Spiel-Raum zum Wachsen - Johann-Peter-Hebel-Schüler erlebten spannendes Projekt mit dem "Theater Petersilie"

Ganz viel Spaß hatten Benjamin, Julian, Lena und der Rest der 4. Klasse der Johann-Peter-Hebel-Schule in der vergangenen Woche, denn da wurde ordentlich Theaterluft geschnuppert. Das „Theater Petersilie“ war zu Gast an der Gemeinschaftsgrundschule in Überruhr und probte zusammen mit den Kindern den Klassiker „Till Eulenspiegel“. Stures Textlernen gab es zum Glück nicht, stattdessen trainierten die Kids praktisch „nebenbei“ ihre sozialen Kompetenzen.  Foto: Lukas
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  • Ganz viel Spaß hatten Benjamin, Julian, Lena und der Rest der 4. Klasse der Johann-Peter-Hebel-Schule in der vergangenen Woche, denn da wurde ordentlich Theaterluft geschnuppert. Das „Theater Petersilie“ war zu Gast an der Gemeinschaftsgrundschule in Überruhr und probte zusammen mit den Kindern den Klassiker „Till Eulenspiegel“. Stures Textlernen gab es zum Glück nicht, stattdessen trainierten die Kids praktisch „nebenbei“ ihre sozialen Kompetenzen. Foto: Lukas
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Er ist der Prototyp des Narren, aus dessen Spiel so viel Weises hervorlugt: Till Eulenspiegel. Er und seine Streiche waren unlängst Thema beim Theaterprojekt „Spielräume“ an der Johann-Peter-Hebel-Schule (JPH). Wobei die Geschichte, die auf der Bühne gespielt wird, eigentlich gar nicht so wichtig ist - aber dazu später.

Eine Schulwoche lang hat sich das „Theater Petersilie“ an der städtischen Gemeinschaftsgrundschule an der Klapperstraße in Überruhr einquartiert und alle 27 Kinder des vierten Jahrgangs machen mit. Weil alle Kinder zusammen die kleine Bühne der Schul-Aula und wahrscheinlich auch das Stück sprengen würden, wurden die Mädchen und Jungen in zwei Gruppen aufgeteilt und es wurden zwei Geschichten aus dem umfangreichen Oevre an Schelmenstreichen des Titelhelden geprobt.
Die eine Hälfte der Kinder widmete sich der Erzählung „Wie Till Eulenspiegel den Schneidern etwas beibringt“, die andere Hälfte nahm sich der Episode „Wie Till Eulenspiegel einem Esel das Lesen lehrte“ an. Der schlaue Schelm aus dem frühen 16. Jahrhundert vermag die Viertklässler von heute immer noch zu begeistern: „Die Geschichten sind witzig“, findet Sadaf und die umstehenden Kinder stimmen ihr zu; „es ist aber auch etwas schwer“.
Zum ersten Mal schnuppern die Kinder der vierten Klasse Theaterluft. Im vergangenen Jahr war das Mitmachtheater „Petersilie“ schon einmal an der JPH, damals waren es ebenfalls die Viertklässler, die beim Projekt „Spielräume“ mitmachten. Die, die an der Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt standen - vom Grundschulkind zum Schüler der Mittelstufe. „Das Projekt, das von verschiedenen freien Theatern wie dem Courage, der Studio Bühne und unserem getragen wird, wird vom Kulturamt der Stadt Essen gefördert und die Schulen müssen sich darum bewerben“, erläutert Theaterpädagogin Kathrin Krone, die das „Theater Petersilie“ 2003 zusammen mit Eckart Görner gegründet hat. Gern sind die beiden in diesen Tagen wieder an die JPH zurückgekehrt: „Die Arbeit mit der Schulleiterin Frau Esser und den Lehrern hat ganz toll geklappt und wir haben uns sehr wohl und willkommen gefühlt“, freut sich Kathrin Krone.
Es ist Tag drei der Probenwoche, als der RUHR KURIER in die Aula hereinschnuppert und Theaterluft riecht. Eckart Görner fasst noch einmal zusammen, worum es ganz essentiell geht: „Gedichte, die sollte man auch nicht nur auswendig können, sondern leben. Ihr müsst da ein bisschen Leben hineinbringen.“
In der Geschichte sein, das ist es, was die beiden Theaterpädagogen den Kindern vermitteln wollen - und noch eine ganze Menge mehr. Dabei sind stures Auswendiglernen und totale Texttreue eher wenig förderlich. Statt dessen ist es für die Kinder, so Görner, „viel wichtiger, zu wissen, was man sagen soll. Nicht auswendig können, sondern in der Geschichte sein.“
Um das zu fördern, haben die Kinder größtmögliche Freiheit beim Text: „Wir können den Text umschreiben, also mit eigenen Wörtern ausdrücken“, erläutert Benjamin. Natürlich hat der Viertklässler auch kapiert: „aber die Geschichte muss beibehalten werden.“ Benjamins Klassenkameradin Sadaf erklärt: „Man kann z.B. statt ‚Oh, das ist toll’ sagen ‚Oh, das ist sowas von toll’.“ Ob man statt „toll“ auch „cool“ sagen könnte? „Nein!“, widersprechen die Kinder im Chor und beweisen sprachgeschichtliches Gespür. Precious, die im Stück die Bürgermeisterin spielt, erklärt: „Das ist ja ein mittelalterliches Stück. Da muss man schauen, dass das Wort auch passt.“
Die Sache mit der Textfreiheit ist nicht ohne: „Das ist so ein kleiner Trick von uns“, verrät Görner. „Es gibt kein bestimmtes Stichwort, das den Einsatz markiert. Die Kinder müssen beim Spiel wach bleiben, in der Geschichte sein, wissen, ‚wann bin ich dran?’. Und das gilt für alle Spieler auf der Bühne, wach zu bleiben und die Geschichte miterleben.“ Diese Freiheit beim Text halte das Spiel lebendig, so Kathrin Krone.
Freilich geht es auch hier aber nicht ohne Textkenntnis. Nach der Rollenvergabe lernt jedes Kind seinen Text. Krone: „Die Kinder kennen ihre Rolle, wissen, was sie sagen sollen und lernen in der Spielsituation die Kompetenz, ‚jetzt bin ich dran’ - auch wenn die anderen Kinder den Einsatz vielleicht gerade verpassen. Eckart Görner: „Die Kinder lernen hierbei auch, sich nicht nach den anderen zu richten.“
Bei all dem ist die Geschichte, die gerade gespielt wird, gar nicht so wichtig, finden die Theaterpädagogen. Vielmehr geht es um die Vermittlung einer ganzen Reihe von Kompetenzen: Selbstständigkeit, mutig sein,die Wahrnehmung schaffen, sich auf der Bühne groß zu präsentieren, auch wenn man innerlich unsicher ist - wahrnehmen, ‚was tue ich, wenn ich aufgeregt bin?’, sich selbst etwas zutrauen.
Aber nicht nur das Ich erfährt Stärkung, sondern im Bestfall auch die Gruppe: Gemeinsames Arbeiten an einer Sache, auch wenn man nicht mit jedem gleich gut Freund ist. Eckhart Görner: „Wenn einer auf der Bühne hängengelassen wird, stehen die übrigen 13 auch schlecht da. An der JPH klappt es mit dem Gruppenzusammenhalt prima: „Wenn einer seinen Text nicht weiß, dann helfen wir“, erzählt Precious.
„Die Aufführung am Ende der Projektwoche ist sozusagen ‚nur’ das Sahnehäubchen, wo alles einen schönen Abschluss findet. „Das Wichtigste“ aber, so Görner, „lernen die Kinder bei den Proben“.

Autor:

Melanie Stan aus Essen-Ruhr

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