Reinhard Paß oder: Vom Analytiker zum „Macher“?
Hat sichReinhard Paß u.a. durch das interne Kandidatenfindungsverfahren zur Oberbürgermeisterwahl von seiner Partei entfernt? Diese Frage wird nach wie vor medial diskutiert. Kürzlich war Paß als amtierender OB und OB-Wahl-Kandidat zu Gast bei einer offenen Mitgliederversammlung des SPD-Ortsvereins Kray. Eine Analyse...
Die „Budike“ in Kray ist eine Traditionsgaststätte. Der SPD-Ortsverein Kray um den Vorsitzenden Manfred Tepperis ist eine „rote“ Macht in der Stadt - auch schon traditionell. Hier pflegen die Mandatsträger auf Bezirks- und Ratsebene den direkten Draht zum Wähler.
Bei Hausbesuchen wird einfach einmal bei wildfremden Menschen an der Tür geklingelt. An den Info-Ständen - z.B. vor der Barbarakirche - bekommen die Krayer „Sozis“ hautnah mit, wie der Bürger die Entscheidungen der Stadtpolitik so beurteilt. Hier wird Klartext bzw. Münteferings „klare Kante“ gesprochen. Also ein echtes Basis-Erlebnis - auch für Reinhard Paß.
Der amtierende OB kennt natürlich die meisten hier. Fast alle Besucher an diesem Abend haben einen sozialdemokratischen Hintergrund. Paß spricht, wenn er will, aber genau deren Sprache. Er umreißt seine Vorstellungen von der Themensetzung im OB-Wahlkampf.
Dabei geht es natürlich - wie immer - um den katastrophalen Finanzhaushalt und um den Spagat, dass man eine Stadt und ihre Stadtteile trotz allen Sparzwangs nicht „kaputtsparen“ will.
Doch wieviel Gestaltungsmöglichkeiten hat Politik angesichts der roten Zahlen überhaupt noch? Stellvertretend für die Vereinshochburg Kray fragt das der FC Kray-Präsident Günther Oberholz. Reinhard Paß antwortet hier präzise, kann die Verkettungen zwischen der Finanzaufsicht durch die Regierungspräsidentin in Düsseldorf und die lokalen Bedürfnisse eines Clubs, der einen kometenhaften Aufstieg hinter sich hat, jetzt aber im Anwohner-Lärmklage-Streit unter zu gehen droht, gut erklären.
Der OB überzeugt mit
viel Fachwissen
Paß ist in allen Bereichen der Stadtpolitik kompetent, weiß Daten, Fakten, Zahlen, egal, ob es um Bäder, Turnhallen oder Dauerbaustellen geht. Das beeindruckt, das macht glaubwürdig. Und genau diesen Reinhard Paß würden sich die Sozialdemokraten in Kray öfter wünschen: Einen, der als OB die Rahmenbedingungen erläutert. Aber auch jemanden, der dann etwas hemdsärmeliger erklärt, wie er so manchen gordischen Knoten lösen bzw. zerschlagen will.
Deutlich wird das am Beispiel des Streiks der Erzieherinnen in den städtischen Kitas. Eltern, die plötzlich ohne Kinderbetreuung klarkommen müssen. Ist doch logo, dass die für diese Streikphase keine Kita-Gebühren löhnen sollen.
Doch Paß kontert gut. Er erläutert, dass er die Frage der Entschädigung genauso sieht: „Wer eine Leistung nicht erhalten hat, der muss dafür doch nicht zahlen.“ Er erklärt, dass seine Ehefrau ebenfalls im Erzieher-Bereich tätig ist. Deshalb halte er die gesellschaftliche Aufwertung des Berufs und eine entsprechende Entlohnung für richtig.
Trotzdem könne er als OB nicht in den Ring gehen und lauthals nach Rückzahlungen an die Eltern rufen, wenn er genau wisse, dass dies kurzfristig nicht möglich ist. Zunächst müsse der Gesamthaushalt der Stadt betrachtet werden, dann sei die Regierungspräsidentin zu unterrichten und im kommenden Jahr sei es dann möglich, den Eltern Kita-Beiträge zu erstatten.
„Politisch bin ich
kein Marktschreier.“
Nein, ein polemischer Marktschreier, der jedem nach dem Mund redet, will Paß - auch im OB-Wahlkampf - nicht sein.
Das hat er an diesem Abend in Kray deutlich gemacht und damit hat er auch die Herzen der Genossen, die letztlich für ihn Wahlkampf machen müssen, erreicht.
Und was kann Paß selber mitnehmen? Als kühler und kompetenter Analytiker kann er überzeugen. Eine Partei wie die SPD benötigt nach der Analyse aber auch einen Kandidaten, der sagt, wie es jetzt weitergehen soll. Ein bisschen mehr „Macher“ als „Erklärer“ sein, diesen Hinweis hat Reinhard Paß an diesem Abend mit nach Hause nehmen dürfen. Und bis zum 13. September ist ja noch ein wenig Zeit...
Autor:Detlef Leweux aus Essen-Steele |
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