Jenseits von Schminke und Stöckelschuhen
„Meine Eltern haben mich bereits mit sieben Jahren bei der DLRG angemeldet. Auf der Mode-Heim-Handwerk in Essen war das. Ich war direkt begeistert und mir war klar: Irgendwann möchte ich auch mal mit so einem Boot fahren. Und hier bin ich jetzt“, erklärt Ann-Christin Schluchtmann - aktives Mitglied bei der DLRG in Essen. Viele Stunden Rettungsdienst hat sie an ihren freien Wochenenden seitdem geleistet. Und damit ist sie nicht allein.
Das Retten von Menschen aus dem Wasser gilt als eine der körperlich anspruchvollsten Rettungs-Disziplinen, die neben Übung und Geschick auch eine ganze Menge an Kraft und Ausdauer erfordert. Eine reine Männerdomäne also? Nein sagt die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und kann neben ihren männlichen Mitgliedern auch immer mehr auf weibliche Verstärkung zurückgreifen – und den Damen sind dabei keine Grenzen gesetzt. Wie beispielsweise Ann-Christin Schluchtmann. Vor sechs Jahren hat sie bei den „JETis“ (eigentlich JET – das Jugend Einsatz Team der DLRG bereitet Kinder und Jugendliche ab 10 Jahren auf den Wasserrettungsdienst vor) angefangen und das DLRG 1x1 von der Pike auf gelernt. Mittlerweile gehört sie zum Jugendvorstand und leitet als „Teamer“ die neuen „JETis“ an. Was man denn mitbringen muss, um beim Jugend Einsatz Team dabei zu sein, wollen wir von ihr wissen. „Man sollte schon gerne Leuten helfen wollen, Spaß an der Teamarbeit haben und sich immer wieder mit neuen Situationen auseinandersetzen wollen. Und schwimmen sollte man natürlich auch können“, grinst Schluchtmann. Und im ganz normalen Wochenenddienst – wie sieht sie hier ihre Rolle? „Ich denke, ich leiste das gleiche, wie die Männer und ich habe gelernt mich durchzusetzen. Eine Frau an Bord tut jedenfalls einer Besatzung ganz gut – wir holen die Männer manchmal einfach wieder auf den Boden zurück!“
Eine ganz andere Aufgabe hat Heike Kurbjuhn, Geschäftsführerin der DLRG Essen und jedes zweite Wochenende die „Frau am Funk“. Ohne sie läuft dann nichts – nicht einmal der Gang zur Toilette. „Da wir über alle Bewegungen unserer Teams auf dem Wasser Buch führen, sind wir darauf angewiesen, dass sich die Bootsführer regelmäßig per Funk bei uns melden. So wissen wir, welches Boot gerade einen Einsatz fährt und wer nur mal schnell auf die Toilette musste“, grinst Heike Kurbjuhn. Seit 2005 ist sie selbst aktiv bei der DLRG – angesteckt vom Ehemann und ihren Söhnen. Nach einem Funklehrgang war ihr schnell klar: Das macht mir Spaß! „Anders ist dieser Einsatz auch nicht möglich. Spaß muss es einem schon machen – sonst ist man nicht bereit, sich das ganze Wochenende um die Ohren zu schlagen. Und ich weiß, ohne den Leitstellenzentralfunker hängen die Teams ganz schön in der Luft. Ich gebe beispielsweise auch Einsätze raus, vor allen Dingen die, die wir gemeinsam mit der Feuerwehr fahren, übernehme die Koordination der Teams und gebe zusätzlich auch Wetterwarnungen weiter.“ Und wie sieht die Zusammenarbeit mit den Männern an Bord aus? „Keine Probleme – die tun das, was ich sage“, lacht Kurbjuhn und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Ich bin das Zusammensein mit Männern gewöhnt – schon durch meine Söhne und meinen Mann.“
Und wie sieht es mit dem weiblichen Nachwuchs aus? Auch unter den „JETis“ sind die Mädels längst keine Besonderheit mehr. Die meisten kommen über das Schwimmtraining zum Jugend Einsatz Team. Wie auch Deborah Graage (15) und Vanessa Rau (13). „Wir haben über die DLRG unsere Schwimmabzeichen gemacht und wollten dann einfach weiter machen“, erzählt Deborah und Vanessa ergänzt: „Das sind einfach viele nette Leute hier. Alle zwei Wochen treffen wir uns, sitzen zusammen, haben Spaß und lernen gleichzeitig noch die Grundzüge ersten Hilfe und der Wasserrettung. Ich kann das nur empfehlen.“ Ob sie später auch mal beruflich in diese Richtung gehen wollen, da sind sich beide noch nicht so sicher. Aber immerhin: Deborah interessiert sich sehr für die DGzRS (Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger). Die Seenotretter sind an der deutschen Nord- und Ostseeküste jeden Tag 24 Stunden mit einer Flotte von mehr als 61 Booten einsatzbereit. „Das finde ich sehr spannend – in den Ferien möchte ich mir das mal ansehen.“ „Das mach auf jeden Fall mal“, nickt Heike Kurbjuhn ihr zu. „Starke Mädels können die da sicher auch gut gebrauchen!“
Autor:Julia Colmsee aus Essen-Süd |
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