50+ und arbeitslos: Diese Gruppe will helfen

Foto: Lokalkompass Dorsten

Wer seinen Arbeitsplatz als älterer Arbeitnehmer verliert, hat keine guten Karten bei der Jobsuche. Doch wer meint, dass dies nur Menschen ohne Berufsausbildung betreffe, irrt sich: Auch qualifizierte ältere Arbeitslose suchen zunehmend oft vergeblich nach einer neuen Beschäftigung. In Essen hat sich jetzt eine Selbsthilfegruppe gegründet.

Als H. S. (Name der Redaktion bekannt) ihren Job verlor, rechnete sie nicht damit, allzu lange nach einer neuen Arbeitsstelle suchen zu müssen. Denn schließlich übte sie doch eine Führungsstelle in einem qualifizierten Beruf aus und konnte Kompetenz und Erfahrung vorweisen.
Doch auch als das Geld für die Wohnung immer knapper wurde, erhielt sie nichts als Absagen. Andere machten sich sogar nicht einmal die Mühe eine Antwort zu verfassen. Die Gründe dafür sind ihr mittlerweile klar: „Überqualifiziert und zu alt“, fasst sie ihr Problem kurz zusammen.

„Bin erstaunt, dass es so etwas nicht gab“

Da sie sich von den Behörden nicht ausreichend unterstützt fühlte, kam ihr die Idee, selbst etwas bewegen zu müssen. Deshalb gründete H. S. Ende letzten Jahres eine Selbsthilfegruppe für Arbeitslose, die mindestens 50 Jahre alt sind und trotz beruflicher Qualifikation keinen Job finden. „Ich bin erstaunt gewesen, dass es so etwas in Essen noch nicht gab“, erzählt sie.
Unterstützt wurde sie bei der Gründung durch die Einrichtung Wiese e.V. , die bereits Partnerverband von über 600 verschiedenen Selbsthilfegruppen in Essen ist. So stellt Wiese e.V. kostenlos die Räumlichkeiten zur Verfügung und half bei Gestaltung der Informationsfaltblätter.
Obwohl die Gruppe erst seit kurzem besteht, ist die Resonanz schon groß. Für H. S. ist dies keine große Überraschung: „Das ständige Zuhausesein kostet Kraft. Außerdem wird man mit dem Problem alleine gelassen“, erzählt sie und fügt hinzu, dass die Gesellschaft und die Politik ältere Arbeitslose noch immer ausblende und Betroffene leichtfertig als faule Hartz IV-Empfänger abstempele.
Die Gruppenmitglieder kommen aus den verschiedensten Berufsfeldern. So arbeiteten sie früher in Hotels, im sozialen Bereich oder im Controlling. Auch eine ehemalige Chefsekretärin sei dabei. Großen Wert legt H. S. dabei auf den richtigen Umgangston innerhalb der Gemeinschaft. „Wenn man respektvoll miteinander umgeht, kann man etwas bewegen“, erklärt sie.
Der Austausch soll dabei helfen, nach den Enttäuschungen wieder Ziele fassen zu können und über die beruflichen Perspektiven zu sprechen. Außerdem komme auch der Spaß nicht zu kurz, und man könne neue Kontakte knüpfen.
Bald, berichtet H. S., wolle man sich auch zum gemeinsamen Kaffee oder zum Bowlen treffen. Ihr langfristiges Ziel sei, aus der Anonymität auszutreten, um auf die Problematik aufmerksam zu machen. Auch will sie den allgemeinen Vorurteilen entgegentreten.

Die Gruppe trifft sich jeden Montag von 14 bis 17 Uhr in den Räumlichkeiten der Wiese e.V. am Pferdemarkt 5 in der nördlichen Innenstadt. Anmeldung unter Telefon 207676.

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Johannes Gläser aus Essen-Nord

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4 Kommentare

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Renate Sültz aus Unna
am 15.01.2014 um 15:21

Ich finde diese Selbsthilfegruppe gut und kann es immer noch nicht verstehen warum Menschen in dem Alter nicht mehr zu vermitteln sind. Gerade diese Altersklasse birgt doch ein grosses Mass an Berufserfahrung. Die konkreten Ursachen dafuer werden vielfältig sein. Ich glaube nicht das es alleine am Alter liegt. Vielmehr wird es das Risiko sein, das ein hoeheres Krankheitspotenzial da ist. Auch will langjährige Berufserfahrung auch bezahlt werden aber von vielen Unternehmen nicht bezahlt werden kann.

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Hermann Schmidt aus Essen-West
am 15.01.2014 um 17:21

Das gesundheitliche Risiko wird schon ne Rolle spielen liebe Renate. Ich denke das Alter wird wohl doch eine herrausragende Rolle spielen. Das spätere Ausscheiden ist ein Knackpunkt. Für einen Personalchef und seine Angestellten ist das erst mal ein Kostenfaktor und zu dem arbeitsintensiv neue Mitarbeiter einzuweisen und und und. Ab und zu holt man die älteren Arbeitnehmer aus der Versenke um das eigene Gewissen zu beruhigen, eine anderen Anlass sehe ich da nicht.

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Wolfgang Torka aus Essen-Steele
am 17.01.2014 um 17:52

Ich sehe das genau so, wie Du, Renate. Aber Hermann hat da nicht Unrecht.
Mitarbeiter müssen heute jung, flexibel und schnell sein. Und am Besten noch die Kenntnisse eines Arbeiters mit 40 jähriger Berufspraxis besitzen.
Trotzdem drücke ich dieser Gruppe fest die Daumen und hoffe, dass sie doch einige Erfolge verbuchen kann.