Nachlese zum 1. Mai 2015 in Essen und Gelsenkirchen - ein schlechter Tag für Neonazis !

Hinter den schwarz-weiss-roten Farben des undemokratischen deutschen Kaiserreichs bis 1918 und des nationalsozialistischen Deutschland, das sie von 1933 bis 1945 erneut nutzte, verstecken sich moderne Neo-Nazis gerne. Im Gegensatz zu wahrscheinlich von der Rechten eigentlich bevorzugten Hakenkreuzen, sind diese Flaggen nicht verboten.
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  • Hinter den schwarz-weiss-roten Farben des undemokratischen deutschen Kaiserreichs bis 1918 und des nationalsozialistischen Deutschland, das sie von 1933 bis 1945 erneut nutzte, verstecken sich moderne Neo-Nazis gerne. Im Gegensatz zu wahrscheinlich von der Rechten eigentlich bevorzugten Hakenkreuzen, sind diese Flaggen nicht verboten.
  • hochgeladen von Walter Wandtke

Zum Glück ist in Essen das Kalkül der rechtsextremen Polittruppe "Die Rechte" nicht aufgegangen, aus dem 1. Mai nach dem Vorbild der Nationalsozialisten einen Kampftag sogenannter nationaler Arbeit zu machen. Die etwa 200 Antidemokraten, die eigentlich ihren Schwerpunkt in Dortmund haben und außer "Ausländer Raus" oder "Deutschland den Deutschen" keine Ideen in ihren Köpfen entwickeln, waren zahlreicher als erwartet auf dem Kundgebungsort Krayer Markt erschienen. Solange wir aber im Verhältnis 1 : 10 noch demokratisch-menschenfreundliche Gegendemonstranten auf die Strasse bringen, sollten wir zuversichtlich bleiben, diese Rechten unter Kontrolle zu halten.
Dass Gewerkschaften, Kirchen, Grüne, Linke, SPD, viele kleinere Gruppen und engagierte BürgerInnen hier zum wiederholten Male gegen rechte Demokratiefeinde zusammen standen, obwohl die Beteiligten in vielen anderen Konfliktfragen oft gegensätzliche Meinungen vertreten, bleibt ein positives Ergebnis dieses 1. Mai in Essen.

Im Räderwerk der Polizeiaktionen am Essener Hauptbahnhof

Der Umgang der Polizeiführung mit den Kundgebungen dieses Tages läßt jedoch eine Reihe von Zweifeln über den Sinn der Polizeistrategie aufkommen. Kathrin Richter, die Vorsitzende von Pro Asyl/ Flüchtlingsrat Essen ist als Betroffene ins Räderwerk der Polizeiaktionen am Essenr Hauptbahnhof geraten und stellt ihre Erfahrung den Beschreibungen des Essener Polizeiberichts gegenüber:
Aus dem Polizei-Bericht (www-Presseportal der Polizei) : „Abschluss-Bilanz der Demonstrationen am 1. Mai in Essen und Gelsenkirchen - Konsequentes Einschreiten der Polizei unabdingbar“:
"Bereits gegen 17:15 Uhr standen sich am Essener Hauptbahnhof eine Vielzahl von Demonstrationsteilnehmern aus dem rechten und dem linken Lager gegenüber. Polizeikräfte bildeten eine Pufferzone zwischen den erhitzten Gemütern. Als die Linken gezielt die Rechten angriffen, wurde der Einsatzmehrzweckstock eingesetzt. Eine bevorstehende heftige Auseinandersetzung zwischen den beiden Gruppen konnte so verhindert werden. "

Mein Gegenbericht:

Ich, Kathrin-A. Richter, Vorsitzende von ProAsyl/Flüchtlingsrat Essen und als Rednerin in Kray vorgesehen, kam mit Mitgliedern der GRÜNEN mit den ersten auf den Bahnsteig 21/22, um die S-Bahn 2 um 17.22 nach Kray zu der angemeldeten Kundgebung zu benützen.
Als immer mehr, teils auch lautstarke, Kundgebungsteilnehmer auf den Bahnsteig drängten, begab ich mich in Polizeinähe, fragte diese, warum wir nicht in den bereits wartenden Zug einsteigen dürften. Die Polizisten verwiesen auf ihre Anweisung.
Als allen deutlich wurde, dass die S-Bahn für "Die Rechten" frei gehalten wurde, kam von hinten Bewegung in Gang.
Um aus dem Gedränge herauszukommen, wollte ich, noch unmittelbar vor der Polizeikette stehend, mit erhobenen Händen nach links zu den Aufzügen ausweichen.
Ein Hundeführer trieb mich, mit seinem wild hochspringenden Hund, dem ich nur knapp entkam, zurück in den Pulk. Als 68jährige Frau mit offener lila Jacke und Namensschild ("Kathrin-A. Richter, ProAsyl/Flüchtlingsrat Essen") war ich doch nicht zu verwechseln mit dem „schwarzen Block“.

Eine halbe Stunde auf dem Hbf festgehalten

Dann wurden alle in den tunnelähnlichen Zugang zum Bahnsteig gedrängt und ca eine halbe Stunde zwischen Bundespolizei und Landespolizei festgehalten - wir durften weder vor noch zurück, um das Gelände zu verlassen.

Zur genaueren Bewertung des Gesamtablaufs der Gegenaktionen zur Mai-Kundgebung der "Rechten ist die Presseerklärung des Bündnisses "Essen stellt sich quer" ebenfalls dokumentiert ( Zwischenüberschriften vom Autor hinzugefügt). Dort wird ein ebenso selbstbewußtes wie kritisches Fazit des 1. Mai und der Aktionen gegen den rechten Aufmarsch gezogen.
Im "ESSQ-Bündnis" gegen Rechts ist eine breite Palette Essener Gruppen vertreten, darunter Grüne, SPD, die Linke, DKP, aber auch viele nicht parteigebundene Vereinigungen:

1. Mai 2015 in Essen und Gelsenkirchen


- Ein schlechter Tag für Neonazis
- Antifaschistischer Erfolg
- Vorgehen der Polizei untragbar

Essen, 03. Mai 2015
Das Bündnis gegen Rassismus und Rechtsradikalismus – Essen stellt sich quer freut sich mit allen Organisatoren der Proteste gegen die Demonstration der Neonazi Partei „Die Rechte“, dass die Demonstration der Neonazis noch in Essen gestoppt werden konnte. Eine Blockade auf der Rotthauser Straße und viele gemeinsame Aktionen und Kundgebungen entlang der von den Nazis angemeldeten Marschroute in Essen und Gelsenkirch hat dieses Ergebnis ermöglicht.
Bis zu 2.000 Menschen nahmen an diesen Aktionen teil. Wir danken allen. Sie alle haben gemeinsam die Demonstration der Neonazis nicht nur behindert, sondern ein erfolgreiches Durchmarschieren verhindert

Essen Hauptbahnhof - Schlagstöcke und Polizeihunde nicht nur gegen rechts eingesetzt

Möglich wurde dieser Erfolg trotz massiver Behinderungen der Gegenaktionen durch die Polizei. Teilnehmer die zu der Gegenkundgebung auf dem Krayer Markt fahren wollten, wurden daran gehindert und mussten stundenlange Wartezeiten auf öffentliche Verkehrsmittel in Kauf nehmen. Fast 200 meist jüngere Leute wurden im Hauptbahnhof im Tunnel der Gleise 21/22 eingekesselt, mit Schlagstöcken verprügelt und weit mehr als eine Stunde festgehalten. Dies geschah, nachdem sie bereits den Bahnsteig betreten hatten, um die S2 nach Kray zu nehmen. Damit hat die Polizei aus uns nicht erklärlichen Gründen durchgesetzt, dass die Nazis zuerst mit der S-Bahn fahren durften. Erst nach dem Heranführen einer Hundertschaft Polizeibeamter war die Polizei in der Lage die Neonazis zu ihren Zügen zu begleiten, erst danach wurden die Gegendemonstranten frei gelassen. Da nach der S-Bahn, in der Die Rechte transportiert wurde für längere Zeit keine weitere S-Bahn mehr fuhr, kamen sie erst mit zwei Stunden Verspätung nach Kray.

Bruch vorheriger Vereinbarungen duch die Polizei

Auch in Kray bekam die Polizei erst nach Eintreffen einer weiteren Hundertschaft gegen 19:00 Uhr die Lage in den Griff. Entgegen den ausdrücklichen Vereinbarungen im Kooperationsgespräch unterband die Polizei den Versuch von Teilnehmer/innen der Gegenaktionen, die verschiedenen angemeldeten Kundgebungen in Kray auf direktem Wege zu erreichen. Es wurden weite Umwege angeordnet, die ältere Teilnehmer/innen teilweise nicht bewältigen konnten, auch lange bevor die Nazis auf der genehmigten Route waren.
Vor diesem Hintergrund fragt sich Essen stellt sich quer, welchen Sinn Kooperationsgespräche mit der Polizei überhaupt noch haben, wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden.
Nach Berichten von vielen Teilnehmer/innen der Gegenaktionen hat die Polizei während des rechten Aufmarsches dagegen weder volksverhetzende Sprüche der Nazis, noch den Hitlergruß oder den Einsatz von Gaspatronen und Böllern geahndet.

Polizeikessel gegen "Linkes Lager" am Hauptbahnhof

Nochmals: Bei den rund zweihundert im Hauptbahnhof Eingekesselten handelte es sich um Bürgerinnen und Bürger Essens, sogar für unsere Kundgebung vorgesehene Rednerinnen waren darunter. Es waren auch viele junge Menschen dabei. Sie waren alle auf dem Weg nach Kray zur Gegenkundgebung auf dem Marktplatz. Gemäß der Polizeipresseerklärung waren dies aber keine Gegendemonstranten, sondern allesamt einem ominösen „linken Lager“ zugehörig. Die Redner und Gäste unserer Kundgebung in Kray, darunter Oberbürgermeister Paß, Bezirksbürgermeister Hampel, oder auch Superintendentin Marion Greve und Landesjustizminister Thomas Kutschaty werden sich sicher bei Polizeipräsident Frank Richter persönlich für diese sinnvolle „Einteilung“ bedanken.

Rechte Spontandemo am Hauptbahnhof zum späten Abend zugelassen

Als weiteren Skandal sieht Essen stellt sich quer es an, dass rund 200 Teilnehmer/innen des Aufmarsches von Die Rechte auf dem Rückweg kurz vor 23.00 Uhr vom Hauptbahnhof aus zunächst völlig ungestört durch die Innenstadt demonstrieren konnten. Die Rechten zogen zunächst mehrere hundert Meter ohne jede Polizeibegleitung mit den Parolen „Ausländer raus“ und „Juden raus“ durch die Kettwiger und Viehofer Str. und wurden erst kurz vor dem Viehofer Platz von Polizeieinheiten gestoppt. Diese „spontane“ Demonstration, die offensichtlich gut organisiert war, wird auf der Webseite der Partei Die Rechte als Erfolg gefeiert. Offensichtlich war die im Bahnhof stationierte Bundespolizei völlig unvorbereitet und überfordert.

Protest der Zivilgesellschaft gegen Neonazis parteiübergreifend erfolgreich

Dieser 1. Mai 2015 zeigt uns zweierlei: Die Zivilgesellschaft lässt sich in Ihrem Protest gegen Neonazis nicht aufhalten, nutzt viele offene, friedliche, gewaltfreie Aktionsformen und hat Erfolg damit, wenn man gemeinsam und parteiübergreifend gegen die Nazis antritt. Polizeiliche Behinderungen und Willkür schließen einen Erfolg gegen Nazis nicht aus. Das polizeiliche Vorgehen gegen die Gegendemonstranten ist aus unserer Sicht allerdings nicht hinnehmbar und muss aufgearbeitet werden

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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