Messen Sie nach, was Ihnen bleibt!

Nach fünf Jahren Ratsarbeit ist es Zeit für eine Bilanz. Was hat sich getan in unserer Stadt? Geht man dieser Tage durch Essen, fällt vor allem ein Thema ins Auge: Schultoiletten! Da ist freilich nichts passiert. Stattdessen wurden Schulhausmeister gestrichen. Ob der Plakatwahlkampf der richtige Ort ist, um glaubhaft Reue auszudrücken und Besserung zu geloben?

Die Schultoiletten stehen symbolisch für die Stadtpolitik insgesamt. Ob Schulen oder andere Gebäude, ob Sportanlagen oder Bäder, ob öffentlicher Nahverkehr oder Straßenbau: Wir leben von der Substanz. Häuser verfallen, Geräte laufen auf Verschleiß, so wie die Schienen und der EVAG-Fuhrpark. Dieser Substanzverzehr bedeutet einen laufenden Werteverfall des städtischen Besitzes mit hohen Folgekosten, wenn eine Erneuerung nicht mehr zu vermeiden ist. Erneuern statt scheuern? Langfristig käme Instandhaltungbilliger.

Ein anderer Dauerbrenner war das Recht auf einen Kita-Platz. Was aber sind ausreichend Kita-Plätze? Mit der Umwandlung von Vollzeitplätzen in Teilzeitplätze wurde zwar die Statistik geschönt. Doch berufstätige Eltern können mit 20-Stunden-Plätzen nicht viel anfangen. Inzwischen werden Tagesmütter eingesetzt, um die Versorgung einigermaßen hinzubekommen. Damit spart die Stadt auch Geld, denn Tagesmütter sind billiger als Kitas. Sie sind aber schon aus fachlichen Gesichtspunkten kein wirklicher Ersatz. Und fast 200 Kinder mit Rechtsanspruch stehen noch immer auf der Warteliste des Jugendamtes. Die Essener Kita-Landschaft: Stückwerk und Schönfärberei.

Andere städtische Leistungen wurden radikal zurück geschnitten. 2011 wurde das Jugendzentrum Papestraße geschlossen. Die Weststadthalle ist kein tauglicher Ersatz. Weder die Räume noch die Ausstattung sind vergleichbar, ganz zu schweigen vom Wegbrechen der gewachsenen Strukturen. Der „Treffpunkt Altendorf“ ist auf einen kläglichen ehrenamtlichen Rest geschrumpft, nachdem die Stadt die Weiterfinanzierung verweigert hat. Es fehlen in vielen Stadtteilen Essens soziokulturelle Zentren als Begegnungsstätten für Jung und Alt, als Treffpunkte für Kultur- und freie Initiativen, und die Stadt unternimmt keinerlei Anstrengungen dazu, nicht einmal dort, wo es – siehe Bärendelle – mit geringem Mitteleinsatz möglich wäre.

Die Schulsozialarbeit in Essen wird faktisch eingestellt. Erst sind 7,5 Millionen eigentlich zweckgebundener Gelder ungenutzt im Haushaltsloch verschwunden. Dann hat man halbherzig etwas Schulsozialarbeit eingeführt. Und jetzt, wo die Gelder vom Bund auslaufen, macht man alles wieder dicht. Schulsozialarbeit aber ist unverzichtbar für die Arbeit der Schulen. Sie muss weitergeführt werden, aus welchem Topf auch immer.

Gekürzt wird auch direkt am Personal, und zwar nach der Methode Rasenmäher“. Seit dem berüchtigten „1000-Stellen-Beschluss“ des Viererbündnissesaus CDU, FDP, EBB und GRÜNEN vom Juni 2010 herrscht bei der Stadt Einstellungsstopp. Leistungseinschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger, Arbeitsverdichtung und ein rekordverdächtiger Krankenstand bei der Stadt sind die Folge. Auch die Weiterbeschäftigung befristet Beschäftigter und die Übernahme von Auszubildenden ist weitgehend ausgesetzt. Zusätzlich werden Beschäftigten Tariflöhne vorenthalten wie bei der EABG oder bestehende Tarifverträge durch Ausgründungen, Leiharbeitund andere Konstruktionen unterlaufen.

Ganz konkret sichtbar sind die Folgen bei der Lebensmittelüberwachung.Schon vor gut einem Jahr hat das Rechnungsprüfungsamt festgestellt, dass die Kontrollen nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt werden könnten. Insbesondere unangemeldete Kontrollen blieben nahezu völlig aus. DIE LINKE konnte zwar weitere Personalkürzungen verhindern. Ein Beheben des Missstandes warmit der Ratsmehrheit aber nicht zu machen. Der Burger-King-Skandal zeigt: Schwarze Schafe in der Lebensmittelbranche müssen sich in Essen keine Sorgen machen, der nächste Skandal ist programmiert.

Die praktisch nicht vorhandenen Öffnungszeiten im stolz eingeweihten Haus der
Geschichte gehen maßgeblich auf den 1000-Stellen-Beschluss zurück. Auch bei den Kürzungen in der Folkwang Musikschule und den Stadtteilbibliotheken ließ die Stadt nicht mit sich über geringfügige Beträge reden. Beim Bürgerbegehren KulturgutEssen wurden willkürlich Unterschriften nicht anerkannt und behauptet, die Kürzungen seien bloße Verwaltungssache. Der Bürgerwille wird ignoriert, bis darüber – voraussichtlich im Herbst – gerichtlich entschieden wird. Die Straßen haben Löcher, das Stadtsäckel auch. Was bleibt? Messen. Hier werden Millionenbetrge investiert. Der von der Partei DIE LINKE mit angeschobene Bürgerentscheid hat den Kosten glücklicher Weise einen Deckel aufgesetzt. Doch auch der jetzt diskutierte Umbauplan mit bis zu 80 Millionen Euro ist immer noch gigantisch. Da tun jetzt CDU bis GRÜNE so, als wäre alles gut, dabei fehlt immer noch ein tragfähiges Messe-Konzept , das Umbauten in diesem Umfang erst rechtfertigen könnte. Allein mit dem Geld, das für die Messe Essen verpulvert wird, könnte man einen Großteil der oben genannten Probleme lösen. Andere haben was übrig für Messen. Wir haben was übrig für Essen!

Von Götz Lange und Ralf Fischer

Autor:

Daniel Kerekeš aus Essen

Daniel Kerekeš auf Facebook
Daniel Kerekeš auf Instagram
Daniel Kerekeš auf X (vormals Twitter)
following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.