Obdachlosigkeit
Wohnungslosigkeit und existenzielle Not macht auch vor Steele nicht Halt

Armut und Obdachlosigkeit nehmen in Coronazeiten zu. In der Innenstadt ist das schon ganz offensichtlich und man wird immer wieder mit dieser Not konfrontiert. Aber auch in dem kleinen Stadtteil Steele ist das Problem längst angekommen.
Obdachlose Männer lagern in der Fußgängerzone. Waren es bisher einzelne Fälle, wächst die Gruppe aber gerade, denn, völlig nachvollziehbar, tun sich diese Menschen in der gleichen Lebenslage zusammen, um gemeinsam die kalten Nächte draußen zu überstehen, sich gegenseitig zu helfen und zu schützen und - ja, auch das ist richtig - sich gemeinsam mit Alkohol die Situation erträglicher zu machen.

Im November und Dezember hielten sie sich etwas versteckt hinter den Hütten des Weihnachtsmarktes auf. Jetzt aber, wo alles abgebaut ist, ist das Problem wieder ganz offen sichtbar für jeden Passanten und alle Geschäftsleute. Und „das Problem“ sind weniger diese Männer selbst, als vielmehr die Mengen an Taschen, Decken, Lebensmitteln und Müll, von denen sie umgeben sind. Daran nehme inzwischen einige Steelenser Anstoß.

Aber es gibt auch die andere Seite, Steeler Bürger, die sich kümmern, mit Textilien, Lebensmitteln und Getränken versorgen, ein offenes Ohr haben und sich zuwenden. Auch ein Team von ‚Essen packt an‘ schaut, besonders jetzt vor kalten Nächten, regelmäßig nach ihnen.

Im Gespräch erfuhren wir, dass den Männern oft gefüllte Tüten einfach hingestellt werden, ohne, dass sie vorher gefragt werden, was gerade nötig ist. Sicher gut gemeint stellt aber gerade das die Männer vor Probleme.
„So viel kann ich gar nicht essen!“ oder „Ich weiß gar nicht, was da alles drin ist!“ sind Sätze, wie sie uns die Männer sagten.
Völlig überfordert mit dieser Menge an Spenden schaffen sie es nicht mehr, das alles zu bewältigen. Das ist auch der Grund, warum sich dort an ihrem Platz so viel angesammelt hat.

Die Beamten vom Ordnungsamt versuchen mit viel Verständnis für die Situation eines Obdachlosen und auch Einfühlungsvermögen zu vermitteln und auf die Männer einzuwirken, damit sie ihren Platz dort nicht verlieren.

Wir können alle helfen dabei. Gerade jetzt im Winter ist es notwendig und gut, wenn wir alle auf obdachlose Menschen achten. Niemand will einen Kältetoten in Steele!

Hier 5 Tipps für Hilfen, die Sinn machen:

1. Wenn Sie einem Obdachlosen etwas geben wollen, fragen Sie ihn bitte erst, was er braucht. Manchmal sind z. B. ein Paar Handschuhe für 1-2€, eine Fahrkarte, um einen Behördengang erledigen zu können oder ein Pflaster für wunde Füße ein dringlicherer Wunsch, als das fünfte Brötchen, die zweite Pizza oder der sechste Kaffee an diesem Tag.

2. Jemand, der „Platte macht“, kann nicht so viel mit sich führen. Sein gesamter Besitz ist in seinem Rucksack. Zieht er durch die Stadt, muss er alles gut mit sich tragen können. Hat er sich an einem Platz fest eingerichtet, helfen Sie ihm nicht, indem Sie ihn dort zusätzlich mit Matten, Kissen, Decken, Essensvorräten etc. ausstatten. Entfernt er sich dann von seinem Platz, würde er vieles zurücklassen müssen, was ihm entweder dann gestohlen wird oder seine Stätte würde womöglich von den Ordnungsbehörden geräumt und alles entsorgt.

3. Vergewissern Sie sich, wenn Sie einen Obdachlosen liegend vorfinden, ob es ihm gut geht.
Ist er nicht ansprechbar? Zeigt er Anzeichen einer Unterkühlung? Dann rufen Sie bitte die 112!
In allen anderen Fällen steht die 24-Stunden-Hotline des DRK Essen Borbeck 0201/222222 zur Verfügung. Hier kann man sich als besorgter Passant melden, wenn man einem hilflosen, durch die Kälte gefährdeten Menschen begegnet.

4. Weisen Sie den Betroffenen ruhig noch einmal auf die Hilfsangebote in unserer Stadt hin:
Für die Nacht:
Notschlafstelle für Männer Lichtstraße 1
Notschlafstelle für Frauen, Grimbergstraße 22 in Kray Leithe
Raum 58 - Notschlafstelle für Jugendliche zwischen 14 und 21 J., Niederstraße 12-16
Am Tag:
Sozialzentrum ( für Wohnungslosenberatung) in der Lindenallee 55
Tagesaufenthaltsstelle Rottstraße 32

5. Begegnen Sie ihm ganz offen. Ein Gespräch auf Augenhöhe, ein offenes Ohr, ehrliches Interesse, Zuwendung und Verständnis wärmen ihn zusätzlich.

Auch ein obdachloser Mensch hat immer noch seine Würde. Er ist mündig und hat das Recht auf Selbstbestimmung und auch darauf, „Nein danke“ zu sagen, ohne deshalb als undankbar zu gelten.
Und er ist unser Mitbürger, auch wenn er eine andere Lebensform lebt, als wir. Wir kennen die Gründe dafür nicht und können und dürfen deshalb nicht urteilen!

Lassen Sie uns einen Weg finden, miteinander in unserem Stadtteil zu leben!

Autor:

Judith Schüning aus Essen-Steele

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