Kaum österlicher Frieden am nationalsozialistischen "Ehrenmal" in Steele-Horst - Mahntafel weiterhin zerstört.
80 Jahre nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland sollten faschistische Kultstätten rechter Heldenverehrung eigentlich nicht mehr in Betrieb sein. Zumindest Öffentlichkeit und die Ämter der Stadt Essen müßten dafür sorgen können, dass entsprechende Orte wie das Kriegerdenkmal in Steele Horst, das der NS-Staat 1934 mit großem Pomp und vielen soldatischen Würdenträgern eröffnete, rechten Gruppen nicht mehr als Kundgebungsort dienen kann.
Leider ist seit einigen Jahren festzustellen, dass dieses Bauwerk wieder oft dem Zweck dient, für das es in Hitler-Deutschland gebaut worden war. Die alt-neue Nutzung geht auch darüber hinaus, dass Hakenkreuze, SA- oder SS- Schmierereien an den Bruchsteinsäulen zu erkennen sind. An unterschiedlichen rechten Gedenktagen werden dort Kränze niedergelegt und in den letzten Jahren hatten rußlanddeutsche Rechtsextreme im Umfeld der NPD insbesondere am Ostermontag dort umfängliche Veranstaltungen gegen „rotenTerror“ abgehalten.
NPD-naher Kreis rußlanddeutscher Konservativer
Diese Kundgebungen eines „RDK“ sogenannter „Rußlanddeutscher Konservativer“ einer „ nationalkonservativen Bewegung der Deutschen aus Rußland“ ehren hier bei bestem Sonnneschein mit pathetischen Reden und bei voller Musikbegleitung aus Verstärkeranlagen ihre vorgeblichen Freiheitskämpfer. Natürlich stellten sie ihre Aktionen auch mit einem 15-minütigem Youtube-Filmchen ins Internet, wo es bis heute abgerufen werden kann.
Genau wegen dieser Gefahr eines erneuerten rechten Aufmarschplazes hatte es in den achtziger Jahren eine ausführliche Debatte in den politschen Gremien der Stadt gegeben, ob dieser Ort nicht besser eingeebnet werden sollte und z.B. zum neutralen Grillplatz mit schöner Aussicht auf das Ruhrtal umzugestalten sei.
Demokratisch-historische Aufklärung contra NS-Kult
Aus besserer Einsicht entschied man sich schließlich, diesen geschichtsträchtigen Ort bestehen zu lassen, aber dort für demokratisch-historische Aufklärung zu sorgen. Insbesondere Menschen wie Dr. Ernst Schmidt oder Dr. Michael Zimmermann waren in diesen Jahren damit befasst, öffentlich deutliche Erinnerungsorte an nationalsozialistisches Unrecht zu schaffen.
Im Zuge des großen Gedenktafelprojekts, das die Stadt Essen Ende der achtziger Jahre an Orten verwirklichte, die unmittelbar mit Widerstand und Verfolgung im nationalsozialistischen Deutschland zwischen 1933 und 1945 verbunden waren, wurde auch am ehemaligen „Ehrenmal“ in Steele-Horst eine Gedenktafel aufgestellt.
Auf einer Art Pult aus solidem Edelstahl wurde eine Platte installiert, die ausführlich die Hintergründe dieser pseudo-germanischen Totengedenkstätte darstellt. Da diese Tafel bereits vor einigen Jahren zerstört wurde und seitdem nur noch die verbogenen Gestellreste vor dem Eingang stehen, soll hier der Text noch einmal wiedergegeben werden:
Text der zerstörten Mahntafel
„Ehrenmal“ Steele-Horst
Dieses Bauwerk wurde von den Nationalsozialisten im Jahre 1934 als Ehrenmal für die Gefallenen der Freikorps, Einwohnerwehren, Reichswehr- und Polizeieinheiten errichtet, die 1918 – 1920 gegen die revolutionären Arbeiter im Ruhrgebiet kämpften.
Damit versuchten die Nationalsozialisten, ihre Sichtweise der Revolutionszeit 1918 – 1920 durchzusetzen, also vor allem
° die Weimarer Republik – das Ergebnis der Novemberrevolution 1918 – herabzuwürdigen,
° die Arbeiter der „roten Ruhrarmee“ zu verunglimpfen, die im März 1920 zur Abwehr des republikfeindlichen Kapp-Putsches die Waffen ergriffen und gegen putschende Freikorps-Einheiten, nach Beendigung des Putsches aber auch für die Durchsetzung revolutionärer Forderungen kämpften,
° die Mitglieder der Freikorps, von denen viele schon 1918 politisch rechtsextrem eingestellt waren und später als Nationalsozialisten die Weimarer Republik bekämpften, als nationale Helden und Wegbereiter des Nationalsozialismus zu feiern.
° den gewaltsamen Kampf der reevolutionären Arbeiter in den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen 1918 – 1920 als „Roten Terror“ zu brandmarken, den „Weißen Terror“ der Freikorps aber zu verschweigen, dem nach der militärischen Besetzung des Ruhrgebiets im April 1920 weit über 1000 Arbeiter zum Opfer fielen,
° die Beseitigung der Demokratie und die Errichtunbg der nationalsozialistischen Diktatur als „Rettung Deutschlands“ darszustellen.
Auch im Jahre 2013 darf Essen die historische Erinnerungsarbeit nicht rechtsextremen Gruppen überlassen. Die Stadt muß ihre Verantwortung wahrnehmen, sie muss sich um den Erinnerungsort Horster „Ehrenmal“ kümmern. Sei es, in dem die zerstörte Mahntafel wieder hergestellt wird oder mit anderen baulichen Mitteln dafür gesorgt wird, hier keine neuaufgelegte NS-Kultstätte zu dulden. Ein schlichter Abriß wäre allerdings sicher nicht die beste Lösung.
Autor:Walter Wandtke aus Essen-Nord |
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