Grüne: Insellösungen bringen kaum Fortschritt gegen die Schadstoffbelastung im Ruhrgebiet

Der Spurbus aus Richtung Kray - vor Jahrzehnten als moderner Strassenbahnersatz geplant, der per Oberleitung im Innenstadtbereich und mit Dieselmotor in den Außenbezirken fahren sollte. Technisch nicht ausgereift, erwies sich das Konzept leider als extrem störanfällig, weshalb bis heute mit Trauer an die frühere sehr effektive Strassenbahnverbindung zurückgedacht wird.
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  • Der Spurbus aus Richtung Kray - vor Jahrzehnten als moderner Strassenbahnersatz geplant, der per Oberleitung im Innenstadtbereich und mit Dieselmotor in den Außenbezirken fahren sollte. Technisch nicht ausgereift, erwies sich das Konzept leider als extrem störanfällig, weshalb bis heute mit Trauer an die frühere sehr effektive Strassenbahnverbindung zurückgedacht wird.
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Nach dem grünen Hauptstadtjahr 2017 konnte die Bundesregierung wohl kaum anders, als Essen mit unter die Liste der "Lead-Citys" zu nehmen, in denen bis zum 2020 mit Bundeszuschüssen besondere Maßnahmen gegen die permanente Überschreitung der Luftschadstoff-Grenzwerte ausprobiert werden sollen. Ob diese Zuschüsse in 2 Jahren wieder gänzlich gestrichen werden, weil die Bundesregierung hofft, dass dann alle PKW und LKW über korrekt arbeitende Abgasreinigungen verfügen, bleibt ungewiß.
Schon jetzt steht aber weitestgehend fest , daß wohl nur Essen und nicht auch die Nachbarstadt Mülheim von diesen Bundesgeldern profitieren kann.

Weder gemeinsamer Nahverkehrsplan, noch integrierte Verkehrsplanung

Leider besitzen beide Kommunen sowieso keinen gemeinsamen Nahverkehrsplan ( für den aber auch rechtliche Hürden überwunden werden müßten). Erst recht verfügen beide Städte weder für sich oder gemeinsam über so etwas futurisches wie eine integrierte Verkehrsplanung, die also PKW-- ,LKW, -Fahrrad, und Fußgängerverkehre systematisch mit dem ÖPNV ins Verhältnis setzen würde. Das verhindert natürlich nicht, einzelne Verkehrsprojekte doch einmal miteinander zu verzahnen.
Wenn der wunderschöne Leitsatz, den Fußgänger-; PKW-, ÖPNV- und Radverkehr in einigen Jahren für Essen tatsächlich auf  jeweils 25% setzen zu können, trotzdem Realtät werden sollte, grenzt das an ein Wunder.
Die für 2 Jahre vom Bund bezuschusste Insellösung innerhalb des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, nur im Essener Betriebsbereich der gemeinsamen Essen/Mülheimer Verkehrsgesellschaft Ruhrbahn, kann nur Unfrieden stiften und in der ökologischen Wirkung verpuffen.
Diese Kritik teilen sowohl die Grünen in Essen, wie in Mülheim.
Da die Mülheimer aber sozusagen die vom Bundesverkehrsministerium  "Gelackmeierten" sind, hier die Pressemitteilung der grünen Ratsfraktion Mülheim zur "Lead-City-Kommune Essen" und den Auswirkungen auf Mülheim:

Geldsegen nur für Essen?

Der Nachbarstadt Essen steht Geld ins Haus. Es geht um rund 21 Millionen Euro, die sie als eine von fünf Modellstädten aus Berlin zur Verbesserung des Öffentlichen Nahverkehrs und der Schadstoffbelastung erhalten soll. Damit will sie das Fahrradwegenetz erweitern sowie Taktverdichtungen bei Bussen und einer Bahn ermöglichen. Ein drittes Feld sind Prämien für Tarifangebote.

Letzteres betrifft die Ruhrbahn, die Essen gemeinsam mit Mülheim betreibt. Insbesondere für den Bereich der Tarifangebote stellen sich die Mülheimer Grünen demzufolge die Frage, ob die nur für Essener oder auch für Mülheimer Fahrgäste gelten werden. „Wir gehen davon aus, dass nicht ernsthaft daran gedacht ist“, erklärt ihr verkehrspolitischer Sprecher Axel Hercher, “Ruhr-Bahn-Fahrgäste erster und zweiter Klasse zu schaffen. Das wäre dem Gedanken der Gemeinsamkeit mehr als abträglich. Diesbezüglich erwarten wir ein Zeichen aus Essen.“
Wenn Mülheim schon in den Bereichen Angebotsausweitungen und Radwege in die Röhre schaue, müsse zumindest bei den gemeinsamen Tarifen eine Beteiligung möglich sein.
Konkret geht es um Prämien für Neukunden bei Abschluss eines 24-Monate-Abos, für Monatskartenkäufer über die APP „Zäpp“ sowie für Vertragspartner bei Kombi-Ticket-Vereinbarungen. An die Erstattung des Grundpreises bei neu akquirierten Firmen-Ticket-Kunden wird ebenso gedacht. Dazu soll es Gutscheine im Wert eines 24-Stunden-Tickets für den Wochenend-Betrieb geben.
Da Hercher nicht davon ausgeht, dass Fördermittel für Essen in Mülheim genutzt werden können, regt er eine Finanzierung durch Umschichtung der Mittel für Marketingmaßnahmen bei der Ruhrbahn zugunsten Mülheims an.

5 Modellprojekte reichen nicht für 65 extrem schadstoffbelastete Städte

Auch der Verkehrsclub Deutschland, der VCD, hat zu diesen bundesweiten, wie auch den Maßnahmen innerhalb des Ruhrgebiets seine sehr kritische Position veröffentlicht:
Vor wenigen Tagen hatten Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und Bundesumweltministerin Svenja Schulze ihre Maßnahmen für saubere Luft in fünf Modellstädten vorgestellt. Nach Angaben des Verkehrsministeriums wird der Bund mit rund 130 Millionen Euro bis zum Jahr 2020 „modellhafte Projekte zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und zur Verringerung der Stickstoffdioxidbelastung“ in den Städten Bonn, Essen, Herrenberg, Mannheim und Reutlingen fördern. Die Modellprojekte werden wissenschaftlich begleitet und hinsichtlich des NO2-Reduktionspotenzials ausgewertet. Bei besonders wirksamen Maßnahmen soll geprüft werden, ob sie auf andere Städte übertragen werden können.
Der ökologische Verkehrsclub VCD kommentiert dies wie folgt:
Philipp Kosok, VCD-Verkehrsexperte
: “Mit Modellprojekten in fünf Städten lässt sich nicht für saubere Luft in 65 Städten sorgen. Eine Studie für die Wirksamkeit von Maßnahmen braucht es nicht. Die Lösungen für saubere Luft liegen auf der Hand. Es braucht weniger und saubere Autos in den Städten und mehr Bus-, Bahn- und Radverkehr. Die Bundesregierung muss bundesweit für entsprechende Maßnahmen sorgen, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Städte. Die Menschen, die in den Innenstädten unter Stickoxiden leiden, sind selten die Verursacher der schmutzigen Luft. Es sind die Pendler, die täglich 20, 30 oder 50 Kilometer zur Arbeit in das Stadtzentrum fahren, denen man Alternativen zur Fahrt mit dem eigenen Auto anbieten muss.
Um die Stickoxidbelastung schnell zu senken, ist die Hardware-Nachrüstung von schmutzigen Dieselfahrzeugen unabdingbar. Der Streit zwischen Verkehrsminister Scheuer und Umweltministerin Schulze muss beendet und die Diesel-Nachrüstung auf Kosten der Autohersteller beschlossen werden. Auch dürfen nur noch Pkw zugelassen werden, die auf der Straße die NO2-Grenzwerte tatsächlich einhalten.“

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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