Betreuter Toilettengang
Alltag an deutschen Schulen: Verunreinigungen und Vandalismus auf den stillen Örtchen führen dazu, dass die Schüler sie nicht mehr benutzen. Damit beginnt ein kleiner Teufelskreis: Die Schüler trinken weniger. Doch ohne ausreichende Flüssigkeit funktioniert der Körper nicht. Konzentrationmängel treten auf, die Noten gehen in den Keller. Außerdem leidet die Gesundheit, weil unter anderem vermehrt Harnweginfektionen auftreten.
Damit soll nun Schluss sein – zumindest an der Gustav-Heinemann-Schule (GHS). Am vergangenen Mittwoch wurde die erste betreute Toilettenanlage an einer Mülheimer Schule offiziell eingeweiht.
Das Prinzip ist einfach: Vor der Benutzung informiert eine Hygieneberaterin über die sorgsame Nutzung des „stillen Örtchens“ und hilft bei Bedarf auch mit Hygieneartikel aus. Vor dem Betreten der Toilette nimmt sie den Schülerausweis entgegen und trägt den Namen in eine Liste ein. Nach Rückkehr des Nutzers folgt die Kontrolle der Toilette durch die Beraterin. So kann die Schule im Zweifel herausfinden, wer für Verschmutzungen oder Vandalismusschäden in der Toilette nahe der Mensa/Cafeteria verantwortlich ist.
Betreuung finden alle gut
Die Testphase, die im Februar begann, verlief erfolgreich. „Vor der Betreuung haben viele die Toilette hier gemieden“, erzählt Thea Schäfer, stellvertretende Schülvertreterin, beim Ortstermin. „Jetzt ist sie die beliebteste Toilette in der Schule“, fährt sie fort. Zahlreiche andere Schüler bestätigen das. Sie nehmen auch gern weite Wege in Kauf, um hier her zu kommen.
Die betreute Anlage ist an drei Tagen von 9.30 bis 14.30 und an zwei Tagen von 9.30 bis 13.30 Uhr geöffnet. Die beiden ehrenamtlich tätige Beraterinnen wechseln sich während dieser Zeit ab. Ein Gehalt erhalten sie nicht, lediglich eine Aufwandsentschädigung und fröhliche Kinderaugen sind ihr Lohn.
„Ja, das Konzept hat uns überzeugt und es funktioniert sehr gut“, bestätigt auch Schulleiterin Christa van Behrend. „Seit der Einführung gab es weder Beschwerden vom Reinigungspersonal noch von den Schülern“, sagt die Schulleiterin. Ihr Dank gilt vor allem Daniela Kruse. Die Schulpflegschaftsvorsitzende an der GHS ist Mitglied des Essener Vereins „Prävention und Schulgesundheit“, der ähnliche Projekte an Essener Grundschulen initiiert hat. Sie brachte den Stein mit der Betreuungs-Idee ins Rollen.
Zahlreiche Informationsveranstaltungen folgten. Die rechtlichen Hürden wurden überwunden und dank des Schulfördervereins die Anschubfinanzierung gesichert. „Die 5000 Euro zu Beginn der Betreung sind gut angelegtes Geld“, ist sich Melanie Kornell, Vorsitzende des Schulfördervereins sicher. Ob und wann die anderen vier Toilettenanlagen in die „Betreuung“ kommen, ist allerdings noch offen. Denn für die Finanzierung ist natürlich Geld nötig. Derzeit sammeln die Klassenpflegschaftsvorsitzenden Spenden bei den Eltern ein – auf freiwilliger Basis. „Natürlich wäre es schön, wenn Sponsoren unser Projekt und vielleicht zukünftige unterstützen würden“, hofft die Schulleiterin.
„Auch über den Verein 'Prävention und Schulgesundheit' kann man als Mitglied oder über Spenden die GHS unterstützen“, ergänzt Vereinsgründerin Dr. Nadja Tatros-Tayer. „Ich habe in meiner Praxis in Borbeck sehr oft Kinder mit Infektionskrankheiten, Bauchschmerzen und Darmproblemen behandelt. Auf meine Fragen nach dem Grund erzählten viele Kinder, dass sie in der Schule nicht auf Toilette gehen. 'Die stinken' war oft ein Argument“, erinnert sich die Vereinsgründerin. Die Internistin, die inzwischen im Ruhestand ist, gründete den Verein, um das Thema Hygiene in Schultoiletten ins Bewusstsein zu bringen und den Kindern zu helfen.
Autor:Dirk-R. Heuer aus Hilden |
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