. Getragen haben mich durch die Nacht die aufmunternden Kommentare meiner Vereinsfreunde (toller support!) - dass meine Familie mich auf den letzten drei Runden begleitet, holt mich überglücklich ins Leben zurück. Ich fühle mich wie neugeboren! Der anschließende - für jeden Läufer kostenlose! - Freibadbesuch erfrischt, die Duschen sind heiß. Tolle Veranstaltung, nur zu empfehlen!
Autor:Ralf Schuster aus Essen-Steele | |
Ralf Schuster auf Facebook |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.