A44: Lärmschutz für 16 Millionen Euro - Politiker fühlen sich verschaukelt
Für die roten Köpfe war nicht das hochsommerliche Wetter verantwortlich. Vielmehr entlud sich Druck aus dem Kessel, als zwei Ingenieurinnen des Landesbetriebs Straßen NRW in der BV Ruhrhalbinsel Bericht erstatteten. Die Aussprache über Lärmschutz erreichte stellenweise einen ziemlich hohen Lärmpegel.
Text von Henrik Stan
Und auch die Luft brannte. Dem Besuch von Nicole de Witt und Anja Brinkmann waren schließlich etliche Briefwechsel vorausgegangen, über deren „wenig konstruktiven Ton“ sich de Witt gleich zu Beginn beschwerte.
Rolf Reithmayer (SPD) rechtfertigte die zuletzt ruppigen Formulierungen: „Ich erinnere daran, dass die Bezirksvertretung massiv verärgert war, über einen langen Zeitraum nichts von Straßen NRW gehört zu haben.“ Der Planerin Brinkmann gelang es mit einem informativen Vortrag, die Wogen zu glätten. Allerdings nur vorläufig. „Wir haben die Sanierung der Lärmschutzwände vorangetrieben und für die Genehmigung gekämpft.“ Die lange „Sendepause“ des Landesbetriebs erklärte sie mit dem umfangreichen Verfahrensweg über das Landes- und Bundesministerium.
Die Maßnahme
Rechtlich handele es sich um eine Sanierung und darum um eine freiwillige Leistung des Bundes. Außer Frage stehe, dass die existierenden Lärmschutzwände ihren Zweck nicht mehr erfüllen. An 462 Punkten wurden nachts Überschreitungen des zulässigen Grenzwerts von 57 Dezibel in Wohngebieten festgestellt.
„Bei unseren Planungen mussten wir einen Weg zwischen Schutz der Bevölkerung und wirtschaftlichen Abwägungen finden“, erklärte Brinkmann. Der Kompromiss sieht so aus: Zwischen den etwa 2,2 Kilometer auseinander liegenden Anschlussstellen Kupferdreh-Nord und Überruhr ersetzen Lärmschutzwände aus hochabsorbierenden Aluminiumkassetten die vorhandenen Wandelemente aus Kunststoff.
Auf der Ostseite sind sie bis sechs, auf der Westseite bis kurz hinter der Hinsbecker Löh drei Meter hoch. Als Befestigung dienen Stahlpfosten. Die Aufständerung wird instandgesetzt.
2015 wurde die Maßnahme in Berlin beantragt. Das Bundesverkehrsministerium haben stellenweise nur zwei Meter hohe Wände genehmigen wollen, so die Ingenieurin. Bei einem Ortstermin im vergangenen Jahr habe man aber Überzeugungsarbeit für diesen jetzt gültigen Entwurf leisten können. Für 17 Häuser an der Strecke ergibt sich eine Schutzlücke, die Bewohner haben Anspruch auf passive Lärmschutzmaßnahmen, z.B. Dreifachverglasung.
Keine Entlastung für Heisingen
Heisingen wird nicht entlastet. „Was wir umsetzen, geht von einer Prognose für 2025 nach der Durchbindung der A44 und Fertigstellung des Ruhrallee-Tunnels mit entsprechendem Mehrverkehr aus“, sagte Brinkmann.
Die Einwände
CDU-Ratsherr Dirk Kalweit ist die Strecke mit einem Akustik-Ingenieur abgelaufen und kommt aufgrund der Messergebnisse zu dem Schluss, dass die Maßnahmen von Straßen NRW nicht ausreichen. „Für effektiven Schutz müssen Bogenschutzwände errichtet und grobporiger Asphalt aufgebracht werden“, so seine Forderung.
Er bezweifelt zudem, dass es sich um eine Sanierung handelt. „Planerisch haben wir es mit einem Neubau zu tun. Sie gehen nämlich von der überholten Voraussetzung der ursprünglichen Ortsumfahrung Kupferdrehs mit einer Bundesstraße aus.“
Bogenschutzwände, die ins Lichtraumprofil der Autobahn ragen, seien nicht unbedingt besser und teurer im Unterhalt, entgegnete Brinkmann. Flüsterasphalt, auch als „OPA“ bekannt, eigne sich nicht für Brücken, das hat mit dem Wasserabfluss des Fahrbahnbelags zu tun.
Kalweit ließ nicht locker: Der Stauseebogen bleibe praktisch außen vor. Und beim Thema Optik schlugen die Wellen noch einmal hoch. Selbst im Kupferdreher Innenstadtbereich sollen die Wände so trist aussehen wie auf der gesamten Distanz. „Das ist eine optische Beeinträchtigung, die wir nicht hinnehmen können“, schimpfte der Ratsherr.
Reithmayer brachte es auf den Punkt: „Grau ist grausam.“ Auf Wunsch der Stadt Essen, so erklärte es de Witt, erhält die Wand in Höhe des Kupferdreher Markts einen Farbverlauf von dunkel oben nach hell unten. Straßen NRW bevorzugt eigentlich die umgekehrte Reihenfolge, das mindere den massiven Eindruck des Bauwerks. Begrünung ist nicht vorgesehen. „Das hat ja eindeutig die Stadt verbockt“, sagte Hans Rohrand (EBB) kopfschüttelnd.
Immerhin konnte Brinkmann ausschließen, dass sich die Bauarbeiten negativ auf die laufende Renaturierung des Deilbachs auswirken, wie Angelika Gabriel-Meier (Grüne) befürchtet hatte. Im Falle der der Parkplätze bat Wilhelm Kohlmann (CDU) inständig um rechtzeitige Informationen, wenn es zu Beeinträchtigungen kommen sollte. Seinen Vorschlag, für Detailfragen einen Runden Tisch einzurichten, beschied de Witt knapp: „Zu diskutieren gibt es da nicht mehr viel.“ Kohlmann entgegnete: „Wenn sie den Gesprächsbedarf nicht sehen, dann fehlen mir die Worte.“
War es das?
War es das jetzt? Bezirksbürgermeister Kuhmichel hofft noch auf Verbesserungen, insbesondere in puncto Erscheinungsbild. „Es gibt weitere Fragen und die drängen. Die Bezirksvertretung wird sie in Extra-Gesprächen vertiefen und nach Lösungen suchen.“
Im Wortlaut: Dirk Kalweit:
„Als die Bundestraße umgewidmet wurde, hieß es, das einzige, was sich ändert, ist die Farbe der Schilder. Dann kam Tempo 100, dann die Planungen zur durchgehenden Nord-Süd-Autobahn, jetzt hört und sieht man die Autobahn in ganz Kupferdeh. Das ist eine unfassbar massive Beeinträchtigung, die sich negativ auf den Stadtteil auswirkt.“
Bauarbeiten
- Die Bauarbeiten beginnen noch in diesem Sommer. An der Auffahrt Kupferdreh werden in Fahrtrichtung Essen Rechtsabbiegespur und Rampe für maximal zwölf Wochen gesperrt. Umleitungen führen über Dilldorf.
- Zeitgleich nimmt Straßen NRW die Sanierung der Stützwand „Schaewen“ in Angriff. Hierfür wird der Verkehr Richtung Velbert über verengte Fahrspuren geführt.
Rodungsarbeiten entlang der Strecke fangen im Oktober an, was ebenfalls verengte Fahrspuren zur Folge hat.
- In der nächsten Bauphase ab der zweiten Jahreshälfte 2019 wird zunächst die Brücke verstärkt und saniert, bevor man die Lärmschutzwände errichtet.
- Die Baumaßnahme soll 2020 abgeschlossen sein. Kostenpunkt: rund 16 Millionen Euro. Anschließend folgt die Instandsetzung der Ruhrbrücke.
Autor:Lokalkompass Essen Ruhr aus Essen-Ruhr |
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