„Wann sind wir dran?“
Sportgespräch im Kettwiger Bahnhof sorgte für Zündstoff
Der Alte Bahnhof in Kettwig war die geeignete Tagungsstätte, der Essener Sportbund – ESPO - suchte das Gespräch mit seinen Vereinen im Essener Süden. So richtig interessant fanden die Anwesenden ein Thema: Was wird jetzt mit der Sportanlage an der Ruhrtalstraße?
Auf der Tagesordnung stand unter anderem auch der Punkt, der den Kettwigern unter den Nägeln brennt: Masterplan Sport – aktueller Stand, Bewertung, neue Maßnahmen.
Zunächst gab Wolfgang Rohrberg, Geschäftsführer des ESPO, einen Abriss der Ereignisse seit dem Jahr 2006, in dem der Masterplan für die Essener Sportstätten aufgelegt wurde. Er blicke auf eine „nicht ganz erfolglose“ Story zurück. Das Spardiktat hätte die ursprünglichen Pläne bestimmt, doch gerade der ESPO habe dafür gekämpft, die Anlagen der Ruhrmetropole zeitgemäß aufzuwerten. So seien seit 2008 rund 30 Millionen Euro in die Erneuerung von Sportstätten geflossen! Das Programm ende nicht 2012, die Zusage der Politik sei es, bis 2015 weitere 60 Millionen Euro in die Sport-Infrastruktur zu stecken.
Rohrberg sah den ESPO zwar als Motor der positiven Entwicklung, machte den Vereinen aber klar: „Entscheidungsträger sind nicht wir, sondern die Politik!“ Hier hatten die zahlreich erschienen Vertreter der Kettwiger Sportlandschaft einige Anmerkungen zu machen.
Jugendgeschäftsführer Gunter Paas vom FSV Kettwig hielt fest: „Es ist eindeutig, dass unser Stadtbezirk vergessen wurde!“ Es gäbe in Kettwig keine Möglichkeit für das „Aus 2 mach 1“-Prinzip, was ja Werden zum Kunstrasen geholfen hatte. Für Paas ist klar: „Jetzt einfach mal hinten anstellen und abwarten ist nicht. Dann sind die Kinder und Jugendlichen weg!“ Es wäre zum Beispiel extrem schwierig gewesen, das traditionelle Kettwiger Pfingstturnier auf Asche durchzuführen. Die umliegenden Vereine werben mit ihrem Kunstrasen: „Die graben uns das Wasser ab, wir könnten Jogi Löw engagieren, trotzdem kämen keine Kinder! An der Ruhrtalstraße muss jetzt angepackt werden, das gebietet schon die Wirtschaftlichkeit.“
Der FC Kettwig 08 war durch seinen 2. Vorsitzenden Thomas Dybowski vertreten, der Paas zustimmte: „Das ist auch in unseren Sinne. Die Konkurrenz in der Jugend ist groß, da hat Kettwig Nachteile. Wir verlieren junge Leute an Mülheim! Der Leistungssport wird auch geschwächt. Immerhin stellt Kettwig endlich wieder einen Bezirksligisten! Auch hier gibt es eine Benachteiligung. Trotz unterschiedlicher Ansichten bei den Clubs muss nun ein Gesamtkonzept her, welches Fußballer, Leichtathleten und die Schulen einbindet.“ Damit klar ist, was die Kettwiger fühlen, rief Dybowski aus: „Jetzt sind wir auch mal dran!“
Rohrberg warb aber für Verständnis seiner Position: „Die Standorte Bredeney, Werden und auch Kettwig sind nicht gefährdet. Dafür sind die Entfernungen im Essener Süden einfach zu groß. Wir brauchen eine Strategie, den Vereinen zu sagen, wann sie dran sind. Allerdings gibt es auch andere Sportarten als Fußball!“
Gerade den Leichtathleten wäre klar, dass Essen aufgrund schrumpfender Mitgliedszahlen nicht mehr 32 Rundlaufbahnen brauche. Und es müsse ja nicht immer Tartan sein, eine vernünftig wieder hergestellte Aschenbahn tue es auch. Zudem müsse man an die oft unbefriedigenden Umkleidesituationen ran.
Jörg Ostermann vom Kettwiger TV 1870 fragte nach den konkreten Vorgaben der Politik: „Wann müssen die Planungen stehen?“ Die Antwort war deutlich: „Spätestens im Herbst muss der Gesamtplan eingebracht sein. Allerdings wird 2013 ein großer Batzen der Gelder durch eine Großprojekt in Altenessen beansprucht…“ Aber 2014, 2015 sähe es wieder besser aus. Zudem werde ständig überprüft, ob aufgrund negativer Vereinsentwicklung eine Maßnahme überhaupt noch Sinn mache, so könne Kettwig auf der Liste durchaus nach vorne rutschen.
Horst Littmann, Sportwart beim Kettwiger TV 1870, fragte nach: „Besteht ein Zusammenhang zwischen Ausstattung der Anlagen und Vereinsentwicklung, was ist mit dem Schulsport und den Leichtathletik-Kindern?“ Natürlich sei es nicht Ziel des ESPO, Traditionsvereine kaputt gehen zu lassen, meinte Rohrberg, aber unglückliche Mitgliederstrukturen und Rückgänge in der Ehrenamtlichkeit bedrohten so manchen Club, der kürzlich noch solide wirkte. Horst Littmann wollte diesen Aspekt nicht übersehen, machte aber deutlich: „Funsportarten graben uns die Mitglieder ab. Da ist es doppelt wichtig, dass den Vereinen geholfen wird. Und die Aschenbahn in Kettwig ist unmöglich. Wir sollen Sportabzeichenabnahmen, Schulwettkämpfe durchführen. Wie soll das gehen? Das Kunstrasenfeld und die Tartanbahn sind unabdingbar!“
Wolfgang Rohrberg hakte ein: „Eine Tartanbahn kann man nicht versprechen.“
Elmar Hörster, Geschäftsführer des FSV Kettwig, machte seinen Standpunkt deutlich: „Ich erwarte, dass die Jugendarbeit in den Vereinen der offenen Jugendarbeit vorgezogen wird. Man darf nicht nur Skateranlagen für ein paar Kids bauen, in den Vereinen sind doch viel mehr junge Sportler organisiert!“
Und die Schulen sind ebenfalls verärgert. Lehrer Dr. Walter Jahnke vom THG war wütend: „Wie geht es weiter? Wo bleibt die zeitliche Perspektive, durch die unzumutbare Aschenbahn haben wir im Wettkampf mit Werden bald keine Chance mehr. Wir laufen seit 20 Jahren auf dem Acker rum!“
Auch Geschäftsführer Heinz Hahn, LAC-THG, war irritiert: „Eine kaputte Drainage und da neue Asche drauf – das macht doch keinen Sinn!“
Jan-Robert Belouschek vom TV Kettwig v.d.Brücke wollte es genau wissen: „Kettwig hat doch die deutlich höhere Auslastung als Werden. Und die Kettwiger haben bei Spendensammlungen für zum Beispiel die Sprunggrube gezeigt, dass sie engagiert und gut vernetzt sind. Warum also Werden und nicht Kettwig?“
Werden sei deswegen genommen worden, weil im Gegenzug die Anlage in Heidhausen geschlossen werde, so Rohrberg, und zur Tartanbahn steuere Werden eigene Mittel bei.
Vom Nachbarn könne man ja lernen, sagte Jörg Ostermann: „Gibt es Ideen, wie man solch eine Eigenbeteiligung stemmen könnte? Welchen Weg muss man wählen?“
Mit diesem Schlusswort wurden die Kettwiger Vereine aufgefordert, gemeinsam für Kunstrasen und Tartan anzutreten!
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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