Kupferdreh
Parkplatz auf dem Marktplatz?
Von Henrik Stan
Kupferdreh. Sternstunde der Demokratie oder Steuerverschwendung? Auch darüber dürfte man sich bis zum 24. Februar noch heftig streiten. Fest steht: Die Bezirksvertretung lehnte es ab, sich dem Bürgerbegehren für zeitlich befristetes Parken auf dem Kupferdreher Markt anzuschließen. Jetzt geht es an die Urnen.
Vor dem Tagungslokal leuchteten die Kerzen an der Weihnachtstanne, drinnen brannte der Baum. "Die Lage ist klar, wir können auf Sachvorträge verzichten", meinte Bezirksbürgermeister Manfred Kuhmichel zu Beginn einer lebhaften Debatte. Also stieg man sofort in die Diskussion ein.
So entspann sich ein Wortgefecht, in dem die beiden Lager sattsam bekannte Argumente vortrugen und sich sattsam bekannte Vorwürfe um die Ohren hauten. Es begann mit dem Eingangsstatement von Michael Müller, Fraktionsvorsitzender der CDU. "Dem Bürgerbegehren liegt ein Antrag der Werbegemeinschaft zugrunde. Gewerbetreibende schaffen Beschäftigung, und Aufgabe der Politik ist es, günstige Rahmenbedingungen für Beschäftigung zu setzen."
50.000 Euro für den Bürgerentscheid
Der Wunsch sei gerechtfertigt, die Forderungen seien richtig. Jürgen Klein (FDP) konstatierte: "Kupferdreh ist ein gebeutelter Stadtteil, der Leerstand spricht eine deutliche Sprache." Ihm missfällt, dass sich der politische Gegner über das Bürgerbegehren hinwegsetze. "Das wird einfach weggewischt, und dann reden wir über 50.000 Euro Kosten für den Bürgerentscheid."
Parken auf dem Marktplatz, auch zeitlich befristet, nannte Rolf Reithmayer, Fraktionsvorsitzender der SPD, "überflüssig und schädlich". Echten Parkdruck gebe es nämlich nur an Markttagen, wenn die Fläche ohnehin nicht zur Verfügung steht. Mithin verfehle die Regelung ihre angestrebte Wirkung.
Angelika Gabriel-Meier verwies auf die gute Erschließung Kupferdrehs durch den ÖPNV. "Kein anderer Stadtteil auf der Ruhrhalbinsel ist so gut angebunden", so die Fraktionsvorsitzende der Grünen. "Niemand macht sich die Entscheidung leicht", stellte Hans Rohrand, Fraktionsvorsitzender des Essener Bürgerbündnisses, fest. Das EBB bleibt bei seiner ablehnenden Haltung, begrüßt aber die Gelegenheit, ein breites Bürgervotum einzuholen. "Wir leben schließlich in einer Demokratie."
Eine Frage des Geldes
Dirk Kalweit (CDU): "Wir führen diese Diskussion mit einer Ernsthaftigkeit, die gerechtfertigt wäre, wenn es um dauerhaftes Parken ginge."
Kupferdreh habe in den letzten Jahren 120 Parkplätze eingebüßt. Es gebe eine eindeutige Korrelation zwischen Kundenzuspruch und Parkmöglichkeiten. Alles andere seien akademische Rechtfertigungen, die nicht mit der Lebenswirklichkeit zu tun hätten.
"Falsch!", hielt Reithmayer dagegen, der im Gespräch mit Dienstleistern und Einzelhändlern andere Motive für die Geschäftsaufgabe gehört habe.
"Ich bleibe dabei: Ich will nicht, dass mein Stadtteil verblecht wird", so Christian Sieg (SPD). Wer es ablehnt, sich nicht in eine "suggestive Unterschriftenliste" einzutragen, könne seine Haltung bei einem Bürgerentscheid zum Ausdruck bringen. "Für Situationen wie diese ist das Verfahren geschaffen worden."
Die Kostenfrage sei beileibe nicht der größte Nachteil der Prozedur, meint Kalweit. Die Zeit werde knapp. Bei einem Votum fürs Parken auf dem Markt könne frühestens im Sommer 2019 mit der Umsetzung gerechnet werden.
In diesem Punkt herrschte ausnahmsweise Einmütigkeit. Reithmayer: "Wenn der Bürger so entscheidet, muss es schnell gehen. Sonst hat keiner was davon." Im Übrigen verkaufe sich der Stadtteil schlecht: "Statt zu sagen, kommt nach Kupferdreh, hier gibt es attraktiven Einzelhandel, kriegen die Leute immer nur zu hören, dass sie hier nicht parken könnten."
Rohrand forderte erneut ein integriertes Parkkonzept für den ganzen Stadtteil. Ratsherr Hans-Peter Schönweiß (FDP) mahnte: "Wenn Kupferdreh ein Mittelzentrum mit Anziehungskraft für die Nachbarorte bleiben soll, muss man sich dem Bürgerbegehren anschließen!" Andreas Hering (EBB): "Die Argumente beider Seiten haben Hand und Fuß. Aber es haben sich erst 2.700 Menschen geäußert." Gefragt sind nun rund 43.500 Wahlberechtigte im Bezirk VIII. Heisinger, Überruhrer und Burgaltendorfer dürfen also mitentscheiden. Eine Abstimmung innerhalb Kupferdrehs lässt das Gesetz nicht zu.
Die Abstimmung brachte das selbe Ergebnis wie im April dieses Jahres. Den acht Stimmen von CDU und FDP für die Freigabe des Marktplatzes standen zehn erhobene Hände der Grünen, SPD und EBB gegenüber. Enthaltungen: keine.
Eine Frage der Zeit
Rüdiger Lohse, Leiter des Essener Wahlamts, übergab unmittelbar nach dem Votum allen BV-Fraktionen und -Gruppen sowie der Werbegemeinschaftsvorsitzenden Eva Großimlinghaus, die die Sitzung auf den Besucherstühlen verfolgt hatte, Informationsbriefe. "Sie haben Gelegenheit, ihre Argumente auf einer DIN A4-Seite zusammenzufassen", so der Amtsleiter. Die entsprechende Informationssammlung wird vor dem Urnengang veröffentlicht. "Mit 40.000 bis 50.000 Euro müssen wir rechnen", so Lohse zur Kostenfrage. "Es hängt davon ab, wie viele Bürger sich für Briefwahl entscheiden." Porto ist teuer.
Nähere Infos
Als Datum für den Urnengang wurde Sonntag, 24. Februar, festgelegt.
Parteien und Werbegemeinschaft müssen ihre Unterlagen bis zum 20. Dezember eingereicht haben.
Wahlberechtigt sind alle Einwohner der Ruhrhalbinsel, die auch an Kommunalwahlen teilnehmen dürfen.
Mindestens 15 Prozent der gut 43.500 Wahlberechtigten müssen ihr Kreuzchen fürs befristete Parken auf dem Marktplatz machen.
Das sind rund 6.525 Stimmen. Für das Bürgerbegehren waren 2.784 gültige Unterschriften vorgelegt worden.
Autor:Beatrix von Lauff aus Essen-Ruhr |
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