Sie spielte(n) Cello in Kray!

Anna Reitmeier lässt den Bogen übers große Cello flitzen. Ein dunkler Ton erklingt. Die Kinder, die unmittelbar neben dem Instrument sitzen, spüren die Vibration. Musik hautnah - Instrumente zum Anfassen - das erleben die Erstklässler der Leitherschule an diesem Morgen. Denn: Es ist Jeki-Zeit...

„Was könnte denn bei dieser Melodie passieren?“ - das möchte Musikpädagoge Matthias Rietschel von den Kindern wissen. Und die lassen einem so richtig freien Lauf: ihrer Fantasie. Ein Schiff, das hupt oder doch eine Schlange, die sich durch den Urwald schlängelt? Ein Erdbeben vielleicht?
Noch einmal spielt Anna Reitmeier aus dem Folkwang Kammerorchester Bachs Suite Cello Nr. 1 und die Klasse untersucht, ob sich zu dieser Melodie tatsächlich Schlangen über den Boden schlängeln könnten. Denn: Rietschel wählt vier Kinder aus, die zur Musik über den Boden kriechen. Klappt wunderbar!
Aber: Die Cellistin kann den Bogen ja auch weglassen. „Und nun? Welches Tier könnte das sein?“, fragt Rietschel in die Runde. Man einigt sich auf Käfer. Und klappt das denn zu den nun höheren Tönen? Schnell werden wieder vier Kinder ausgewählt, die nun in die Rolle von Käfern schlüpfen. Und: Auch das klappt.
Anna Reitmeier erklärt, dass die Tonlage sich verändert, wenn man den Bogen nutzt oder einfach die Saiten des Cellos zupft. Kinder mit großen Händen gibt es in der Klasse auch und die braucht Reitmeier nun: „Haltet mal hier die Löcher zu“, fordert sie auf und deutet links und rechts auf Cello.
Die Töne werden leiser. Warum? „Weil das Loch zu ist“, vermutet eine Schülerin. „Richtig“, lobt Anna Reitmeier. „Wenn man die Hand auf die Löcher legt, ist das so, als würde man dem Cello den Mund zu halten.“
Bevor die Kinder das Instrument selbst ausprobieren dürfen, gibt‘s noch viele Infos mit auf den Weg und die Gruppe lauscht aufmerksam wie schon zu Beginn der Stunde, als Matthias Rietschel den heutigen Gast vorstellte. Anna Reitmeier musiziert nämlich nicht nur im Folkwang Kammerorchester, sondern macht auch Kammermusik und unterrichtet Kinder.
„ich spiele tagsüber Cello, aber auch spätabends, wenn ihr schon schlaft“, lacht Anna Reitmeier, der das Projekt besonders am Herzen liegt. „Es ist wichtig, dass wir als Orchester-Musiker zu den Kindern gehen, also in die Schulen kommen. Denn oft ist es so, dass Kinder oder auch junge Leute ein verkrampftes Verhältnis zur klaissichen Musik entwickeln. Das wollen wir als Orchestermusiker verhindern“, erklärt sie. Denn langsam entdecken immer mehr Musiker den Spaß am JeKi-Projekt. „Jedem Kind ein Instrument“ startet in den Grundschulen und dauert stes vier Jahre. In der Christophorus-, Leither- und Joachimschule ist Matthias Rietschel regelmäßig zu Gast und lädt die Folkwang Musiker ein, die dann ihre Instrumente selbst vorstellen. „Das sollen auch mal schön die Profis machen“, lacht er und packt ein kleines Cello aus, auf dem Leni und Emil üben können. Anna Reitmeier erklärt den beiden Kindern, wie man das Cello richtig hält und dann geht‘s ans Eingemachte. Leni hat den Bogen schnell raus - das Zupfen der Saiten macht ihr viel Freude. Emil scheint eher über jeden Ton, den er dem Instrument entlockt erstaunt zu sein, versucht sich aber voll konzentriert immer weiter.
„Durch die Besuche der Musiker können wir mit Klassikern wie Bachs Suite für Cello Nummer eins spielen. Es ist unglaublich, wie sich die Fantasie der Kinder entfaltet“, sagt Matthias Rietschel.
Die Celli werden eingepackt, jetzt heißt es eine Woche warten, bis der Musikpädagoge wiederkommt. Die Kinder nehmen viele neue Erfahrungen mit und können heute zuhause - getreu dem Lindenberg-Kult-Hit- berichten: „Sie spielte Cello“...

Autor:

Mareike Schulz aus Essen-Steele

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