Bürgerversammlung: Leither wollen Landschaftsschutzgebiete behalten

Die drei Gründer der Bürgerinitiative "Leither Landschaftsschutzgebiete" (v.l.n.r.): Meike Pottmeier-Kirchmann, Thomas Frischmuth und Andreas Kirchmann.
  • Die drei Gründer der Bürgerinitiative "Leither Landschaftsschutzgebiete" (v.l.n.r.): Meike Pottmeier-Kirchmann, Thomas Frischmuth und Andreas Kirchmann.
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Am Dienstag trafen sich rund 300 Krayer und Leither zu einer Bürgerversammlung im „Krähenheim“ auf dem Gelände der KrayArena. Die erst am Freitag gegründete Bürgerinitiative „Leither Landschaftsschutzgebiete“ hatte zu diesem kurzfristigen Termin eingeladen, um über die Pläne der Stadtverwaltung zu sprechen.

Vor gut einer Woche hat die Stadtverwaltung Pläne zu 15 Standorten für neue Flüchtlingsunterkünfte veröffentlicht. Viele Essener haben dies erst durch einen Artikel in der WAZ erfahren. Das Problem bei den Standorten: 13 von ihnen liegen in Lanschaftsschutzgebieten. Dies wäre juristisch kein Problem, da die Bundesregierung das Bundesbaugesetz gelockert hat, so dass Kommunen nun Landschaftsschutzgebiete aufheben dürfen.
Viele Bürger in Essen haben etwas dagegen. Die Krayer trafen sich dazu im Krähenheim. Schon zur Begrüßung machte Andreas Kirchmann, einer der Mitgründer der Bürgerinitiative (BI) ´, deutlich: „Wir wollen keine Bebauung unserer Grünflächen!“ Im Vorfeld hatte er via Facebook Kontakt mit dem Oberbürgermeister Thomas Kufen aufgenommen. Seine Antwort: „Schlagen Sie andere Standorte vor.“ „Wir haben ihm direkt 15 Alternativen aufgezeigt“, sagte Kirchmann.
Viele der Anwesenden fühlen sich von der Verwaltung und Politik übergangen: „Wir haben Herrn Kufen die geforderten Alternativen aufgezeigt und trotzdem soll am Mittwoch über die Prüfung der Standorte abgestimmt werden“, beschwert sich Thomas Frischmuth, ein Mitgründer der BI. Den Termin zur endgültigen Abstimmung über die Bebauung am 15. Januar findet er „zu früh. Wie will man bis dahin alles prüfen?“. Die Besucher wollten den Tagesordnungspunkt acht der heutigen Ratssitzung am liebsten streichen, oder zumindest verschieben. Die große Koalition aus SDP und CDU möchte dazu einen „Antrag auf Prüfung der neuen Vorschläge“ stellen, erklärt Ratsherr Frank Müller (SPD). Viele Kommunalpolitiker waren auf besonderer Einladung hin gekommen, um auch die politische Sicht zu erklären.

Viele Widersprüche und Fragen sind offen:

Für die meisten Besucher der Bürgerversammlung handelt die gesamte Stadtverwaltung sehr widersprüchlich.

1. Im Jahr 2017 wird Essen die „Grüne Hauptstadt Europas“ sein. „An dem Projekt haben wir noch intensiv mitgearbeitet“, erklärt Dieter Küpper vom Runden Umwelttisch Essen. Für die Bewerbung waren natürlich auch die Landschaftsschutzgebiete von Bedeutung.“ Warum diese jetzt von der Stadt bebaut werden sollen, konnte ihm niemand der Zuhörer erklären. Aber es blieb noch mehr ungeklärt: Am 19. November habe die Stadt schon 40 kleinere Grünflächen für Unterkünfte freigegeben. „Wieso tauchen diese irgendwo auf?“, fragt sich Küpper.

2. Ratsherr Ernst Potthoff (Bündnis 90/Die Grünen: „Teilweise sind Flächen zum sechsten Mal im Gespräch – obwohl sie von Experten und Politikern schon abgelehnt wurden. Wieso sind sie wieder aufgetaucht? Bei der jetzigen Planung wurden die Bezirksvertretungen einfach außen vor gelassen und nicht in die Planungen mit eingebunden.“

3. Ein Mann aus dem Publikum trat auf die Bühne. Er erzählt, dass er Teile seines Landes mit einem Waldgebiet verkaufen sollte – dies aber abgelehnt hat. „Wenn 1,25 Hektar von meinem Waldstück abgeholzt werden würde, müsste die Stadt laut Gesetz zwei Hektar neu aufforsten. Dann geht noch mehr Ackerland an anderer Stelle in Essen verloren.“

4. Juristisch ist der vorgesehene Standort an der Lahnbecke schon nicht möglich. 1979 wurde ein Vertrag zwischen der Stadt und einer damaligen Bürgerinitiative geschlossen, in dem geregelt ist, dass das Gebiet nördlich der Straße gar nicht bebaut werden darf. Dies war ein Kompromiss, da sich damals die Bürger gegen die Einrichtung eines Gewerbegebiets gestellt hatte. So wurde das Gebiet kleiner, als am Anfang geplant.

5. Viele verstehen nicht, warum nicht mehr als die 800 Flüchtlinge, die schon in Wohnungen leben, in bereits leerstehenden Gebäuden untergebracht werden können. Dirk Kalweit, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU in Essen, hat dazu noch einen eigenen Zweifel: „Die Stadtverwaltung spricht im Moment von einer Leerstandsquote von 2% in Essen. Am Anfang des Jahres waren es noch 5-7%. Wo sind die Leerstände hin?“ Die Zeitfristen, die die Verwaltung zur Prüfung all dieser Fragen gestellt hat, hält er für „vorsichtig gesagt: sehr ambitioniert.“

Mit vielen offenen Fragen und Zweifel gingen die Krayer und Leither nach der Bürgerversammlung nach Hause. Nur eins war sicher: Die BI „Leither Naturschutzgebiete“ möchte in Zukunft eng mit den BI's der anderen Stadtteile zusammenarbeiten. Im Januar soll es ein neues Treffen geben.

Autor:

Cedrik Pelka aus Essen-Steele

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