Training mit Pedelec macht Spaß
„Nur nichts überstürzen, wenn Sie sich gleich auf das Rad setzen. Es reagiert anders als ihre normalen Räder“, sagt Prof. Dr. Gunter Zimmermeyer, stellvertretender Vorsitzender der Verkehrswacht Mülheim.
Rund 20 Männer und Frauen der ersten Gruppe sitzen in einem Klassenraum der Realschule Mitte Mülheim und hören Zimmermeyer interessiert zu. Für die Verkehrswacht führt er eine Einführung in das Pedelec- oder E-Bikefahren mit Senioren durch. Über 80 Interessierte sind gekommen, um das Training mitzumachen. Zusammen mit Polizei und RWE, das die Pedelecs zur Verfügung stellt, erläutert Zimmermeyer, was so alles zu beachten ist.
„Grundsätzlich sollten Sie beim Radfahren immer einen Helm aufsetzen“, rät der Professor. Ein wichtiger Rat, wie Bilder später zeigen werden. Zur Ausrüstung gehöre auch helle reflektierende Kleidung, am besten eine Warnweste. „Die Handy- oder die Tabletnutzung sollte beim Radfahren immer tabu sein. Trotz der geringen Geschwindigkeiten lenkt es vom Geschehen ab“, erklärt Zimmermeyer.
Er weist eindringlich darauf hin, dass im Straßenverkehr Rücksicht eine Tugend ist. „Sie können Vorfahrt haben, aber wenn sie im toten Winkel eines Lastwagens sind, sieht der Fahrer sie nicht.“ Dann nutze das Vorfahrtrecht nichts. „Zeigen sie Spurwechsel und eigenes Abbiegen frühzeitig an, damit sich die anderen Verkehrsteilnehmer darauf einstellen können“, sagt der Professor.
Sicherheit beginnt vor dem Aufsteigen
Sicherheit beginne bereits vor dem ersten Tritt in die Pedale: Funktionieren Klingel, Bremsen und Licht, ist der Sattel richtig eingestellt, sind alle Schrauben fest angezogen und sitzt der Helm richtig?
Die Pedelec-Varianten
Das gelte auch für die Nutzung von Pedelecs. Wer sich dafür entscheide, dem stehen zwei Varianten zur Verfügung. Die führerscheinlose, die das Treten unterstützt. Maximal 25 Stundenkilometer erreicht das Rad, wenn der Motor eingeschaltet ist. Eine besondere Helmpflicht besteht nicht, der normale Fahrradhelm reicht aus. Auch eine Versicherung sei nicht gesetzlich vorgeschrieben. Zimmermeyer rät, mal in die eigene Haftpflichtversicherung zu schauen, ob Schäden mit dem Rad abgesichert seien. Eine entsprechende Klausel bezeichnet er als sinnvoll.
Anders sieht das bei den S-Pedelecs aus. Für sie wird ein Führerschein benötigt, weil sie Geschwindigkeiten bis zu 40 Stundenkilometer erreichen. Für diese Räder falle eine Versicherung an. Der normale Radhelm reiche für den Betrieb nicht mehr aus – der Gesetzgeber fordert einen Motorradhelm während des Fahrens. „Und noch etwas ist wichtig: Mit den normalen Pedelecs dürfen oder müssen sie die Radwege benutzen, wo es vorgeschrieben ist. S-Pedelecs gehören dort nicht hin. Sie sind normale Straßenverkehrsteilnehmer.“
Praktisches Training hilft weiter
Nach der theoretischen Einführung folgt der praktische Teil mit Einschalten, Ausschalten, Gang einlegen, runter/raufschalten, Display, Bremsen. Dann wird geübt: Aufsteigen, Anfahren, Kurven, Schalten, Bremsen und Absteigen. Die fleißigen Helfer des RWE erläutern, wie die Schaltungen funktionieren und stellen die Fahrradhelme richtig ein. Sie und die Polizisten geben Tipps, wie man den Parcours richtig fährt und fordern zu Vollbremsungen ein.
Bereits während der Trainingsrunde zeigt sich deutlich, dass die Pedelecs anders als normale Fahrräder sind: Das Gewicht der Räder liegt mit 22 bis 26 Kilogramm deutlich über dem der normalen Drahtesel. Das führt zu einem anderen Fahr- und Bremsverhalten. Trotz des Gewichtes kommt jeder – zumindest bei eingeschaltetem Motor – schnell auf eine entsprechende Geschwindigkeit. Bei der Straßenrunde um die Schule zeigt sich, wie angenehm Fahrradfahren mit Motorunterstützung sein kann: Die Steigungen nehmen alle Teilnehmer ohne Anstrengung. Da macht Radfahren richtig Spaß und schont die Gelenke.
„Ja, das war toll“, beschreibt eine Seniorin das Fahrgefühl mit dem Pedelec. „Man wird damit viel mobiler“, fährt sie fort. Das sehen auch die anderen Teilnehmer so, die sich wenig später am Imbissstand stärken. Anschließend lassen sich fast Teilnehmer an den Ständen von Verkehrswacht und Deutschem Roten Kreuz informieren. Und auch das Fachwissen der Polizisten rund um die Straßenverkehrsordnung ist gefragt.
In Deutschland besitzen inzwischen rund sieben Prozent aller Seniorenhaushalte ein Pedelec. Im Jahr 2014 lag der Absatz der Pedelecs bei rund 480.000 Stück. Und die Zuwachsraten steigen weiter rasant an: „Deswegen führen wir diese Schulungen durch, um den Menschen den Einstieg zu erleichtern und ein Stück weit die Sicherheit zu erhöhen“, begründet Zimmermeyer die Aktion. Angesichts des großen Erfolges und der Nachfrage „werden wir weitere Trainings anbieten“, kündigt Zimmermeyer an.
Das muss ein Rad haben:
Zwei voneinander unabhängige Bremsen (Hand- und Rücktrittbremse). Am besten sind Scheibenbremsen, gefolgt vom klassischen Rücktritt oder Felgenbremsen. Bei der Wahl der Klingel darauf achten, dass sie nicht zu leise ist. Benötigt werden eine Lampe (vorne), ein weißer Reflektor (vorne), ein Rücklicht mit Reflektor und ein roter Reflektor (hinten). Zur Pflichtausstattung gehören vier gelbe Speichenreflektoren in den Speichen (Katzenaugen) oder reflektierende weiße Streifen an den Reifen oder Scotchlite Speichenreflektoren (drei Meter), wenn alle Speichen Speichenreflektoren haben. Die Pedale sind rutschfest, fest verschraubt und mit je zwei Pedalreflektoren ausgestattet. Ein Dynamo ist nicht mehr zwingend vorgeschrieben, auch Lampen mit Akku- oder Batteriebetrieb sind zugelassen. Nach der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) muss die Beleuchtung auch tagsüber funktionieren, alle Rückstrahler müssen immer vollständig vorhanden sein.
Autor:Dirk-R. Heuer aus Hilden |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.