Friedliche Versammlung
Lassen sie uns wie zivilisierte Mitteleuropäer miteinander umgehen.“ Der Appell von Essens Sozialdezernent Peter Renzel blieb nicht ungehört. Gut 200 Bürger hatten sich eingefunden, um sich über die geplante Asylunterkunft an der Oslenderstraße zu informieren und mit den Verantwortlichen zu diskutieren. Es blieb friedlich. Freilich blieben aber auch viele Fragen offen.
Etwa 100 Punkte umfasste eine zuvor eingereichte Liste, die Renzel in seinem Eingangsreferat abzuarbeiten begann. „Wir haben alle infrage kommenden Immobilien überprüft“, führte er aus. „Nach unseren bisherigen Erfahrungen kehren Asylbewerber in ihr Herkunftsland zurück, sobald ihr Antrag abgelehnt wurde.“ Und: „Roma sind in Serbien und Mazedonien massiver Benachteilung ausgesetzt.“ Angesichts des Elends, in dem sie zu leben gezwungen seien, möge jeder Anwesende in sich gehen und sich fragen, wie er in einer solchen Lage handeln würde.
Man trifft sich am Runden Tisch
Bei der Bürgerversammlung wechselten sich Momente ab mit Beteuerungen guten Willens und gelegentlichen Unmutsäußerungen. Die Verantwortlichen wurden nicht müde, ihr Handeln zu rechtfertigen.
Unter zwei wesentlichen Gesichtspunkte habe man sich für eine Asylunterkunft entscheiden müssen: Wirtschaftlichkeit, vor allem aber Zeit. Die Zahl der Asylbewerber wird im Winter ansteigen. Essen muss wie alle anderen Kommunen ein zugewiesenes Kontingent unterbringen. Daran führe nun mal kein Weg vorbei. Dilldorf war von Anfang an als Notbehelf geplant. Nur wenn alle anderen Unterbringungsmöglichkeiten nicht ausreichen, wird die ehemalige Schule belegt. Wenn sich der Trend fortsetzt, wie er sich in jüngster Vergangenheit abzeichnete, ist das wahrscheinlich.
Wer die seit Wochen andauernde Debatte mitverfolgt hat, erfuhr zunächst nichts Neues. So sahen sich etliche Anwesende einer Geduldsprobe ausgesetzt. Hier und da ließ sich eine gezischte Verwünschung in Richtung des Moderators hören. Verspätete Versammlungsteilnehmer drängten sich im Foyer des Gemeindehauses unter einem Kupferrelief des Heiligen St. Florian. Getreu dessen Prinzip fragte einer: „Warum kommen die Roma denn zu uns. Schicken sie sie doch nach Bredeney.“
Schärfere Redebeiträge wurden nicht laut. Renzel blieb denn auch gelassen und konnte mit Verweis auf die Dokumentation der Immobilienverwaltung kontern, dass man auch in diesem Stadtteil nach einer Unterbringungsmöglichkeit gesucht hatte.
Nicht jeder verließ das Marienheim in der Überzeugung, dass das Szenario - ohne große nennenswerte Konflikte und nur für einen begrenzten Zeitraum - wie vorgezeichnet eintreffen wird. Unbeantwortete Fragen lassen sich vielleicht an einem Runden Tisch klären.
Das jedenfalls wünscht sich Sozialdezernent Peter Renzel.
Sachstand:
Die Asylunterkunft ist für 80 Personen vorgesehen und kann ab Januar 2013 belegt werden.
Die Nutzung der Dilldorfer Schule ist auf sechs Monate begrenzt. So lang gilt die Genehmigung des Bauordnungsamts.
Über die weitere Zukunft der Immobilie wurde noch nicht entschieden. Eine Vermarktung sei weiterhin möglich, so die Verwaltung.
Mit Einzug der Asylbewerber erhält die Unterkunft einen Hausverwalter. Polizei und Ordnungsamt erstellen ein Sicherheitskonzept. Anwohner sollen sich direkt an eine Hotline wenden können.
Mitarbeiter von Caritas und Diakonie kümmern sich um die Betreuung der Flüchtlinge. Sie sollen nach Wunsch des Sozialdezernenten mit Anwohnern und Sicherheitskräften einen Runden Tisch bilden, um Konflikten vorzubeugen und Problemen zu begegnen.
Autor:Lokalkompass Essen Ruhr aus Essen-Ruhr |
2 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.