Wohn- und Gewerbegebiete: „Kettwiger Flächen nicht geeignet“
Kettwig. Selten waren sich Politik und Bürger so einig wie am Donnerstagabend im Kettwiger Rathaus: Die Grünen hatten zu einer Infoveranstaltung über Wohn- und Gewerbeflächen eingeladen.
Neue Wohn- und Gewerbegebiete will eigentlich keiner in Kettwig. Darin waren sich die Grünen-Politiker und die rund 60 Zuhörer einig. Kritik hagelte es vor allem an der Stadtverwaltung. Die hatte den Auftrag erhalten, neue Wohn- und Gewerbeflächen im Stadtgebiet zu suchen.
„Bereits vor sieben Jahren stand fest, dass die genannten Flächen für Kettwig weitgehend ungeeignet sind“, erklärte Christoph Kerscht. Der planungspolitische Sprecher der Grünen erinnerte damit an die entsprechende Ergebnisse des regionalen Flächennutzungsplanes. „Allerdings wächst das Interesse, sowohl Gewerbe als auch Wohnungen im Essener Süden anzusiedeln.“
Derzeit stünden allerdings noch 125 Hektar für Gewerbe in Essen zur Verfügung. Davon könnten 56 kurz- und mittelfristig genutzt werden. Die übrigen rund 70 Hektar seien zum Teil belastet oder dienten bis 2018 als Haldenfläche. „Für die kommenden zehn Jahre besteht also kein Handlungsbedarf, um neue Flächen auszuweisen.“
Das gelte im Prinzip auch für die Wohnungsbauflächen. Dafür stünden rund 119 Hektar auf 85 Flächen im gesamten Stadtgebiet zur Verfügung. Man müsse weg von den reinen Einfamilien- hin zu Mehrfamilienhäusern, um den Flächenbedarf zu reduzieren. Besser sei die Sanierung des Altbaubestandes oder deren Abriss mit anschließendem Neubau.
„Wir als Grüne sehen uns als Teil der Metropole Ruhr. In Städten wie Bochum stehen Flächen zur Verfügung. Wir müssen hin in Richtung einer gemeinsamen Gewerbesteuer.“ Einen weiteren Flächenverbrauch auf der grünen Wiese lehnen die Grünen ab.
„Viele der genannten Flächen in Kettwig sind aus naturschutzrechtlicher Betrachtung bedenklich.“ Das sagte Ulrike Eitner vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Die größte Fläche im Teelbruch mit rund 17 Hektar diene nicht nur als Frischluftschneise, sondern sei zudem Lebensraum für Feldlerche und Kiebitz. Letzterer ist streng geschützt. Auch die Alternative am Teelbruch zwei würde bei Bebauung dazu führen, dass geschützte Arten ihren Lebensraum verlören. Das gelte auch für fast allen anderen Flächen, die die Verwaltung vorgeschlagen hatte.
„Bei einer Umsetzung der Planungen gingen wertvolle Ackerflächen verloren“, betonte der Sprecher der Landwirte, Einhart im Brahm. Die Bodenwertzahlen der Flächen erreichen bis 80 von 100 Punkten. „Die betroffenen Kollegen benötigen die Flächen, um ihre Existenz zu sichern“, sagte der Landwirt. Auch die vorgeschlagenen Flächen für Wohnbebauung könnten existenzgefährdend werden, wenn die Wohnungen zu nahe an die Höfe herankämen. „Das könnte zu Lärm oder Geruchsbelästigungen führen“, warnte er. „Im Gegensatz zu allen anderen verliert die Landwirtschaft bundesweit jeden Tag rund 100 Hektar. Auch in Essen sind wir die einzigen, die Fläche verlieren.“ Noch beackern die heimischen Landwirte 1400 Hektar.
Das rund 60 köpfige Publikum bezweifelte, dass eine weitere Einfamilienhausbebauung in Kettwig notwendig sei. „Viele der neugebauten Häuser stehen noch leer“, sagte ein Zuhörer. Außerdem verstanden die Bürger nicht, dass die endgültigen Bauten nie denen der ursprünglichen Pläne glichen.
Allerdings könne eine Bebauung nicht komplett verweigert werden. „Aber wenn, dann bitte erst einmal bedarfsgerecht die Lücken bebauen“, so Kerscht.
Autor:Dirk-R. Heuer aus Hilden |
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