Tierschützer: Katzenschutzverordnung erfordert keine „Katzenzählung“ auf Kosten der Stadt!

Schon seit Jahren führen der Essener Katzenschutzbund und der Tierschutzverein Groß-Essen e.V. Kastrationsaktionen bei herrenlosen Streunerkatzen durch. Doch um die Population wirksam eindämmen zu können, müsse die Katzenschutzverordnung her, fordern die Tierschutzorganisationen.
Foto: Katzenschutzbund e.V. Essen
  • Schon seit Jahren führen der Essener Katzenschutzbund und der Tierschutzverein Groß-Essen e.V. Kastrationsaktionen bei herrenlosen Streunerkatzen durch. Doch um die Population wirksam eindämmen zu können, müsse die Katzenschutzverordnung her, fordern die Tierschutzorganisationen.
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In Deutschland gibt es laut NRW-Regierung rund zwei Millionen freilebende Katzen. Allein auf Essener Stadtgebiet etwa 20.000, schätzen der Essener Tierschutzverein und der Katzenschutzbund e.V. Essen.

„Diese freilebenenden Katzen sind KEINE Wildtiere, sondern ehemalige Haustiere, die ohne menschliche Hilfe nicht überleben können“, wissen die Essener Tierschützer.
Ihre Aussage stützt sich auf jahrzehntelange Erfahrung. Seit 1977 gibt es beispielsweise den Essener Katzenschutzbund. Ebenso lange kümmern sich dessen ehrenamtliche Mitglieder um die obdachlosen Samtpfoten. „Auf sich selbst gestellt leiden diese Katzen an Hunger, sind von Parasiten und Infektionskrankheiten geschwächt, oftmals verletzt und dem Wetter schutzlos ausgeliefert“, berichten die Tierschützer. Zusammen mit dem Tierschutzverein Groß Essen e.V. führen die Katzenschützer daher schon seit Jahren Kastrationsaktionen in Essen durch. Auf eigene Kosten und zum Teil mithilfe von Landesfördermitteln. „Ein Teil dieser 20.000 verwilderten Katzen ist also bereits kastriert.“

Unkastrierte Freigänger sorgen für Probleme

Leider steige die Zahl der verwilderten Katzen trotz der bisherigen Kastrationsaktionen weiterin an, beklagen die beiden Organisationen. Der Grund: Die Streuner paaren sich mit unkastrierten Freigängerkatzen, die einen Halter haben. Zweimal jährlich werfen Katzen bis zu sieben Welpen, die wiederum mit etwa einem halben Jahr geschlechtsreif werden... und so weiter und so fort.
Ein probates Mittel gegen die steigende Katzenpopulation und das damit verbundene Elend der Streuner wäre ein einheitliches Kastrations- und Kennzeichnungsgebot für Freigängerkatzen. In mehr als 250 deutschen Städten und Gemeinden - in NRW beispielsweise in Bonn und Detmold - gibt es eine solche Kastrationspflicht für Katzenhalter bereits. In Essen tut man sich damit bislang schwer.

Schutz vor Schmerzen, Leiden und Schäden

2014 hat der Bund mit seiner Novellierung des Tierschutzgesetzes einen neuen Versuch gestartet, um dem Problem Herr zu werden: Paragraph 13b ermächtigt die Landesregierungen, in bestimmten, jeweils festzulegenden Gebieten Maßnahmen zum Schutz freilebender Katzen vor „erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden, die auf eine hohe Anzahl dieser Katzen in einem bestimmten Gebiet zurückzuführen sind“ ergreifen zu können.
Insbesondere kann „der unkontrollierte freie Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen in dem jeweiligen Gebiet verboten oder beschränkt sowie eine Kennzeichnung und Registrierung der dort gehaltenen Katzen, die unkontrollierten freien Auslauf haben können, vorgeschrieben werden“. Neu ist, dass in diesem Gesetzesnachtrag das Katzenelend als großes Problem anerkannt wird und Streunerkatzen um ihrer selbst willen geschützt werden sollen.
Im November 2015 dann hat das NRW-Umweltministerium einen „Entwurf von Materialien zur Erstellung einer solchen Verordnung“ zur Handreichung an die Kreisordnungsbehörden herausgegeben. Ziel einer solchen Katzenschutzverordnung ist, „dass sich die Gesamtzahl der freilebenden Katzen eines Gebietes durch natürliche Versterben verringert, weil diese nicht mehr unkontrolliert Nachwuchs zeugen können“.
Voraussetzung für die Umsetzung der Verordnung ist, dass die Kommune Bereiche mit besonders hohem Aufkommen an freilebenden Katzen benennt, in denen die Kastrationen bei den Streunerkatzen flächendeckend durchgeführt werden können und der unkontrollierte freie Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen, die einen Halter haben, beschränkt werden kann.

Aufruhr im Vorfeld der Katzenschutzverordnung

Von „Katzen-Volkszählung“ war in der Presse die Rede. Ein Begriff, gegen den sich die Essener Tierschützer wehren. Sie sprechen von „der Definition von ‚Hotspots‘“, nicht von einer „Katzenzählung“.
„Die Verwaltung hat keine belastbaren Zahlen über Freigänger oder wild lebende Katzen“, zitiert die WAZ Stadtsprecher Stefan Schulze. „Hotspots“ seien der Verwaltung nicht bekannt, so Schulze. Zudem gäbe es „keine Kräfte für eine Katzenzählung bei der Stadt“ und außerdem drängendere Aufgaben. Von den Kosten ganz zu schweigen.
Tierschutzverein und Katzenschutzbund können derlei Argumentation nicht nachvollziehen: „Die zahlenmäßige Erfassung der verwilderten Katzen erfolgt seit Jahren durch die ehrenamtlichen Mitglieder des Tierschutzes.“ Die straßengenaue Dokumentation der Aktivitäten dieser Katzen durch die Tierschutzorganisationen in Essen ermögliche bereits jetzt die Festlegung von „Hotspots“, also Gebieten mit einer hohen Population an freilebenden Katzen.

„Kein Personal der Stadt Essen erforderlich“

„Die Verordnung zum Schutz freilebender Katzen erkennt die Möglichkeit der Einbeziehung der Tierschutzvereine ausdrücklich an. Es ist also kein Personal der Stadt Essen erforderlich!“, so die Tierschützer.
Als weitere Voraussetzung für die Maßnahmen benennt das Tierschutzgesetz die Feststellung von „erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden“ der verwilderten Katzen. „Hierzu können ebenfalls die Dokumentationen über Tierarztbehandlungen des Tierschutzvereins Groß-Essen e.V. und des Katzenschutzbundes e.V. Essen herangezogen werden“, berichten die beiden Organisationen. Die Kreistierärzteschaft Essen habe ihre Unterstützung ebenfalls zugesagt. „Kein Amtstierarzt muss also nachts für die angeblich erforderliche Katzenzählung durch die Gebüsche krabbeln!“
Um die ermittelten Hotspots herum würden dann Schutzzonen mit einem Radius von 5 km ausgewiesen. „Dieser Radius stellt das übliche ‚Wanderungs- und Aktivitätsgebiet‘ eines Katers bzw. einer Katze dar.“
Katzen, die sich in diesen Schutzzonen aufhalten oder aufgegriffen werden, müssen nicht nur kastriert, sondern auch mit einem Mikrochip versehen und registriert sein.
„Handelt es sich um eine verwilderte, freilebende Katze, bei der Kastration, Kennzeichnung und Registrierung noch nicht erfolgt sind, trägt wie bisher der Tierschutz die Kosten für die Maßnahmen. Und nicht die Stadt Essen“, so die Essener Tierschützer.

„Stadt trägt nicht die Kosten für Kastrationen“

Ist die Freigängerkatze zahm und hat einen Besitzer bzw. Halter, muss dieser die Katze kastrieren, kennzeichnen und registrieren lassen und für die Kosten aufkommen. „Und nicht die Stadt Essen.“
„Zur Umsetzung der ‚Katzenschutzverordnung‘ ist also keine kostenaufwendige, personalintensive ‚Katzenzählung‘ nötig, da Zahlen und Befunde der letzten Jahre durch die Tierschutzvereine vorgelegt wurden.“
Und entstehende Kosten für die Kastration müssten „entweder vom Tierschutz oder vom Halter übernommen werden!“, so das Fazit der beiden Tierschutzorganisationen. Und sie warnen: „Ohne die zügige Umsetzung dieser Verordnung werden in den nächsten Jahren erhebliche Kosten entstehen und Personaleinsätze erforderlich sein, weil die stetig zunehmende Zahl an verwilderten Katzen Probleme verursacht: Beschwerden der Bürger über ‚zu viele‘ Katzen werden zunehmen und Fundtiere können nicht mehr untergebracht werden.“

Autor:

Melanie Stan aus Essen-Ruhr

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