Der Ober-Guru und die Wehwehchen
Nachwuchsfußballer toben sich nach Leibeskräften aus beim Feriencamp des FSV Kettwig
Die 27 Minifußballer rennen über den Platz, als ob es kein morgen geben würde. Und Frank Kuhlmann? Der steht tiefenentspannt am Spielfeldrand und strahlt.
Der engagierte Fußballtrainer leitet das Kettwiger Camp zum Abschluss der Sommerferien. Ihm zur Seite eine Handvoll von noch recht jungen Nachwuchs-Coaches, die selbst in FSV-Jugendteams dem runden Leder hinterher jagen: Linus, Tim, Elias, Josephine, Leonard, Lukas. Kuhlmann selbst hat natürlich den Kindertrainerschein des DFB, ist mit Abstand der Älteste im Team, nimmt sich selbst aber nicht so wichtig und notfalls auch auf die Schippe: „Ich bin hier der Ober-Guru.“
Kunstrasenzukunft
So ein „Guru“ muss vornehmlich Schnürsenkel binden, sich um die kleinen Wehwehchen des Alltags kümmern, allzu wagemutige Kinder von den Hügeln am Spielfeldrand herunter jagen. Dort türmt sich der Schutt, der zurzeit auf dem anderen Fußballplatz ausgekoffert wird. Dieses „Übel“ nimmt man beim FSV Kettwig aber liebend gern in Kauf. Denn die Götter - oder wer auch immer zuständig war - haben das Kettwiger Flehen um eine zeitgemäße Sportanlage endlich erhört. Unermüdlich greift sich der Bagger einen „Bissen“ Kettwiger Fußballhistorie, die bald einer glorreichen Zukunft als Kunstrasen Platz machen wird. Denn nach vielen vergeblichen Anläufen, einer oft frustrierenden Durststrecke mit Vertröstungen und einer schier unerträglichen Wartezeit ist nun auch Kettwig an der Reihe. Kuhlmann weiß es aus erster Hand, ist nämlich auch Kassierer bei der KIS, der Initiative zur Bau der modernen Sportanlage. Fast versonnen wandert sein Blick zur Baustelle nebenan: „Als der erste LKW kam, das war schon ein Ereignis. Seitdem träume ich sehnsüchtig vom Kunstrasen. Wir hoffen, dass er Ende Oktober fertig ist.“ Die Ascheplatzsituation bremst den Jugendbetrieb aus, der Verein kann diesmal keine B-Jugend stellen. Kuhlmann hat Verständnis, wenn Spieler dann zu anderen Clubs wechseln. Aber die Hoffnung ist groß: „Ich gehe davon aus, dass wir demnächst mit Kunstrasen größeren Zulauf bekommen.“
Auch als Pädagoge gefragt
Doch nun wendet sich der Blick wieder den kleinen Kickern zu. Sie sind aus den Jahrgängen 2008 und jünger, mit Feuereifer bei der Sache. Eine ausgewogene Mixtur aus Spielformen und Techniktraining begeistert die Kinder, dazu werden auch spaßige Aktionen eingestreut: „Wann machen wir die Wasserschlacht?“ Alternativen wie Brennball und Handball lockern auf. Zu putzig: Ist dem Stöpsel dort bewusst, dass er sein ManU-Trikot verkehrt herum übergestreift hat? Was ist mit dem Knaben, der etwas missmutig am Rand hockt? „Mir tun die Füße weh!“ Kaum hat sich Frank Kuhlmann gekümmert, kommt der Nächste angeschlendert: „Duuu Frank, ich möchte doch lieber bei den Grünen mitspielen.“ Warum nicht, doch Kuhlmann möchte erst eines wissen: „Welche Position spielste denn? Stürmer?“ Der junge Mann schaut irgendwie fast ein bisschen mitleidig, der Erwachsene begreift aber auch gar nichts: „Nö. Ich bin Mittelfeld!“ Jetzt muss der Kickerpädagoge aber noch einen drauf setzen: „Und warum stehst du dann vorne rum? Mittelfeld ist doch in der Mitte des Feldes.“ So, das wäre geklärt, der Unzufriedene bekommt sein Leibchen, damit die liebe Seele Ruh‘ hat.
Feierlicher Moment
Die kleinen Kicker fiebern schon dem großen Tag entgegen: „Morgen machen wir das Fußballabzeichen!“ Beim DFB-Abzeichen und seinem kleinen Bruder, dem Paule-Schnupperabzeichen, wird überprüft, wie gut die Kleinen schon dribbeln, schießen, passen und köpfen können. Zum Abschluss wird gegrillt, jeder Teilnehmer bekommt seine Urkunde, immer ein feierlicher Moment. Doch jetzt wird erst einmal gekickt, auf dem ganz großen Fußballplatz. Kuhlmann weiß, dass es auf kleineren Feldern für Jeden mehr Ballkontakte gibt, was besser fördert. Aber zum Abschluss lässt er die kurzen Beine dennoch übers große Feld fitschen: „Die Kinder haben einen unglaublichen Bewegungsdrang. Da merkt man, dass Ferien waren.“ Wie war das nochmal mit dem Knaben im Trikot von Manchester United? Aus Versehen falsch rum? Quatsch. Von wegen. Das sei sein ganz persönlicher Spleen, lässt er seinen Pressesprecher verlautbaren. Da ist er wieder, dieser mitleidige Blick, wenn ein Erwachsener mal wieder gar nix kapiert…
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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