Vier Pfoten, zwei Beine - ein Herz und eine Seele
Kaltschnäuzig und warmherzig - Hündin Nelly liebt ihr Frauchen
Maxi ist ganz aufgeregt. Wer kommt denn da noch? Carlo biegt neugierig schnüffelnd um die Ecke. Ein kurzes Aufheulen und es folgt eine freudige Begrüßung. Die etwas scheue Lissia versteckt sich hinter ein paar Beinen und Nelly versteht gar nicht, was ihre Freunde alle bei ihr im Garten wollen. Dabei dreht sich doch heute alles um sie, denn Frauchen Ellen Lehmann hat zur Hundeparty geladen. Der Anlass: Fünf tierisch tolle gemeinsame Jahre!
Ellen Lehmann scheint so etwas wie eine Hundeflüsterin zu sein, denn nicht nur ihre Hündin Nelly sucht ihre Nähe, sondern auch der Rest der „Meute“, wie die Seniorin die kleine Hundegruppe nennt. Vielleicht liegt es an Ellen Lehmanns positiver Ausstrahlung. Die Rentnerin ist im letzten Winter stolze 90 Jahre alt geworden und sprüht noch immer voller Lebensenergie und Freude.
Gemeinsame Gassigänge in Heisingen
Dass sie noch immer so agil ist, verdankt sie wahrscheinlich auch Nelly, denn die täglichen Spaziergänge am Baldeneysee halten beide fit. Bei diesen Gassigängen lernten Nelly und ihr Frauchen auch die anderen Hunde sowie ihre Herrchen und Frauchen kennen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich so die „Meute“, die sich jeden Tag in der Woche um 9 Uhr morgens zum gemeinsamen Gassigehen trifft. Dass sich alles so fügte, wie es heute ist und auch, dass Nelly und Ellen zusammenfanden, ist jedoch dem Zufall zu verdanken.
1981 kaufte Ellen Lehmann ein Haus an der Lanfermannfähre direkt am Baldeneysee mit einem 2.000 m² großen Garten. Als sie dort einzog, fasste sie einen Entschluss: „Ich möchte ein Schaf, Bienen und einen Schäferhund.“ Doch noch war sie berufstätig und verzichtete vorerst auf vierbeinige Gefährten. Als sie dann 1984 ihren Job als Chefsekretärin bei Mannesmann aufgab und in Rente ging, wandte sie sich ihrer Tierliebe zu. Der erste Schäferhund kam ins Haus, die Bienen hatten sich schon von alleine angesiedelt, nur auf das Schaf verzichtete sie: „Als ich hörte, dass es Herdentiere sind, hab‘ ich es lieber sein gelassen.“
Ihr erster Hund lebte leider nicht lang. Dreimal musste die Tierfreundin miterleben, wie ihre treuen und geliebten Gefährten starben. „Sowas tut sehr weh und das wollte ich nicht nochmal miterleben.“ Ellen Lehmann entschied sich, keinen Hund mehr zu haben. Doch dann besuchte sie vor fünf Jahren eine Freundin in Freiburg, die sie überredete, ins Tierheim zu fahren. Gleich zehn Hunde standen zur Auswahl, doch nur die zweijährige Schäferhund-Mischlingshündin Nelly war gerade für eine Probezeit verfügbar.
Nelly fand direkt den Weg in Ellens Herz
Die Rentnerin knickte ein, warf ihre Entscheidung gegen einen Hund über den Haufen und nahm Nelly für eine Probewoche mit. Am Haus der Freundin angekommen öffnete sie die Autotür und Nelly sprang mit einem großen Satz aus den Wagen und verschwand in den weitläufigen Weinbergen. Stundenlang dauerte die Suche nach der Hündin - ohne Erfolg. Zurück am Haus der Freundin erwartete das besorgte Probefrauchen jedoch überraschenderweise Nelly. Sie hatte nicht nur den Weg zurück zum Haus gefunden, sondern auch jenen direkt in Ellens Herz. Die Sache war beschlossen: Nelly kam mit nach Heisingen!
Als Welpe schweren Unfall überstanden
Erst später erfuhr Ellen Lehmann, dass ihre geliebte Nelly als Welpe in Spanien einen schweren Unfall hatte bei dem sie beinahe gestorben wäre. Doch Nelly und auch ihre damaligen Retter gaben nicht auf. Obwohl die Hündin damals so entkräftet war, dass ihr Körper die eingesetzten Stahlplatten abstieß, kämpfte sie sich zurück ins Leben und läuft heute - mit zwei fingerdicken Stahlstäben in der Hüfte - gerne mit ihrem Frauchen um den Baldeneysee.
Das Wissen um Nellys dramatische Vergangenheit hat die lebensfrohe Rentnerin und ihre Hündin nur noch mehr zusammengeschweißt und so ließ es sich Ellen Lehmann nicht nehmen die glücklichen gemeinsamen fünf Jahre mit Nelly gebührend zu feiern.
Auch wenn Jule mit ihren Besitzern Ellen und Gernot Mollenhauer sowie Wickie und Jelli mit Frauchen Heike Scholten leider absagen mussten, ist der Garten mit Hundegebell erfüllt. Karin und Heinz Josef Münch kommen mit ihrem kleinen Mischling Maxi - der, angefangen von Mops und Schnauzer über Terrier bis hin zum Dackel - viele Gene in sich vereint und auch mindestens so quirlig ist wie vier Hunde gemeinsam.
Ein anderer Gast, der Schäferhund-Collie-Mischling Lissia von Helmut Seidel, ist da das genaue Gegenteil und zieht es vor, die Party unter dem Tisch liegend zu beobachten. Auch Lissia hat eine bewegte Vergangenheit - sie entkam nur knapp dem Tod in einem polnischen Tierheim.
Renate Assenmacher hingegen ist sichtlich froh, dass Ellen Lehmann sich einst gegen die Schafe entschied, denn ihr draufgängerischer Münsterländer Carlo hätte bestimmt versucht, sie zusammenzutreiben oder zu jagen. So hat sie nun die Zeit, zu erzählen, wie „bemerkenswert“ sie Ellen Lehmann findet und begründet dies gleich mit einer kleinen Anekdote: „2011 hatte mir Frau Lehmann erzählt, dass sie gerne noch einmal die Nordsee sehen würde, da habe ich ihr Noordwijk als Urlaubsort empfohlen. Das müssen sie sich mal vorstellen - da kam sie gerade aus Toronto zurück und fährt nur zwei Tage später mit dem Auto nach Noordwijk. Und das mit 87 Jahren... Unglaublich!“ Ellen Lehmann ist merklich peinlich berührt. Es soll es doch heute um Nelly gehen und nicht um sie! Als Carlos Frauchen dann noch scherzhaft hinzufügt: „Für mich ist Frau Lehmann das beste Tier im Revier!“ Schaut sie verlegen auf ihre Nelly, streichelt ihren Kopf und kontert: „Aber bellen muss ich jetzt nicht, oder?“
Ob Nelly verstanden hat, dass der Trubel in ihrem Garten zu ihren Ehren veranstaltet wurde? Vielleicht nicht. Aber ganz sicher weiß sie, dass ihr Frauchen sie über alles liebt und auch die selbstgebackenen Hundekekse von Karin und Heinz Josef Münch fand sie offensichtlich toll.
Autor:Nina Sikora aus Essen |
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