Rentner als Sondermüll

Sie haben ein Leben lang gearbeitet. Sie haben Kinder großgezogen. Sie haben unser ‚Heute’ ermöglicht. Und jetzt?

Jetzt drehen sie jeden Cent 3-mal um, rechnen, sparen, schränken sich ein, wo immer es geht… unsere Rentner: nicht alle, aber immer mehr!

Rentner in Deutschland an der Armutsgrenze. Wer irgendwie noch ‚schaffen’ kann, jobbt nebenher…
Manche wühlen im Müll – nach irgendwas Verwertbarem…
Einige sammeln Flaschen, von (gut situierten?) Gedankenlosen achtlos in die Botanik entsorgt – fürs Pfand, für ein paar Cent, die an allen Ecken fehlen…

Wenn sie es schaffen, ihr ureigenes und nachvollziehbares Schamgefühl zu überwinden, dann sitzen sie wie Bittsteller beim Amt, beantragen Grundsicherung. Dort zieht man sie aus – bis aufs Hemd. Menschenwürde – was ist das?

„Sie haben ein Auto? Na, dann haben Sie doch Vermögen!“ Vermögen! Die alte Kiste fährt grad noch, darf nicht kaputt gehen, denn Geld für Ersatz ist keines da! Doch das Auto wird benötigt. Einkäufe sind schwer, der Körper wird im Alter nicht kräftiger…

Waschmaschine, Staubsauger, Bügeleisen – zum Teil schon zwanzig Jahre alt – müssen noch halten! Egal wie!

„Sie haben eine Sterbeversicherung? Schon mit 2.000 Euro bewertet? Na, was wollen Sie dann hier? Ihnen geht’s doch gut!“
Diese Versicherung war gedacht für die einigermaßen würdige Beisetzung 2er Rentner – wenn’s mal soweit ist. Jetzt muss sie überschrieben werden – aufs Bestattungsunternehmen: „Ach, legen Sie doch schon mal fest, wie Ihr Sarg aussehen soll…!“
Kommt nicht drauf an. Geld für die Versicherungsbeiträge ist eh keins mehr da…

Die Kosten für Miete sind ‚unangemessen hoch’. „Ziehen Sie mal um! Das geht billiger! Den Umzug zahlt das Amt – selbstverständlich, für eine Ersparnis von immerhin 10 bis 20 Euro pro Monat...!“ Dass für die ‚billigen’ Wohnungen der benachbarten Wohnungsbaugesellschaft beträchtliche Nebenkosten gefordert werden und diese ‚Wohn-Klos’ in vielen Fällen Schimmel und andere Beeinträchtigungen aufweisen – wen interessiert das schon? Rentner sind doch alte Leute…

„Was denn. Sie waren selbstständig? Na, dann hätten Sie halt mehr zurücklegen sollen…!“ – Die Nase der Dame beim Amt steigt noch ein Stückchen höher…
Mehr zurücklegen! Wovon, wenn nichts da ist, wenn es gerade so zum Leben reicht?

Aus irgendwelchen Gründen scheint der bewilligte Regelsatz unterhalb des Hartz IV-Niveaus. Das ‚Warum’ wird mit irgendeiner völlig undurchschaubaren ‚Mischkalkulation’ begründet - um eine verständliche, nachvollziehbare Erläuterung hat sich der Bittsteller anderweitig zu bemühen...

Ein Leben lang ausgenommen wie Weihnachtsgänse… Steuern, Versicherungen, Sozialbeiträge – immer nur gearbeitet, immer nur gezahlt… Und jetzt?
Zum Sterben zuviel – zum Leben zuwenig! Auf den so dringend notwendigen Lichtblick warten solche Rentner für den Rest ihres Lebens…

Und – als ob das alles noch nicht reicht – braucht’s für den sozialen Aspekt einen Werbespot: „Wir sollten für alte Menschen da sein, solange sie da sind…“

Autor:

Ilia Faye aus Essen-Ruhr

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