Gold-Kandidat: Tischtennis-Routinier Horst Langer will den Titel bei Senioren-EM

Auf das Auge kommt es an. Horst Langer ist auch mit 74 bei der Senioren-EM der Tischtennis-Spieler in Bremen eine Institution. | Foto: Bangert
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  • Auf das Auge kommt es an. Horst Langer ist auch mit 74 bei der Senioren-EM der Tischtennis-Spieler in Bremen eine Institution.
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Was haben der Kettwiger Horst Langer (74) und Zhang Jike gemeinsam? Beide sind Weltklasse im Spiel an der meist grünen Platte, mit dem kleinen, weißen Zelluloidball und dem handlichen Schläger. Allerdings hat der amtierende Tischtennis-Weltmeister Zhang Jike aus China Horst Langer eines voraus. Er hat seinen Titel bei den Weltmeisterschaften in Paris gerade erst verteidigt. Das muss der Kettwiger bei den am Montag in Bremen beginnenden Senioren-Europameisterschaften in der AK 70 erst einmal schaffen.

Doch die Bürde des Favoriten, des zweimaligen Europa- und Weltmeisters trägt der ehemalige Banker mit der Gelassenheit jahrzehntelanger Erfahrung. Es gibt im Tischtennis wohl kaum etwas, das Langer noch nicht gesehen, noch nicht erlebt und erst recht noch nicht geschafft hat. Deutscher Mannschaftmeister ist er gewesen. 1959 damals mit seinem Bruder Jürgen und Josef Wenninghoff oder Klemens Tietmeyer im Dress des TTV Metelen. Ein Jahr später gab es quasi zur Bestätigung für die Ausnahmekönner vom TTV noch eine Deutsche Vize-Meisterschaft zu feiern. Und als 1966 die Bundesliga aus der Taufe gehoben wurde, da galten die Mannen um Horst Langer als sichere Kandidaten für die neue Eliteklasse. Doch wie das im Sport manchmal so ist, auf das Prädikat Bundesligaspieler musste er doch noch ein Jahr warten. In der Saison 1967/68 klappte es aber mit dem Aufstieg und bis 1973 gehörte der kleine TTV fest zum Establishment. Langer erinnert sich: Das war damals eine wunderschöne, etwas verrückte, aber auch unvergessliche Zeit. Neben Studium, Beruf und Familie waren wir auch noch Profis und haben dementsprechend gelebt und trainiert. Das war nicht leicht, denn jeder hat natürlich sein Recht gefordert. Aber ich habe es genossen.“
Der gebürtige Schlesier, der mit seiner Familie 1946 vor den Russen nach Westfalen flüchtete und in Metelen dann mit elf Jahren erstmals einen Tischtennis-Schläger in die Hand nahm, war zu diesem Zeitpunkt angekommen. Im Leben und im Sport. 1974 wurde er Vater, der Beruf in der Führungsetage bei der Sparkasse Essen forderte immer mehr Raum und Zeit und mit dem Abstieg des TTV in diesem Jahr aus der Bundesliga sollte sich für Langer für fast drei Jahrzehnte der Sport aus seiner Pole-Position verabschieden. „Ganz aufgehört habe ich nie, dafür gehört Tischtennis einfach für mich zum Leben dazu. Doch die Prioritäten hatten sich verändert. Wir sind dann auch nach Kettwig gezogen, doch trotz vieler intensiver Gespräche mit Reiner Forstmann habe ich immer für andere Vereine gespielt. Das soll jetzt bloß nicht arrogant klingen. Aber als ehemaliger Deutscher Meister und Bundesligaspieler wäre ich beim TVK auch nicht richtig gewesen.“

„Aber zum Glück bin ich Turnierspieler. Aber ein wenig Hilfe von Fortuna ist gut, denn am Ende entscheiden Kleinigkeiten.“ Horst Langer

Das Gespür für das richtige Timing hatte dagegen ein Vereinskollege des TSC Mülheim, der Horst Langer 2002 ungefragt einen dicken, erst einmal geheimnisvoll wirkenden Umschlag nach Hause schickte. „Drin war schon fertig ausgefüllt die Anmeldung für die Senioren-Weltmeisterschaft in Luzern. Ich brauchte nur noch unterschreiben, sie wegschicken und ein paar Wochen später hinfahren. Und seitdem bin ich wieder Tischtennis-Spieler mit Leib und Seele.“
Denn der Erfolg von Langer bei den Senioren-Titelkämpfen gab seinem Vereinskollege Recht. Gleich bei seiner ersten Weltmeisterschaft sicherte er sich den Titel. Und diese Wahnsinnsquote sollte der Kettwiger in den vergangenen elf Jahren behalten. Immer dann, wenn er bei Welt- oder Europameisterschaften antrat, dann stand er auch ganz oben auf dem Treppchen.
So kommt es nicht von ungefähr, dass er als klare Nummer eins in der AK 70 für die vor der Tür stehenden Europameisterschaften in Bremen gilt. Doch so ganz ohne Konkurrenz ist er in der Hansestadt dann doch nicht. Über 300 Meldungen gibt es in seiner Altersklasse. Daher warten auf ihn und seine härtesten Konkurrenten Bo Thorinsson aus Schweden, der SlowakeTibor Lacko und der Deutsch-Kroate Dimitrije Bilic zunächst drei Gruppenspiele. Danach geht es für die Sieger und Gruppenzweiten im 128er-Feld im K.o.-Modus weiter. „Das ist dann auch eine Gedulds- und Konzentrationssache. Aber zum Glück bin ich ein Turnierspieler. Ich kann mich auf den Moment konzentrieren und alles andere ausblenden. Doch ein wenig Hilfe von Fortuna kann man immer gebrauchen. So ein Turniertag kann auch mal gerne zehn, zwölf Stunden dauern und dann entscheiden am Ende Kleinigkeiten.“
Aber wer Horst Langer kennt, der weiß, dass er bestens vorbereitet antreten wird. Der Rest ist Erfahrungssache. Und die hat er. Wie kaum ein anderer in Europa. Und in der Welt. Zhang Jike vielleicht einmal ausgenommen. Aber der hat seinen Titel ja schon verteidigt.

Die Titelkämpfe:

Vom 27. Mai bis zum 1. Juni ist die ÖVB-Arena in Bremen Schauplatz der Senioren-Europameisterschaft im Tischtennis. Der veranstaltende Deutsche Tischtennis Bund erwartet mit über 2800 Aktiven einen Teilnehmerekord. Die teilnehmerstärkste Nation wird mit mehreren hundert Aktiven Deutschland sein. Die Spiele werden an 130 Tischen in zwei Hallen ausgetragen. „In der ÖVB-Arena bieten wir bei der Senioren-EM professionelle Bedingungen. Unter anderem wird in den Hallen der rote Tischtennisspezialboden verlegt und optimales Licht gewährleistet sein“, sagt Claus Kleyboldt, Geschäftsführer der ÖVB-Arena. In der Altersklasse 70 bei den Herren, in der Horst Langer als Titelverteidiger an den Start geht, gehen knapp 300 Aktive an den Start. Zunächst wird das Feld in Gruppen auf 128 reduziert, dann beginnt die K.o.-Phase.

Autor:

Sven Krause aus Mülheim an der Ruhr

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