Krankenhausreform
Gesundheitsdialog der FDP Werden zur Krankenhausreform und zum Medizinstandort Ruhr

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Mitte Oktober hat die FDP in Essen-Werden zu einem Dialogabend mit dem Ärztlichen Direktor des Uniklinikums Essen, Professor Dr. Jochen Werner, in den Golfclub Essen-Heidhausen eingeladen, und über 40 Teilnehmer sind dieser Einladung gefolgt. Der Medizinstandort Ruhr steht im Zuge der Krankenhausreform aktuell vor ernst zu nehmenden Herausforderungen. Während die Reform einerseits die Effizienz und Qualität der medizinischen Versorgung verbessern soll, zielt sie anderseits darauf ab, die Kosten zu senken. Über die Auswirkungen auf die ansässigen Krankenhäuser und die Anforderungen an das Krankenhauspersonal wurde daher an diesem Abend ausgiebig debattiert. Werdens FDP-Parteichef Stefan Moors begrüßte die anwesenden Gäste und sein Vorstandskollege Professor Winfried Siffert moderierte die Diskussion.

Professor Dr. Jochen Werner hat zwei Bücher geschrieben, das erste namens „Das kranke Krankenhaus“ und das zweite und aktuellste mit dem Titel „Der smarte Patient“. Ähnlich unterteilt er auch seinen Impulsvortrag. Professor Werner stellt fest, dass unser Gesundheitssystem zwar - analog betrachtet - umfangreich ist, aber teils schlecht strukturiert und vernetzt. Es gäbe zu viele Krankenhäuser, die alle Formen von Krankheiten nebeneinander behandeln und zu wenig Spezialisierung in den einzelnen medizinischen Fachbereichen, fasst er die aktuelle Lage zusammen. Es wäre viel sinnvoller, verschiedene Medizinzweige getrennt voneinander in Spezialkliniken zu behandeln und leichte Krankheitsfälle durchgehend ambulant oder in darauf ausgerichteten Krankenhäusern zu versorgen. Die Krankenhäuser müssten viel mehr miteinander kommunizieren und – falls sinnvoll – Patienten auch in andere Häuser umverteilen, wenn dort eine bessere medizinische Spezialisierung besteht.

Aktuell scheiterten viele Ärzte an dem Mangel an Digitalisierung in unseren Krankenhäusern, so der Professor weiter. Denn gesunder Menschenverstand reiche manchmal einfach nicht mehr aus, um Krankheitsbilder einzuordnen. Es bedürfe einer gesicherten Anamnese. Professor Werner spricht sich für eine verpflichtende elektronische Krankenakte für alle Patienten aus, damit sich jeder Arzt auch im Ausland einen Überblick über alle Vorerkrankungen, Werte und Krankheiten eines Patienten verschaffen und somit individuell zugeschnitten die beste Behandlung vornehmen kann.

Eine allgemeingültige Pflicht zur ungefragten Offenlegung aller Patientendaten stößt in der FDP auf Bedenken. Denn das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung in allen Lebenslagen widerspricht einem erzwungenen Datenfluss. Einigkeit hingegen findet sich in der Notwendigkeit, umzudenken und digitaler zu werden. Im Zuge des Fachkräftemangels wird es in wenigen Jahren bereits zu einem Defizit von einer halben Millionen Pflegekräften kommen. Eine fortgeschrittene und erweiterte Technik könne hier viel Abhilfe schaffen, so der Gastredner. Auch persönlich ist er der Auffassung, man müsse schlechte Voraussetzungen mit Ehrgeiz aufwiegen und Lösungen zeitnah angehen, wenn auch in kleinen Schritten. Die Digitalisierung der Krankenhäuser sei keine Aufgabe, der man sich nur beiläufig stellen dürfe.

Besonders dürfe man sich dabei nicht zu stark von Emotionen lenken lassen, warnt Professor Werner und gibt ein Praxisbeispiel. Das Ruhrgebiet sei bereits vor der Pandemie Weltmeister in der Anzahl an Krankenhausbetten gewesen, ohne jedoch nur ansatzweise über das Kontingent an Personal zu deren Betreuung zu verfügen. Durch die Angst während der Corona-Zeit kam es sogar zu vermehrten Aufrufen nach noch mehr Krankenhäusern. Dies sei ein Beweis dafür, dass Emotionen nicht immer zu rationalen Entscheidungen führen. Jetzt, nach der Pandemie, sollen im Zuge der Reform wahllos mehrere Häuser zwecks Kostenersparnis geschlossen werden, resümiert der Mediziner. Das führe wiederum zu einem Aufschrei des ansässigen Pflegepersonals, mit dem darüber nur unzureichend bis gar nicht kommuniziert werde und welches sich in seinem Berufsbild nun noch vernachlässigter fühle als ohnehin schon.

Ein Mangel an Kommunikation und Transparenz würde schließlich zu einem Misstrauen auf allen Seiten führen und das gemeinsame Streben nach Fortschritt bremsen. Um aber die auch hinsichtlich des demographischen Wandels relevante Aufklärungsarbeit bei den Patienten zu leisten, wo diese sich wie, wann und wo am besten behandeln lassen können, bedürfe es eben jener Offenheit auch untereinander vernetzter Strukturen. Der Professor plädiert daher auf eine vom Menschen her gedachte Medizin und erläutert das Prinzip „Smart Hospital“. Behandlungsprozesse sollten demnach weitgehend digitalisiert werden und eine Datenanalyse mittels Künstlicher Intelligenz (KI) erfolgen.

Der Weg zur grundlegenden Modernisierung sei lang, aber notwendig, um wettbewerbsfähig gegenüber anderen Ländern zu bleiben, die unsere verbliebenen Fachkräfte abwerben könnten. Sollten begehrte Fachkräfte in Zukunft im Ruhrgebiet neben mangelndem digitalen Fortschritt auch auf vergleichsweise niedrige Einstiegsgehälter stoßen, werde es dort der langen Tradition und renommierten Krankenhäusern sowie medizinischen Einrichtungen zum Trotz schwierig, das Ansehen als relevanter Medizinstandort zu halten.

Insgesamt bleibt die Herausforderung umstritten, in Zukunft mit weniger finanziellen Mitteln effizienter zu sein. Umso entscheidender sei es folglich, dass Gelder jetzt zielgerichtet in die Umsetzung der Digitalisierung geleitet würden, anstatt dass sich die Politik mit weiteren Gesetzen durch das Bundesgesundheitsministerium aufhielte. Der Essener FDP-Parteivorsitzende Ralf Witzel MdL befürwortet den Grundgedanken zur Spezialisierung der Krankenhäuser und stärkeren Nutzung digitaler Assistenzsysteme. Die FDP will notwendige Strukturreformen in Angriff nehmen, ohne sich jedoch einer Einheitsregelung für die eigene Gesundheit und den eigenen Körper zu unterwerfen. Einer sensiblen medizinischen Behandlung müsse auch stets das Recht auf individuelle Entscheidungsfreiheit zu Grunde liegen.

Autor:

FDP Kreisverband Essen aus Essen-Ruhr

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