Sitzung der Bezirksvertretung
Wohnbau an der Icktener Straße: Alle Sorgen unbegründet?
Auch gegen die neuen Pläne für Wohnungsbau an der Icktener Straße meldet die Bezirksvertretung Bedenken an. Bei der fälligen Abstimmung fand sich keine Mehrheit. Für die Wohnbauten sprachen sich ein Mitglied der Fraktion Bürgerlich Liberale und alle anwesenden CDU-Vertreter aus. Der Bezirksbürgermeister war der Aussprache ferngeblieben.
Mit 9:9-Stimmen vermerkt das Sitzungsprotokoll nun, dass die BV Bedenken hegt. Dr. Michael Bonmann ging einen Schritt weiter. Aus Protest gegen die kurze Frist, die das Stadtplanungsamt den BV-Mitgliedern zum Studium der umfangreichen Akten über drei Bauvorhaben einräumte, verließ er den Saal und mischte sich später unters Publikum.
Bezirksbürgermeister verließ den Saal
"Zehn Tage vor der Sitzung bekommen wir 400 Seiten Unterlagen. Das ist eine Zumutung. in dieser Zeit konnte ich mich nicht verantwortungsvoll mit den Unterlagen beschäftigen. Darum kann ich nicht am Verfahren teilnehmen." Für dieses Statement gab es Szenenapplaus von den Besucherstühlen.
Zwar wollte niemand Bonmann folgen, doch für seine Empörung äußerte unter anderem der BL-Fraktionsvorsitzende Hans Joachim von Hesler-Wirtz Verständnis. "Gründlich durcharbeiten ging nicht", meinte er. "Im Hinblick auf die Bedeutung der Bauvorhaben ergibt sich eine ganz dumme Situation, an der wir aber schuldlos sind."
Schon am kommenden Donnerstag, 4. April, soll der Ausschuss für Stadtplanung den Daumen heben oder senken. Berichterstatter Andreas Mueller, stellvertretender Leiter des Planungsamts, kommentierte die Aufregung lapidar: "Ein Großteil der Pläne müsste bekannt sein."
Er räumte ein, dass der ursprüngliche Entwurf "allgemeines Entsetzen" hervorgerufen habe. Von Betonklötzen war die Rede und von Schäden für die Natur. Von der Blockbebauung haben die städtischen Planer Abstand genommen. Drei "Solitäre" mit begrünten Dächern, die von der Icktener Straße aus gesehen maximal zehn Meter aufragen, hält Mueller für eine "verträgliche Lösung". Dem 122 Hektar großen Landschaftsschutzgebiet gingen lediglich 0,7 Hektar verloren. Als Ausgleichsfläche für Neubepflanzungen errechnete das Amt 3.000 Quadratmeter. Der umfangreichen Liste an Einsprüchen und Anfragen begegnet die Verwaltung mit Gutachten zu Verkehr, Entwässerung, Natur, Landschaft und Artenschutz. Ergebnis: Alle Sorgen seien unbegründet. Auch die überschaubare Anzahl neuer Wohnungen wäre ein Gewinn. Gut 30 Prozent wären geförderter Wohnraum. Der Wanderweg durchs Naherholungsgebiet sei berücksichtigt und die Renaturierung des Icktener Bachs nach wie vor möglich. Sie taucht in der Verwaltungsvorlage allerdings nicht auf, und Mueller hält sie für nicht wünschenswert. Das Wasser sei wegen Einträgen aus landwirtschaftlichen Flächen nicht besonders sauber.
Dieser Auffassung schloss sich die CDU-Fraktion an. Gabriele Kipphardt meinte, die Fläche werde ökologisch aufgewertet. "Durch den Bau können wir nur gewinnen." Ihr Fraktionskollege Wolfgang Pohl hält "einige Birken auf belastetem Boden" für nicht sonderlich schützenswert. Patrick Widmaier lobte: "Es ist gut, dass sich das Planungsamt bewegt hat."
Heike Lohmann (SPD) schlug vor, das vor sich hingammelnde Vereinsheim des TC Blau-Weiß abzureißen und ansonsten die Natur sich selbst zu überlassen. Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten Daniel Behmenburg sieht die Bedenken nicht entkräftet. "Das ist kein Paradebeispiel für eine Bürgerbeteiligung", stellt er fest. "Die Menschen wurden überfahren und überfordert." Dass die Kritiker vor der Ratsentscheidung im Mai keine weiteren Einwände vorbringen dürfen, bestätigte Andreas Mueller.
Einen Investor gibt es noch nicht
Anna Leipprand (Grüne): "Wir wollen die Bebauung nicht. Hier geht schutzwürdige Fläche verloren." Ursula Lötzer (Linke): "Der Plan trägt nichts zur Linderung des Wohnungsproblems in unserer Stadt bei."
Ob sich das Vorhaben, für das sogar der Regionale Flächennutzungsplan geändert werden muss, wirtschaftlich überhaupt lohnt, konnte Mueller nicht einschätzen: "Es gibt noch kein Projekt." Ein möglicher Investor habe sich (noch) nicht gemeldet.
Autor:Annette Schröder aus Bochum |
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