UPDATE!!! plus- und Sprach-Kita-Finanzierung: Antwort von NRW-Familienminister Dr. Joachim Stamp: „Land lässt Kinder nicht im Regen stehen“
Das landesweite Programm "plusKita" läuft zum 31. Juli 2019 aus. Träger wie der VKJ Ruhrgebiet e.V. haben die Problematik öffentlich gemacht, da durch Unterfinanzierung Stellenabbau droht (wir berichteten am 9. Mai). NRW-Familienminister Dr. Joachim Stamp (FDP) kann Entwarnung geben.
Haben Sie das Auslaufen der Förderung zum 31.7.2019 im Blick?
Ja. Mit der Einführung von plusKita-Einrichtungen wurde im Kinderbildungsgesetz zum Kitajahr 2014/2015 von der damaligen rot-grünen Landesregierung ein Landeszuschuss verankert, dessen Verteilung auf die einzelne Kita für fünf Jahre festgelegt wurde. Für die neue Landesregierung haben qualitative und quantitative Verbesserung frühkindlicher Bildung sowie die Beseitigung der strukturellen Unterfinanzierung der Kitas hohe Priorität. In einem ersten Schritt haben wir mit einem Sofortprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro ein Kita-Rettungskonzept auf den Weg gebracht und drohende Schließungen verhindert. Jetzt arbeiten wir an einer umfassenden KiBiz-Reform und einer dauerhaft auskömmlichen Kita-Finanzierung. Im Interesse aller Beteiligten, insbesondere der Kommunen und Einrichtungen vor Ort, muss zur Umstellung im Finanzierungssystem aber eine angemessene Vorlaufzeit berücksichtigt werden. Deshalb werden wir das Kitajahr 2019/2020 in enger Abstimmung mit den Kommunen als Übergangsphase gestalten.
Eigentlich soll auch die Sprachförderung Ländersache sein. Der Bund stellt Milliardenbeträge für die alltagsintegrierte Sprachförderung zur Verfügung. Gibt es in NRW Überlegungen, auch das erfolgreiche Programm "Sprach-Kitas" zu übernehmen?
Wir wollen eine Sprachförderung, die unseren Kindern ermöglicht, von Anfang an am Unterricht teilzuhaben. Die von der Vorgängerregierung eingeführte alltagsintegrierte Sprachbildung wollen wir weiterentwickeln und die Sprachförderung verbindlicher umsetzen. Damit wollen wir sicherstellen, dass jedes Kind eine qualitativ gute Sprachförderung erhält. Dazu werden wir gemeinsam mit den Trägern ein geeignetes System erarbeiten, um festzustellen, welche Förderbedarfe bei den 4-Jährigen vorhanden sind und wie wir sie individuell fördern können. Die Förderprogramme des Bundes wie die Sprach-Kitas werden in Nordrhein Westfalen gut angenommen und sind seit Einführung 2011 kontinuierlich weiterentwickelt worden.
Versetzen Sie sich bitte in die Lage eines Trägerverantwortlichen. Was antworten Sie einem Familiencoach, der heute klagt, bei Ihrem Träger keine Zukunftsperspektive zu haben?
Wir nehmen die Sorgen vor Ort sehr ernst und werden deshalb mit dem Anschluss einer Übergangsfinanzierung dafür sorgen, dass die Jugendämter die Möglichkeit haben, die Förderung des bisherigen Personals zunächst fortsetzen zu können. Unser Ziel ist jedoch eine dauerhaft auskömmliche Finanzierung der Kitas zu verankern, damit die Einrichtungen, das Personal und die Eltern Planungssicherheit haben. Mareike Schulz
Unsere Berichterstattung vom 9. Mai 2018:
Keine Kohle für die Kitas? Förderung läuft aus -
NRW-Familienminister Stamp (FDP) schweigt
Der VKJ, Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet e.V., setzt sehr erfolgreich auf die Modelle „plusKita“ und „Sprach-Kita“. Doch da die entsprechenden Förderprogramme von Land und Bund bald enden, kann der VKJ seine eingearbeiteten Fachkräfte nicht halten. Vor allem die Landesregierung könnte für Planungssicherheit sorgen, doch der zuständige Minister schweigt...
Seit 2014 wird in Essen das Landesprogramm „plusKita“ umgesetzt. Aber am 31. Juli 2019 läuft die Förderung aus. Elf Kinderhäuser des VKJ sind eine „plusKita“. Hier arbeiten fünf Familiencoaches eng mit den Familien zusammen. Der Wegfall ihrer Stellen hätte erhebliche Konsequenzen, denn das Beratungs- und Hilfsangebot, das die Coaches Schwangeren und Familien mit Kindern bis 6 Jahre bieten, kann durch die Teams in den Kindertagesstätten nicht aufgefangen werden.
Wie soll es weitergehen? Das fragen sich die VKJ-Verantwortlichen auch in Sachen Sprach-Kitas. Für das Bundesprogramm zur alltagsintegrierten Sprachförderung läuft zum 31. Dezember 2019 die Förderung des ersten Sprach-Kita-Verbundes aus.
Der drohende Fachkräfteschwund hätte immense Folgen beim VKJ. „Inbesondere seitens der Landesregierung gibt es bis heute keinen Hinweis, wie es beim Thema plusKita weitergeht“, bedauert VKJ-Geschäftsführerin Vera Luber, die Angst hat, ihre Fachkräfte zu verlieren. „Die meisten Sprach-Kita-Fachkräfte und unsere Familiencoaches werden sich nach den Sommerferien nach neuen Jobs umsehen. Was soll ich den Mitarbeitern bezüglich ihrer beruflichen Zukunft auch sagen? Planungssicherheit über den Kita-Jahreswechsel 2018/2019 hinaus kann ich leider keinem geben.“
Sprach- und plus-
Kitas in Gefahr
„Auch auf Nachfrage im Familienausschuss des Landtages sagte der zuständige Minister Joachim Stamp nichts dazu, ob oder wie es mit den plusKitas weitergeht und vertagte weitere Informationen auf die Zeit vor den Sommerferien“, weiß der 1. Vorsitzende des VKJ, MdL Frank Müller, zu berichten. „Träger, aber auch die Stadt Essen müssen also weiter auf verlässliche Aussagen warten. Das sorgt natürlich für eine zunehmende Verunsicherung.“
Ähnlich sieht es bei den Sprach-Kitas aus: Mit zwei Fachberatungen werden insgesamt 1.653 Kinder in 24 Kindertagesstätten des VKJ und der AWO Essen betreut. Insgesamt beschäftigt der VKJ 20 Sprach-Kita-Fachkräfte. Das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ richtet sich an Kitas, die von einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Kindern mit besonderem sprachlichem Förderbedarf besucht werden. Schwerpunkte des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“ sind neben der sprachlichen Bildung die inklusive Pädagogik sowie die Zusammenarbeit mit Familien.
Schnell braucht man auch hier Planungssicherheit. Die VKJ-Sprach-Kita-Expertinnen Birgit Pein und Cornelia Crosberger erklären: „Die Sprach-Kita-Fachkräfte sind Teil des Kita-Teams geworden, haben sich auf die Besonderheiten vor Ort eingestellt und Projekte initiiert. Wenn wir sie nun verlieren, weil wir die Verträge nicht verlängern können, müssen wir bei späterer Weiterfinanzierung wieder bei Null anfangen - davon haben die Kinder nichts.“
Dazu der SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Heidenblut: „Wir haben im Koalitionsvertrag Milliardenbeträge für die Kitas vorgesehen, das Ministerium legt derzeit die ersten Grundlagen zur künftigen Kitaförderung vor, die letztlich in Abstimmung mit den Ländern erfolgen muss. Sprachförderung ist ein wesentlicher Aspekt, weshalb die Fortsetzung des Programms im Koalitionsvertrag ausdrücklich genannt ist. Dass hier für die Ende 2019 auslaufende Förderphase noch in diesem Jahr eine Lösung her muss, ist für mich klar, ich werde das nochmal deutlich einfordern."
Müller und Heidenblut sind sich einig: „Wenn die Fachkräfte sich andere Jobs suchen, haben wir ein großes Problem. Hier muss ein Umdenken seitens der Politik stattfinden. Immer wieder neue Projekte, eine regelrechte Projektitis, nützen nichts, wir brauchen eine dauerhafte Finanzierung für Projekte im frühkindlichen Bereich. Das fängt schon bei der Unterfinanzierung der Kitas an. Aktuell wurde seitens der Landesregierung zwar das nächste Kita-Rettungspaket in Aussicht gestellt. Das ist aber nur eine kurzfristige Lösung. Ein neues Kinderbildungsgesetz muss her, damit die Träger endlich finanziell entlastet werden und die personelle Unterbesetzung in den Einrichtungen ein Ende hat.“
Autor:Detlef Leweux aus Essen-Steele |
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