Koalitionsvertrag: Segen oder Fluch?
Der Koalitionsvertrag steht. Die Mitglieder der SPD sind aufgerufen, dazu ja oder nein zu sagen. Derweil werden auch in Essen Infoabende für die so wichtige „Basis“ angeboten und Parteichef Gabriel stritt sich medienwirksam mit ZDF-Journalistin Slomka. Wir wollten wissen, wie es denn der Essener Bundestagsabgeordnete Dirk Heidenblut so sieht. Große Koalition - Segen oder Fluch?
Werden Sie den Essener SPD-Mitgliedern den Vertrag zur Annahme empfehlen?
Ja. Und das will ich gerne begründen. Ich war und bin durchaus kein jubelnder Verfechter einer großen Koalition, aber, was trotz der schwierigen Ausgangslage erreicht werden konnte, hat mich deutlich überrascht und auch erfreut. Es wird, wie von der SPD gefordert, 5 Milliarden jährlich an Entlastung für die Kommunen bei der Eingliederungshilfe geben, das hilft Essen beim schwierigen Haushalt. Die Mittel für die Förderung Langzeitarbeitsloser werden deutlich aufgestockt. Der flächendeckende Mindestlohn mit 8,50 Euro kommt und die abschlagsfreie Rente mit 63 wird wieder möglich, um nur einige Gründe zu nennen.
Also alles in bester Ordnung?
Keineswegs, es wäre eine glatte Lüge, zu sagen, wir haben unser Regierungsprogramm ganz durchgesetzt. Natürlich sind Kröten zu schlucken, für mich ganz bitter das Betreuungsgeld oder der fehlende Einstieg in die Steuergerechtigkeit. Aber was da aus 25,7% Wählerstimmen gemacht wurde, lohnt sich. Und: Die wichtigsten Maßnahmen sind ohne Finanzierungsvorbehalt, werden also umgesetzt.
Eine Kröte müssen wir aber doch noch einmal ergänzend nachfragen. Was ist mit der Maut für Pkw?
Ja, das ist auch eine Kröte, die es, nachdem die CDU umgefallen war, zu schlucken galt. Ein ganz wesentlicher Ansatz unseres Nein war jedoch, es darf keine zusätzliche Belastung für die Autofahrer bei uns geben. Und da ist der Koalitionsvertrag klar, die Maut kommt nur, wenn diese Zusatzbelastung ausgeschlossen ist, sonst eben nicht. Unter der Bedingung am Ende eher eine kleine Kröte, schauen wir doch einmal, ob eine solche Vorlage den Mautbefürwortern überhaupt gelingen wird, bisher fehlt dafür jeglicher Ansatz.
Aber was habe ich denn nun als Essener von den Milliarden, etwa in der Eingliederungshilfe?
Direkt natürlich nichts, indirekt aber sehr viel. Diese Bundesmittel werden dazu beitragen, dass in Essen wieder anders positiv z.B. über Jugend-, Kultur- und Sportförderung diskutiert werden kann, weil es finanziellen Spielraum gibt. Die erhöhten Mittel im Städtebau, die wir durchgesetzt haben, dazu zählt auch das Programm soziale Stadt, schaffen zudem vor Ort Möglichkeiten, die ganz unmittelbar den Essenern nützen. Wie genau, das ist letztlich natürlich Entscheidung der Kommunalpolitik.
Wie geht es jetzt zeitnah weiter?
Die Mitglieder erhalten den Koalitionsvertrag im Wortlaut und zugleich einen Brief für die Abstimmung per Briefwahl. Es finden zahlreiche Veranstaltungen statt, bei denen auch diskutiert und vertieft informiert werden kann. Ich hoffe, dass diese Möglichkeit auch viele Mitglieder nutzen. Und spätestens am 16. Dezember soll dann das abschließende Ergebnis vorliegen. Es ist bindend.
Autor:Detlef Leweux aus Essen-Steele |
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