Thomas de Maizière in Essen: Die Flucht nach vorn in der Flüchtlingsfrage
Dr. Thomas de Maizière ist Bundesinnenminister und war das auch schon einmal. Im Jahr 2010 musste er so 40.000 Asylbewerber pro Jahr in Deutschland „verwalten“. In diesem Jahr könnten es nach Prognosen 800.000 werden. Es gibt leichtere Aufgaben in der Politik und deshalb geht der Minister mit neuen Gedanken voran.
Er verwendet das Wort „Wirtschaftsflüchtlinge“ nicht gerne, redet lieber von Menschen, die Schutz benötigen oder eben nicht. Dabei ist de Maizière inzwischen auf eine Gleichung gekommen, die einleuchtend klingt: Wenn beinahe die Hälfte aller Asylanträge von Menschen aus den Balkanländern – also aus sog. sicheren Herkunftsländern - kommt, wenn diese aufgrund der Menge und schwieriger Verfahrensformen (keine Pässe, keine Angaben zu Namen und Herkunftsland) sich über Monate hinziehen, dann kann man sich nicht genügend um die „echten“ Flüchtlinge aus Kriegsgebieten wie Syrien, Irak oder Eritrea kümmern.
Wer braucht wirklich
unseren Schutz?
Und schlimmer noch: Wenn die Pseudo-Flüchtlinge aus Osteuropa zu Stammtisch- und Polizeimeldungs-Themen werden, schwindet die Akzeptanz der deutschen Bevölkerung in Richtung Asylbewerber. Neiddebatten und Unbehagen keimen auf, das ist Wasser auf die Mühlen von rechtsradikalem Gedankengut.
Weniger Geld, dafür
mehr Sachleistungen
Deshalb will der Innenminister Deutschland für „Wirtschaftsflüchtlinge“ uninteressanter machen. Weniger Geld-, dafür mehr Sachleistungen. Wer ohnehin keine Aussicht auf den Verbleib bei „uns“ hat, soll auch gar nicht erst auf Städte verteilt werden, sondern bleibt im Erstaufnahmelager. Das möglichst nur wenige Wochen und dann geht’s Richtung Heimat. So wäre Deutschland eine große Anzahl „Schein-Flüchtlinge“ los.
Bleibt die Frage, wie dieses Verfahren zeitnah umgesetzt werden soll. Woher soll das nötige Personal kommen? Wie funktioniert der Alltag in so einem Erstaufnahmelager, in dem dann Hunderte Menschen leben, die letztlich ihrer Zukunftsträume beraubt werden?
Im September will de Maizière außerdem eine kontinuierliche Finanzierung der Flüchtlingsaufnahme ab 2016 auf den Plan bringen, die dann auch wirklich regelmäßig da ankommt, wo die Menschen untergebracht werden müssen – in den Städten. Und was wird aus den Zeltstandorten, die notgedrungen aufgebaut werden mussten, wenn der Winter kommt?
Schon gibt es Gegenwind von den Linken und den Grünen, die de Maizières Pläne mehr oder weniger als menschenverachtend einstufen. Wie man die Flüchtlingsfrage aber fair und auch so löst, dass die deutsche Bevölkerung weiterhin mitzieht, diese Antwort bleiben die Kritiker schuldig.
Bei seinem Besuch in Essen hat sich der Bundesinnenminister offen und ehrlich gezeigt. Er will fördern, aber auch fordern. Wer als Flüchtling nach Deutschland will, muss berechtigte Ansprüche haben und sich hier auch nach Gesetz und Ordnung unserer Demokratie verhalten. Ganz klar aber auch sein Statement zu Hass und Gewalt gegenüber Asylbewerbern: „Und wenn jemand 100-mal versuchen sollte, unser Asylangebot zu missbrauchen, kann das kein Anlass für Hasstiraden gegen Flüchtlinge oder Anschläge auf Asyleinrichtungen sein. Das ist mit unserer Auffassung von Rechtsstaatlichkeit und vor allem Menschenwürde völlig unvereinbar.“
Autor:Detlef Leweux aus Essen-Steele |
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