Eine nachdenkliche Fahrt nach Holland

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Besuch der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Herzogenbusch

Oskar Krüger, Jahrgangsstufe 12, THG

Eine Gruppe junger Leute ist mit dem Bus unterwegs nach Holland. Normalerweise verbinden wir damit eine Fahrt ans Meer, eine Pfingstfreizeit oder einen Ausflug zum Einkaufen. Diese so andere Fahrt führt uns zur Besichtigung des ehemaligen Konzentrationslagers in Herzogenbusch (Niederlande).

Die Gruppe besteht aus den Schülern des Geschichtskurses der Stufe 12 und ihrer Lehrerin, Frau van Laack, vom Kettwiger Theodor-Heuss-Gymnasium. Mit dem Nationalsozialismus haben wir Schüler uns bereits in der 9. Klasse auseinandergesetzt. Damals behandelten wir im Rahmen des Holocausts exemplarisch das Schicksal der Anne Frank und besuchten bereits das Anne Frank Haus in Amsterdam. Es wurde klar, dass der Nationalsozialismus keineswegs nur in Deutschland um sich griff, sondern weite Teile Europas in Schrecken versetzte. In Stufe 12 wurde das Thema jetzt weiter vertieft und die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus' mit ihren verheerenden Folgen betrachtet. Theoretisch sind wir Schüler also gut auf die Besichtigung vorbereitet.
Wir kommen an einem grauen und kühlen Oktobertag bei leichtem Regen an dem ehemaligen Konzentrationslager Herzogenbusch (Kamp Vught) an. Dieses kleinere Lager ist vergleichsweise weniger bekannt. Anders als die großen Lager im Osten, wie zum Beispiel Auschwitz oder Treblinka, war „Kamp Vught“ kein Massenvernichtungslager. In Lagerhaft befanden sich vor allem Juden, politische Häftlinge, Sinti und Roma sowie Homosexuelle - insgesamt 31.000 Männer, Frauen und auch Kinder.
Ein älterer niederländischer Herr führt uns durch die Ausstellung der Gedenkstätte und berichtet von der Geschichte des Lagers, aber vor allem auch von verstörenden Einzelschicksalen. Die Gruppe wandert ruhig und in sich gekehrt weiter zu einer nachgebauten Baracke auf dem Gelände. In die kargen ungeheizten Holzbaracken wurden jeweils etwa 200 Gefangene auf engstem Raum zusammengepfercht, untergebracht in schmalen dreistöckigen Etagenbetten. Wir stehen in unseren warmen Winterjacken auf dem Steinboden und uns ist kalt. Wie sehr müssen die Insassen hier im Winter ohne Heizung, ohne ausreichend Nahrung und angemessene Kleidung gelitten haben. Nicht wenige starben unter den katastrophalen Lebensumständen.
Auf der Rückfahrt gehen wohl allen ähnliche Gedanken durch den Kopf. Die Nazis konnten das Leben jedes Menschen durch ihre Willkür in nur einer Nacht zerstören. Die Täter waren selbst Ehemänner, Mütter oder Nachbarn und trotzdem waren sie in der Lage, diese grausamen Verbrechen an anderen zu begehen.
Besonders wirken die geschilderten Einzelschicksale nach. Eine Gruppe von Frauen, die in eine Zelle gepresst wurde und etliche in der Enge erstickten, Kinder die von ihren Müttern getrennt und in Vernichtungslager transportiert wurden oder die Geschichte eines 14 jährigen Jungen, den man bis zu seinem 18. Geburtstag einsperrte, um ihn dann volljährig nach dem „Gesetz“ hinrichten zu können.
Alle Schülerinnen und Schüler sind sich in der anschließenden Reflexion einig: Dieses Thema betrifft unsere Generation genauso wie jene vor uns und vor allem die, die nach uns kommen. Das Unfassbare dieses Genozids darf auch über die kommenden Jahrzehnte nicht verblassen. Um das zu erreichen, dürfen die Zahlen der Opfer des Nazi-Regimes nie abstrakt werden, sondern immer mit dem menschlichen Schicksal dahinter verbunden bleiben. Der niederländische Anwalt und Schriftsteller Abel Jacob Herzberg, Überlebender des KZ Bergen-Belsen, hat das in Worte gefasst: „Nicht sechs Millionen Juden wurden ermordet. Ein Jude wurde ermordet und das ist sechs Millionen mal geschehen.“

Autor:

Goswin Stuebe aus Essen-Kettwig

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