Bauern formierten Trecker-Konvois gegen die neuen Agrarpläne der Bundesregierung
Die Essener Landwirte Hubertus Budde und Jürgen Feldhaus protestieren gegen die neuen Agrarpläne der Bundesregierung
Mit ca. 5600 Treckern protestierten im November Bauern aus ganz Deutschland vor dem Brandenburger Tor gegen die neuen Agrarpläne der Bundesregierung.
Ein Trecker-Konvoi fuhr auf dem Wege nach Dortmund durch Freisenbruch. BürgerReporterin Sabine Hegemann hat darüber berichtet. Auch Bauer Hubertus Budde aus Essen-Kray und Bauer Jürgen Feldhaus aus Kray-Leithe beteiligten sich mit ihren Treckern an der Staffelfahrt nach Berlin.
Zusammen mit BürgerReporterin Sabine Hegemann habe ich die Bauern Budde und Feldhaus auf dem Hof von Bauer Budde besucht und sie um eine Stellungnahme zu den bundesweit beachteten Problemen gebeten.
Hubertus Budde (53) bewirtschaftet seinen Hof am Mechtenberg seit 2007. Er hat 75 ha Ackerland, davon sind 74 ha gepachtet, 2 ha Grünland, 2000 Legehennen, 20 Schafe, 3 Ziegen, 2 Schweine und 2 Pferde.
Außerdem betreibt er einen Hofladen mit Café, der im Winter von Donnerstag bis Sonntag geöffnet ist.
Jürgen Feldhaus (76) bewirtschaftet 25 ha Land, davon sind 13 ha Eigentum. Der Rest ist gepachtet. 19 ha Ackerland sind es. Der Rest ist Grünland. Er hält 160 Jungkühe (Färsen) und gehört einer Kooperation an, in der zu fünft gewirtschaftet wird.
Mit den neuen Agrarplänen der Bundesregierung haben sich Budde und Feldhaus intensiv auseinandergesetzt.
Da geht es um das Unkrautbekämpfungsmittel Glyphosat, um Regeln zum Insektenschutz, um Einschränkungen bei der Düngung und um eine Kürzung der Direktzahlungen aus Brüssel.
Der Vorteil beim Einsatz von Glyphosat, den viele Bauern bisher gesehen haben, ist, dass im Unterschied zu herkömmlichen Bodenbearbeitungsmethoden die Bodenstruktur erhalten bleibt. Es muss nicht umgepflügt werden. Es reduziert die den Boden schädigende Erosion. Außerdem bedeutet Umpflügen durch den intensiven Einsatz von Treckern einen stärkeren Verbrauch von Diesel, ca. 20 l Diesel pro ha umgepflügtes Land. In der Vergangenheit wurden nur ca. 20% der Fläche der Landwirte mit Glyphosat bearbeitet, wenn es notwendig schien.
„Für uns geht es aber in der Praxis um Lösungen ohne Glyphosat. Das Thema ist durch. Glyphosat wird Ende 2023 verboten“, sagt Hubertus Budde. „Wir probieren verschiedene Möglichkeiten aus, um die Mulchsaat (pflugloses Saatverfahren) ohne Glyphosat durchzuführen. Die nächsten Jahre nutzen wir das Mittel als Versicherung, falls einer der neuen Wege nicht trägt.“
Budde ist überzeugt, dass Glyphosat in Deutschland nicht im Übermaß eingesetzt worden ist. Im Jahr 2014 wurden 5330 Tonnen Glyphosat auf deutschen Äckern ausgebracht, in den USA waren es 2011 mehr als 110.000 Tonnen.
Einen Grund für das Insektensterben sehen Budde und Feldhaus auch im Flächenverlust durch Bebauung, durch Versiegelung der Böden. Und auch der Verkehr mit seinem Ausstoß an Schadstoffen ist ein Teil des Problems.
Viele Bauern tun im Rahmen ihrer Möglichkeiten etwas für den Insektenschutz. Ähnlich wie Bauer Christoph Ridder aus Kray-Leithe, der im letzten Jahr eine Sonnenblumen-Bienenweide angelegt hatte, legen auch Budde und Feldhaus an Feldrändern „Blühstreifen“ an, die dem Insektenschutz dienen, was allerdings wieder auf Kosten der Anbauflächen geht.
Ein weiteres heiß diskutiertes Thema ist die Verwendung von Gülle. Budde erklärt, dass nur noch dort gedüngt wird, wo es notwendig ist. Aufgrund der Düngeverordnung von 2017 wird Gülle stärker in vieharme Regionen transportiert.
Budde weist auf Studien hin, die besagen, dass die Verordnung von 2017 schon weit über das Ziel hinausschießt.
Weniger gedüngt bedeutet weniger Ernte.
Budde bezieht Gülle aus dem Münsterland. Feldhaus bezieht keine Gülle.
Für das Tierwohl wird einiges getan. Die Tierhaltung hat sich in den letzten Jahrzehnten verbessert, sind beide Landwirte überzeugt. Landwirt Christoph Ridder hatte schon vorher öffentlich seine Ansicht geäußert, die Tierhaltung auf deutschen Bauernhöfen sei weltweit die fortschrittlichste.
Budde teilt die Befürchtung vieler Landwirte, dass bei einer möglichen Kürzung der Direktzahlungen aus Brüssel noch mehr mittelständische Betriebe aufgeben müssen. Nach den regionalen Missernten infolge der Dürresommer 2018 und 2019 stünden ohnehin viele Betriebe vor dem Aus.
Das viel beklagte „Bauern-Bashing“ (herablassende Äußerungen über Landwirte) erlebt Budde in Essen nicht. Er betont, dass es einen guten Dialog mit den politischen Parteien und den Naturschutzverbänden vor Ort gibt.
Beide Landwirte sind gewillt, mehr für den Umweltschutz zu tun, was geringere Erträge bedeutet. Aber dann erwarten sie einen finanziellen Ausgleich.
Zum Preisdruck, der durch die großen Verbrauchermärkte auf die Bauern ausgeübt wird, kann Jürgen Feldhaus aus eigener Erfahrung am Beispiel der Milchproduktion einiges beitragen. Auch die Molkereien sind ein Teil des Problems.
2016 war ein besonders kritisches Jahr. Rund 4000 Milchbauern mussten ihre Milchkühe abschaffen. „Opfer einer verhängnisvollen Spirale von Preisverfall und Überproduktion auf dem Milchmarkt“, sagt Hans Foldenauer, Sprecher des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM).
Letztendlich sind es auch die Verbraucher, an die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) appelliert: „Die Verbraucher müssten auch ihr eigenes Verhalten hinterfragen und bereit sein, für gute Qualität mehr zu bezahlen … Wie soll bei Niedrigstpreisen mehr Tierwohl drin stecken?“
Man müsste ergänzen, dass ein großer Anteil an „Billigfleisch“ aus Ländern wie Brasilien importiert wird, wo das Tierwohl und die Arbeitsbedingungen nicht die höchste Priorität besitzen.
So bleibt laut Bauer Budde als Fazit nur die Feststellung:
Nahrungsmittelerzeugung zu Weltmarktpreisen und Umweltschutz, wie er in den neuen Agrarplänen gefordert wird, funktioniert in der jetzigen Form nicht. Was die Bauern auf jeden Fall von den Politikern erwarten, ist, dass mit ihnen gesprochen wird, um Lösungen zu finden, die den unterschiedlichen Interessengruppen weitgehend gerecht werden.
Autor:Manfred Jug aus Essen-Steele |
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