Tanzen, Träumen, Temperamente

Hatten viel Spaß bei der Aktion in Altendorf: Emirhan und Ela. | Foto: Fotos: Gohl/Westanzeiger
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Die ersten Gitarrenklänge, die aus einem CD-Player erklingen, lassen Bilder einer südamerikanischen Bodega und eines tiefroten Sonnenuntergangs lebendig werden. Gleichzeitig durchdringt einen das Gefühl der Wärme eines lauen Sommerabends in Peru, Kolumbien oder Venezuela. So weit weg entführt Tanzpädagogin Erika Pico (35) ihre Schützlinge von der Kindertagesstätte an der Ohmstraße aber nicht. Noch nicht.

Tänzerisch nimmt die Absolventin der Folkwang-Universität in Werden die Kinder allerdings mit auf eine Reise nach Südamerika. Genauer gesagt in ihr Heimatland, nach Kolumbien. Seit einigen Wochen schon schult Erika Pico das Bewegungs- und Rhythmusgefühl der Kinder, lässt sie zudem teilhaben an ihrem südamerikanischen Temperament. Dadurch pflanzt sie ein wenig von ihrem Lebensgefühl in die Herzen der Kinder und entlässt diese selbstbewusster und fröhlicher in ihren Alltag.
Eine Theorie, eine Beobachtung, die Erika Pico schnell mit eigenen Erfahrungen belegt: „Tanzen bewegt bei den Kindern so viel. Vor allem kommen sie oftmals aus ihren Schneckenhäusern raus und trauen sich einfach etwas auszuprobieren. Ohne Angst vor Fehlern. Dazu lernen sie ihren Körper kennen, schulen ihre Koordination und entwickeln ein Rhythmusgefühl.“
Es ist zudem einfach faszinierend zuzusehen, wie gut es die inzwischen in Werden familiär verwurzelte Kolumbianerin schafft, die Kinder zu begeistern, ihnen Disziplin, Fleiß aber auch unendliche Freude an der Bewegung zu vermitteln. Die Kinder wären keine Kinder, wenn sie nicht zwischendurch einfach reden, lachen oder auch mal unaufmerksam sein würden - doch mit einer bemerkenswerten Einfühlsamkeit trifft Pico genau den richtigen Ton, wählt die richtigen Bilder, um ihren kleinen Schülern die Reihenfolge der Bewegungen und Figuren einzuprägen.
In jeder Geste, in jeder Sekunde ist zu spüren, wie sehr die Kolumbianerin Tanz lebt, das Tanzen liebt und dieses Gefühl weitergibt. Genau diese Emotion hat sie vor 16 Jahren nach Deutschland geführt. Mit einem Rucksack, einem Koffer und vielen Hoffnungen auf ein intensives Studium an der Folkwang-Universität landete sie mitten aus einem kolumbianischen Bilderbuchsommer kommend in einem tristen, grauen Revierherbst. Sie erinnert sich: „Am Anfang dachte ich, dass hier alles grau wäre und niemals warm. Es war für mich ein Kulturschock.“
Doch der währte nicht lange. Zu sehr genoss sie die Ausbildung an der Uni, wurde früh mit Auszeichnungen und Engagements überhäuft und merkte schnell, warum sie nächtelang in diversen italienischen Restaurants erst das dreckige Geschirr spülte, um mit steigenden Sprachkenntnissen auch in den Service zu wechseln, um die gleichen Teller nicht dreckig, sondern mit leckeren italienischen Speisen drapiert zu servieren. „Alleine vom Tanzen kann man in Deutschland weder im, noch nach dem Studium reich werden. Dafür ist Tanzen als Beruf zu schlecht bezahlt.“
Doch trotz aller Hindernisse blieb Pico in Essen, fand ihren Mann und als Tanzpädagogin nach der Geburt ihrer Söhne den richtigen Beruf. „Tanzen ist mein Leben. Und nur wer tanzt, der lebt.“ Wer Erika Pico beim Tanzen beobachten und erleben durfte, wie sie Kindern dieses Lebensgefühl weitergibt, der kann sie begleiten auf die Reise in eine südamerikanische Bodega, bei Gitarrenmusik, Sonnenschein und einem warmen Gefühl in der Seele und im Bauch.

Erika Pico wurde 1975 in Kolumbien geboren. Ihre erste Tanzausbildung erhielt sie im Modern Dance, im klassischen Ballett und Jazz in Kolumbien und tanzte in einigen Kompanien in Lateinamerika. 1995 begann Erika Pico ihr Studium an der Folkwang Hochschule. 1998 bekam Erika Pico für ihre erste Choreographie „Inmemorias“ beim Euroscene Festival in Leipzig eine Auszeichnung für das beste deutsche Tanzsolo. Seit 1999 ist sie außerdem Mitglied des Folkwang Tanzstudios. Nach der Geburt ihrer ersten Sohnes 2005 begann sie selbstständig als Tanzpädagogin für verschiedene Einrichtungen und das Kulturamt der Stadt Essen.

Hatten viel Spaß bei der Aktion in Altendorf: Emirhan und Ela. | Foto: Fotos: Gohl/Westanzeiger
Erika Pico ist mit jeder Faser ihres Körpers Tänzerin. | Foto: Foto: Gohl/Westanzeiger
Autor:

Sven Krause aus Mülheim an der Ruhr

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