Menschenrechte im Sport – eine vereinsinterne Angelegenheit?
Die Würde des Menschen ist unantastbar. So jedenfalls lautet es im deutschen Grundgesetz, Artikel 1 (Abs. 1). Als weitere Grundrechte sind unter anderem die Rechte auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf freie Meinungsäußerung dort verankert. Auch darf niemand wegen [..] seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden...
Welchen Stellenwert aber haben diese Grundrechte im Sport? Wie verhalten sich die großen Sport-Organisationen, wenn im Breiten- wie im Leistungssport permanent vorsätzlich und gezielt gegen diese und weitere grundlegende Menschenrechte verstoßen, wenn die Würde des Menschen ganz offen und unverblümt mit Füßen getreten wird?
Was unternehmen Sportbünde und -verbände, wenn Sportler für eigenständiges Denken ‚abgestraft’ oder gar erpresst werden, wenn statt freier Meinungsäußerung ‚Maulkörbe’ zur Tagesordnung gehören, wenn zielgerichtet gedemütigt und schikaniert wird, wenn auf bemerkenswerte sportliche Erfolge nicht Ehrung und Auszeichnung folgen, sondern übelste Nachrede bis hin zur verbalen ‚Hinrichtung’?
Welche Konsequenzen drohen Verantwortlichen, wenn psychische Gewalt im Sport zu nachhaltiger Beeinträchtigung der Lebensqualität oder gar zu gesundheitlichen Schäden des Opfers führt, wenn die Kriminalpolizei sich veranlasst sieht, wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu ermitteln, wenn dieses ‚Fertigmachen mit Methode’ nicht einmal vor Kindern und Jugendlichen Halt macht – wenn gemobbt wird, was das Zeug hält?
Die hochgradig verantwortungslose Haltung des Kanuverbandes wurde schon im Artikel ‚Kanuverband billigt Gewalt im Sport’ veröffentlicht.
Nun aber geht es darum, wie sich die höchste Organisation des deutschen Sports – der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) – der Problematik ‚Mobbing im Sport’ stellt.
In einem Positionspapier, publiziert im März 2010, spricht sich der DOSB gegen jede Form von Gewalt in der Gesellschaft aus. Daraufhin wurde der Präsident des DOSB bereits
Allerdings ergaben sich aufgrund dieses (ersten) offenen Briefes intensive Gespräche mit dem Landessportbund NRW. Fazit dieser Gespräche: Zwar möchte man im LSB NRW gern gegen Mobbing im Sport vorgehen, sieht sich jedoch außerstande, aktiv einzuschreiten: es fehlt an ‚Regularien’ - zu deutsch: man weiß um das hohe Gewaltpotential und die oft schwerwiegenden Folgen für die Opfer, beugt sich jedoch dem in Deutschland allgegenwärtigen Bürokratismus und wartet geduldig ab, bis in voraussichtlich etwa 15 bis 20 Jahren irgendein Paragraph die weitere Vorgehensweise regelt. Bis dahin dürfen die Opfer geduldig still halten, denn bis dahin sind all diese Menschrechte im Sport eine vereinsinterne Angelegenheit.
Angesichts der zahllosen Ehrungen und Auszeichnungen, die im organisierten Sport oft genug vereinsübergreifend ausgesprochen und verliehen werden, kann diese Quintessenz – dieses penetrante und verantwortungslose Weiterreichen von Zuständigkeiten – jedem Mobbing-Opfer nur wie blanker Hohn erscheinen. Daher erging vor wenigen Tagen ein zweiter offener Brief an den DOSB – sehr viel deutlicher als der erste.
Hier nur ein kurzer Auszug aus dem 3-seitigen Schreiben:
Es macht den Eindruck, als ob die Bekämpfung der Problematik ‚Mobbing im Sport’ dem Deutschen Olympischen Sportbund irgendwie egal, wenn nicht gar unbequem ist. Wie weit geht diese ‚da-halt-ich-mich-raus’-, ‚da-bin-ich-nicht-zuständig’- ‚davon-will-ich-nichts-wissen’-Haltung, wenn es in einem ‚Sport’-Verein heißt:
• küss mir die Füße, sonst mach ich dich fertig!
• kriech mir in den Arsch, sonst mach ich dich fertig!
• spreiz mal deine Beine für mich, sonst mach ich dich fertig!
Was kommt als Nächstes? Was wäre, wenn diese monatelange wiederkehrende ‚Vergewaltigung’, die ich im Kanuklub ertragen habe, nicht psychisch sondern physisch stattgefunden hätte? Ab wann fühlen sich die Herrschaften im organisierten Sport zuständig, einzuschreiten? Muss es erst (Suizid-)Tote geben?
Gleichzeitig ist jedes Opfer von Mobbing im Sport dringend aufgerufen, sich dem DOSB gegenüber zu öffnen, dort aus eigener Erfahrung zu schildern, welch massive Gewaltbereitschaft in deutschen ‚Sport’-Vereinen alltäglich geworden ist und die Forderung nach aktiven Maßnahmen gegen diese zunehmende Gewalt zu unterstützen.
Autor:Ilia Faye aus Essen-Ruhr |
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