Rente - Pflege: Der Malocher guckt in die Röhre!
Winzige Rentenerhöhung, niedrige Pflegesätze - die ältere Generation kommt bei den steigenden Lebenshaltungskosten gar nicht mehr mit. Bei der Pflege zu Hause oder im Heim steht der Streit mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen im Vordergrund. Wieviel dürfen Senioren, die ihr Leben lang in die Renten- und Versorgungskassen eingezahlt haben, „kosten“?
1976 trat Klaus Johannknecht in die AWO ein. Seit 32 Jahren gehört er dem Vorstand der AWO Essen an, davon 12 Jahre als Mitglied des geschäftsführenden Vorstands. Für sein vielschichtiges soziales Engagement erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande. Aus seiner täglichen Arbeit und seinem direkten Draht zu den Menschen, weiß er, wo der Schuh drückt. Wir haben nachgefragt.
Wie schätzen Sie die viel diskutierte Rentenerhöhung ein?
Eine 0,25-prozentige Erhöhung ist ein Witz. Da war die postalische Versendung dieser Anpassung ja teurer als das Geld, was die meisten Rentner jetzt mehr erhalten. Immerhin sind 20 Mio. Rentner in Deutschland betroffen, davon haben die Hälfte weniger als 1.000 Euro monatlich zur Verfügung. Wie sollen diese Menschen denn z.B. steigende Heizkosten oder Mieten bezahlen?
Wie sehen Sie als AWO-Mitglied die Situation der älteren Generation?
Dazu braucht man doch nur in den Armutsbericht der Bundesregierung sehen, der für viele Oppositionspolitiker ja sogar noch geschönt ist. Ganz klar: Die Kluft zwischen Reichen und Bedürftigen wird immer größer. 12 Mio. Menschen leben in Deutschland unter der Armutsgrenze, Tendenz steigend. Dabei besitzen die vermögens-stärksten 10 % der deutschen Haushalte mehr als die Hälfte des Nettovermögens - und die untere Hälfte gerade mal 1 %. Menschen, die ihr Leben lang in die Rentenkasse eingezahlt haben und jetzt im Pflegeheim leben, bekommen ein Zusatzgeld (wie „Taschengeld“). Dieser Grundbetrag, von dem z.B. Friseurbesuche oder auch mal das Taschengeld für ein Enkelchen bestritten werden müsssen, ist von 2006 bis heute nur um lächerliche 13,44 Euro gestiegen.
Die Pflegekräfte sind überfordert. Sie müssen mehr dokumentieren, als dass sie Zeit für die Heimbewohner haben. Und - ob Pflege zu Hause oder im Heim - irgendwann kommt der Medizinische Dienst und gönnt der Oma oder dem Opa nur Pflegestufe 1, egal wieviel die alten Herrschaften nicht mehr alleine im Alltag bewältigen können.
Wieviel AWO-Arbeit ist also im Alltag nötig?
Immer mehr. Auf der AWO-Bundeskonferenz hat es Prof. Prantl (Mitglied Chefredaktion „Süddeutsche“) auf den Punkt gebracht: „Die AWO muss das erstarken lassen, was sie unverwechselbar, unverzichtbar und kostbar gemacht hat: Sie muss Pfadfinder und Streithelfer sein für soziale Gerechtigkeit.“ Unter dem Motto „Werte leben - Werte erhalten“ plädieren wir dafür, dass alle in angemessener Form in die Rentenfonds einzahlen müssen - nicht nur die Malocher. Die Renten müssen fairer angepasst werden und Pflegesätze gerecht sein. Krankenkassen sind die Pflegekassen. Warum nutzen sie ihre riesigen Überschüsse nicht für eine fairere Behandlung derjenigen, die über Jahrzehnte eingezahlt haben? Ich erwarte, dass es in Zukunft eine stärkere Präsenz unserer Volksvertreter zum Themenkomplex Sozialpolitik gibt - Berlin ist gefordert!
Rentenerhöhung: Bürgerreporter
beschwerte sich in Berlin
Bürgerreporter Wilhelm Hagmeyer machte sich hier Luft zur 0,25 %-Rentenerhöhung. Er verglich Renten in West und Ost, blickte auf die Pensionen der Beamten und beschwerte sich bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Berlin. Inzwischen hat er schriftlich Antwort erhalten. U.a. wird erklärt: „Rechtlich kann man die von Ihnen angeführte ungleiche Erhöhung von Ost- und Westrenten allerdings nicht als Diskriminierung einordnen. Wir können Ihnen daher insgesamt bei Ihrem Anliegen nicht weiterhelfen.“
Autor:Detlef Leweux aus Essen-Steele |
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