CDU Kupferdreh/Byfang-Kamingespräch
Christliche Bekenntnisschulen in der Diskussion
Bürger & interessiertes Fachpublikum zu Gast beim Politischen-Kamingespräch der CDU
Am vergangenen Freitag fand das diesjährige Politische-KLARTEXT-Kamingespräch der CDU Kupferdreh/Byfang im Frühjahr statt, zu dem der CDU-Vorsitzende, Ratsherr Dirk Kalweit, zwei Vertreter der beiden großen deutschen Volkskirchen zum Thema „Die Zukunft der christlichen Bekenntnisschulen?“ begrüßen konnte. In dem bis auf den letzten Platz gefüllten Kaminzimmer führten die Gäste des Abends, Pfarrer Dietmar Klinke vom Schulreferat der Ev. Kirche und Harald Gesing vom Dezernat für Schule und Hochschule im Bistum Essen, durch zwei fachlich fundierte und spannend vorgetragene Impulsreferate in das Thema ein, um sich im Anschluss daran dem klassischen intensiven Bürger-Dialog zu stellen.
Geschichte des Schulwesens in Deutschland
Die kirchlichen Gäste des Politischen-Kamingespräches machten am Anfang ihrer Impulsreferate deutlich, dass das Schulwesen in Deutschland ursprünglich von den Kirchen begründet, geleitet und verwaltet wurde, und von Anfang an christlich konfessionell geprägt war. Erst seit 300 Jahren hätten schrittweise die Länder und Gemeinden das Schul-, insbesondere das frühere Volksschulwesen übernommen, und erst im Rahmen des Kulturkampfs wären die Schulen unter staatliche Schulaufsicht gestellt worden. Die demokratischen deutschen Verfassungen des 19. Jahrhunderts regelten den Ausgleich zwischen öffentlichen und kirchlichen Bildungsansprüchen. Besonders in den Nachkriegsjahren, in den Jahren nach der Nazidiktatur, kam es im Westen Deutschlands zu heftigen politischen Auseinandersetzungen, welche der beiden Schulformen (Gemeinschaftsschule versus Bekenntnisschule) die verfassungsrechtliche Regelschule darstellen sollte. Sollte der Staat - nach den Erfahrungen der Nazizeit mit der staatlich verordneten Indoktrinierung der Kinder – erneut Träger der/von Schulen sein? Im Kontext dieser Diskussion bekannten sich viele neuentstehende Bundesländer zu den christlichen Bekenntnisschule, in NRW wurden sie in der Landesverfassung verankert.
Zahlen zur Schullandschaft in NRW und Essen
Neben den historischen Aspekten standen dann Zahlen im Blickpunkt der Informationen beim Kamingespräch. So erfuhren die Gäste des Abends, dass aktuell über die Hälfte der Grundschulkinder in Nordrhein-Westfalen christlichen Glaubens sind. 36,8 Prozent der Grundschulkinder in NRW sind katholisch getauft, 24,6 Prozent evangelisch. 17 Prozent sind konfessionslos und 16,2 Prozent islamischen Glaubens. Tendenz steigend. Für die Grundschulkinder stehen in NRW rund 3000 Grundschulen zur Verfügung, 1942 Gemeinschaftsgrundschulen und 975 konfessionell gebundene. Von den 527 öffentlichen Hauptschulen sind 486 Gemeinschaftsschulen und 41 katholische Bekenntnisschulen.
In Essen gibt es zum aktuellen Schuljahr 2014/15 62 Gemeinschaftsgrundschulen (+12 Abzweige), 20 städtisch katholische und 2 städtisch evangelische Bekenntnisgrundschulen. Nur in den Stadtbezirken 5 und 9 gebe es kein Angebot an städtischen Bekenntnisgrundschulen. Von den insgesamt im Schuljahr 2014/15 4.598 Grundschulkindern in Essen, sind 32,7 Prozent (1.502) katholisch, 21,4 Prozent (982) evangelisch, 23,3 Prozent (1.071) muslimisch und 22,6 Prozent (2.359) ohne/bzw. mit anderer Konfession. Mehr als die Hälfte der Essener Grundschulkinder, also 54,0 Prozent (2.485), sind christlichen Bekenntnisses.
Katholische Bistümer und evangelische Landeskirchen stimmten dem 11. Schulrechtsänderungsgesetz zu
Die Gäste des Politischen-Kamingespräches, Pfarrer Dietmar Klinke und Harald Gesing, machten deutlich, dass in Absprache und mit Zustimmung der betroffenen kath. Bistümer und Ev. Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen zukünftig in einem vereinfachten Verfahren christliche Bekenntnisschulen in konfessionslose Grundschulen umgewandelt werden könnten. Ein Punkt dieser Zustimmung sei darin begründet, dass in 75 der knapp 400 NRW-Kommunen ausschließlich städtisch konfessionelle Bekenntnisgrundschulen angeboten würden und damit - gerade in einer bunter und religiös heterogener werdenden Gesamtgesellschaft - die freie Schulwahl für Eltern nicht gewährleitet werden könne. Hier hätten auch die Kirchen einen ausdrücklichen politischen Handlungsdruck verspürt. Gerade für Kommunen wie Essen, in der es ein breites Grundschulnetz von Gemeinschafts- und Bekenntnisgrundschulen jedoch gäbe, seien – aus kirchlicher Vor-Ort-Sicht - auch kritische Stellungnahmen zum Schulrechtsänderungsgesetz zu vernehmen. Die rechtlichen Voraussetzungen zur Umwandlung von Bekenntnis- zur Gemeinschaftsgrundschule sind nun:
- Wenn mehr als die Hälfte (50 Prozent + 1) der Eltern dafür stimmten. Bislang war eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.
- Zehn Prozent der Elternschaft einer Schule die Befragung beantragt. Bisher waren 20 Prozent erforderlich.
- Zudem bekommen die Kommunen als Schulträger ein Initiativrecht und können eine Elternabstimmung selbst in Gang setzen.
Fazit des Abends
Pfarrer Dietmar Klinke und Harald Gesing machten deutliche, dass es ein klares Interesse seitens der Kirchen und – dokumentiert aufgrund der großen Nachfrage der Eltern nach christlichen Bekenntnisschulen – auch der Elternschaft gäbe, Bekenntnisschulen weiterhin gemäß der Verfassung zu fördern.
Christliche Bekenntnisschulen böten gerade in einer sich zunehmenden Entkirchlichung gar Säkularisierung von Teilen der Gesellschaft die Chance, einem fundamentalen Wesensmerkmal des Menschen, der Gläubigkeit, Ausdruck zu verleihen und Verwurzelung, Tradition, Orientierung und Werteerziehung, kurz gefasst eine religiös christliche Sozialisierung, zu betonen. Und zwar nicht fakultativ, sondern obligatorisch. Gerade deshalb sei der Wunsch der Eltern nach christlicher Erziehung ungebrochen. Selbst bekenntnislose und muslimische Schülerinnen und Schüler besuchten deshalbbewusst und zahlreich christliche Bekenntnisschulen. Sie stellten mindestens 20 Prozent an katholischen Bekenntnisschulen und ca. 27 Prozent an evangelischen. Eine Segregation, eine Trennung der Gesellschaft durch Bekenntnisschulen fände definitiv nicht statt! Im Gegenteil! An dieser Schulform fände eine gelungene und gelebte Integration statt. Beispiel Josefschule in Kupferdreh: Nur 60,7 Prozent der Kinder sind katholisch getauft, etwa eine gleichgroße Anzahl von evangelischen und muslimischen Kindern sowie ein weiterer Anteil von Kindern ohne Konfession komplettierten die Schülerschaft.
Zum Abschluss des Politischen-Kamingespräches wurde sowohl seitens der Referenten als auch der zahlreichen Gäste deutlich, dass zum Leitbild einer bunter werdenden, vielfältigeren und pluraleren Gesellschaft ebenso gleichberechtigt eine farbige Bildungslandschaft dazugehören sollte, gar muss. Statt schulischer Uniformität sollte eine akzentuierte Profilbildung, Differenzierung und Schulvielfalt vorhanden sein.
Autor:Dirk Kalweit aus Essen-Ruhr |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.