Schnittiger Algenmäher: Neues Mähboot auf dem Baldeneysee gegen Elodea
Stadt und Ruhrverband kämpfen mit Technik und Biologie gegen Elodea-Plage
Text von Henrik Stan mit Fotos von Norbert Janz
Vertäut am Steg des Yachtclubs Ruhrland dümpelt ein Männertraum, naja, eher der Geburtstagswunsch eines XY-Pubertiers: Dieser schwimmende Aufsitzmäher mit Kran in spätsommerhimmelblauem Lack ist freilich ein echtes Arbeitsgerät, das den Baldeneysee algenfrei halten soll.
Dass das noch ungetaufte Mähboot aus zweiter Hand stammt und mit 180.000 Euro vergleichsweise günstig zu haben war, sieht man ihm nicht an. Entsprechend raunt das Publikum von schnittiger Form und italienischem Schick: Gefertigt und für Essener Bedürfnisse ertüchtigt wurde das gute Stück nämlich in Mailand. Für den technischen Vorstand des Ruhrverbands Norbert Jardin zählen nur Leistungsparameter. „Mit dem neuen Mähboot können wir schneller und gründlicher arbeiten“, erläutert er. Schneidbreite und -tiefe fallen deutlich größer aus als beim vorhandenen Modell „Manati“. Auch wegen der höhere Ladekapazität und des Krans, mit dem die glitschig-grüne Fracht gelöscht wird, rechnet Jardin mit einer Effizienzsteigerung von rund 50 Prozent.
Effizienzsteigerung von rund 50 Prozent
Das hört Hans-Walter Fink besonders gern. Der Vorsitzende der IG Baldeneysee vertritt die Interessen von gut 10.000 Wassersportlern auf dem und rund um den See. Mit Grausen erinnert er sich an das Algenjahr 2016, als die deutschen Rudermeisterschaften anderswo stattfinden mussten. 2018 hingegen hat Elodea keine einzige Regatta unmöglich gemacht. „Das lag am knackig kalten Winter", erklärt Petra Prodaza, Biologin beim Ruhrverband. "Niedrige Temperaturen, der See war ja im Februar sogar zugefroren, große Mengen Niederschlag und die erhöhte Fließgeschwindigkeit sind der Elodea nicht gut bekommen.“ Das bedeute allerdings nicht, dass das Segel- und Ruderrevier algenfrei bleibt. „Den Wachstumsstau können Wasserpflanzen durchaus aufholen.“ Je sonniger der Sommer, desto grüner der See, könnte man sagen.
Wassersport-Standort und Naherholungsgebiet nachhaltig sichern
Er dürfte bei anhaltendem Schönwetter auch weniger trüb sein als derzeit. Frostige Verhältnisse haben auch der Körbchenmuschel zugesetzt. Die entwickelt bei günstiger Witterung Heißhunger auf Plankton, filtert also Schwebstoffe, die den See momentan so undurchsichtig machen. Transparent und erfolgreich hat sich die Zusammenarbeit von Ruhrverband und Stadt entwickelt, wie Essens Umweltdezernentin Simone Raskob herausstellt. „In dieser Kooperation setzen wir alles daran, den Wassersport-Standort und das Naherholungsgebiet nachhaltig zu sichern.“
Im Fall des Mähboots stellt die Kommune sowohl Mitarbeiter als auch Geld zur Verfügung: Jeweils die Hälfte von Anschaffungspreis und Unterhalt, der sich bei voller Auslastung auf 150.000 Euro belaufen dürfte.
Apropos Nachhaltigkeit: „Dass wir jedes Jahr mähen müssen, ist natürlich nicht zufriedenstellend“, stellt Norbert Jardin klar. Deshalb hat der Ruhrverband ein Forschungsprogramm aufgelegt, um dem Algenwachstum beizukommen. Bis sich Erfolge abzeichnen, bleibt das Mähboot wohl unverzichtbar.
Keime
Für Aufsehen sorgte eine Untersuchung des Seewassers im Auftrag des WDR. Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum wiesen multirestente Keime nach. Mediziner gehen davon aus, dass sie für gesunde Menschen kein Risiko darstellen. Für immungeschwächte Menschen könnten sie gefährlich sein.
Forschungsprogramm
In Feldversuchen testen Wissenschaftler vier Methoden:
1. Als Konkurrenzpflanze könnte die Armleuchteralge der Elodea ihren Lebensraum streitig machen.
2. Der Prototyp eines „Rollenpflückers“ soll das Problem bei der Wurzel packen.
3. Die Rotfeder, eine heimischen Karpfenart, müsste ein guter Teil der Wasserpflanze verputzen.
4. Einen nennenswerten Effekt verspricht man sich auch von der gezielten Beeinflussung des Strömungsverhaltens im See. Dieses Projekt wird am Rechner simuliert.
Der Ruhrverband rechnet mit Fördermitteln des Umweltministeriums.
Autor:Annette Schröder aus Bochum |
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