Oberbürgermeister Thomas Kufen stellte sich den Kettwiger Bürgern
„Als OB ist man wohl für alles zuständig“

Oberbürgermeister Thomas Kufen stellte sich den Kettwiger Bürgern. 
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Oberbürgermeister Thomas Kufen stellte sich den Bürgern. Beim Bürgergespräch im Kettwiger Rathaus war der Andrang groß. Anderthalb Stunden waren gespickt mit unzähligen Informationen, Meinungen und Statements.

Schon Kufens Eröffnungsworte entwaffneten. Meistens gebe es was zu feiern, wenn er in Kettwig aufschlage: „Feste eröffnen und Kuchen essen.“ Er vergleiche die 50 Stadtteile gerne mit Kindern: „Manche sind eher still. Manche der Zappelphilipp.“ Im direkten Kontakt mit den Bürgern möchte der OB herausfinden „ob das, was in unseren Akten steht“ auch mit der Wirklichkeit vor Ort übereinstimme. Bei einem Rundgang habe er sich schlau gemacht. Zum Beispiel über Neubaugebiete, Verkehr, Kitaplätze, Grundschulen. Kufen zeigte sich gut informiert, hatte aber zur Sicherheit etliche Mitarbeiter seiner Verwaltung mitgebracht. Das Gros erledigte der Chef höchstpersönlich: Ein Lob für den ehrenamtlichen Kettwiger Nachtwächter Armin Rahmann, einige launig-provokante Querschüsse, dazu auch mal ein Schulterzucken. So gab Kufen zum scheinbar endlosen Gerangel um die richtige Lösung für den Rathausplatz zu: „Ich habe mich ehrlicherweise noch nicht mit dem Projekt beschäftigt. Ich dachte nicht, dass es ein OB-Thema ist. Ich freue mich aber, dass es ihnen so wichtig ist.“

„Unser Anliegen wird ignoriert“

Dann aber waren die Kettwiger an der Reihe. Für die IG Ickten mahnte Martin Gropp an, dass man in Essen doch lieber Industriebrachen und Baulücken bebauen sollte und nicht Landschaftsschutzgebiete. Die Anwohner der ehemaligen Tennisanlage hätten versucht, mit der Verwaltung ins Gespräch zu komme: „Das ist aber kein Miteinander. Die Verwaltung arbeitet gegen die Bürger. Unser Anliegen wird ignoriert.“ Das geplante Bauvorhaben sei an dieser Stelle fehl am Platze. Thomas Kufen war im Bilde: „Sie haben da eine sehr aktive Bürgerinitiative.“ Er könne die Widerstände gut verstehen, sage aber auch: „Ihre Fläche ist aufgrund der Vornutzung nicht schützenswert.“ Ein rascher Baubeginn zeichne sich ohnehin nicht ab: „Wir haben über 200 Bürgerbriefe bekommen. Die arbeiten wir jetzt ab.“ Nach dem Hinweis auf nicht gehaltene Versprechungen im Zuge der Eingemeindung, stattdessen seien in der Gartenstadt Kettwig mittlerweile alle Gärten bebaut, antwortete Kufen bissig. Ihm scheine es, den größten Bauboom habe Kettwig erlebt, als es die Eingemeindung verhindern wollte. Raunen im Saal.

„Das ist zu gefährlich“

Feige ist er nicht, der Oberbürgermeister. Und er spricht gerne druckreif: „Wir brauchen keine autogerechte, sondern eine menschengerechte Stadt.“ Da ging es um die Schwierigkeiten der Radfahrer, das Kettwiger Zentrum zu erreichen. Einbahnstraßen, die Straßen zusätzlich einengend durch parkende Autos. Dazu bezog Bezirksbürgermeister Michael Bonmann Stellung: „Wir in der BV sind nicht für Fahrradverkehre gegen die Einbahnstraße. Das ist uns zu gefährlich.“
Das Gespräch wandte sich der neu geschaffenen Radfahrstraße auf dem Promenadenweg zu: „Lebensgefährlich.“ Da wolle man eine Lösung suchen, versprach Kufen. Verkehrssicherheit gehe vor. Einen pragmatischen Vorschlag nannte Hartmut Ketteler: „Der Bürgersteig war vorher der Radweg. Einfach wieder tauschen.“
Armin Rahmann wies auf den Mühlengraben hin und die Wasserlinsenepidemie. Nun war für Kufen ein Stoßgebet fällig: „Als OB ist man wohl für alles zuständig!“ Man sei vorher am Mühlengraben vorbei gewandert und er habe den wirklich Zuständigen mitgebracht. Joachim Jahn ist Bereichsleiter bei Grün und Gruga: „Das Problem tauchte vor gut drei Jahren auf.“ Fehlende Strömung sei der Auslöser: „Wir prüfen zurzeit Möglichkeiten, den Zulauf wieder zu aktivieren. Wieder eine Durchströmung herstellen. Wir sind am Thema dran, das sind aber auch Kosten.“ Im Frühjahr werde die Brombeerhecke angegangen, die die Mauer bedrohe.

„Villa Ruhnau muss erhalten bleiben“

Die Villa Ruhnau am Bögelsknappen liege vielen Kettwigern am Herzen, so Vertreter der Anwohnerschaft. Die geplante Maximalbebauung mit 40 Wohneinheiten sprenge den Rahmen: Am ganzen Bögelsknappen gebe es bisher lediglich 36 Wohneinheiten. Jahrhundertealter Baumbestand solle abgeholzt werden, in den engen Anliegerstraßen sei Verkehrschaos vorprogrammiert. Die zeitliche Begrenzung des Bestandschutzes für die Villa mache argwöhnisch: „Was passiert nach diesen zehn Jahren?“ Man fordere Transparenz, einen Runden Tisch und eine Planung nach Augenmaß. Der OB antwortete: „Es ist nach meinem Stand der Dinge kein Baudenkmal. Wenn Sie andere Informationen haben, bitte. Dafür machen wir ja solche Veranstaltungen. Ich gebe zu, dass diese Immobilie das Stadtbild prägt.“ Ratsherr Guntmar Kipphardt betonte: „Was uns alle eint: Das Gebäude muss unbedingt erhalten bleiben.“ Eine Unterschutzstellung scheine nicht möglich: „Der Eigentümer kann morgen abreißen, wenn er will.“ Doch das sei nicht geplant. Der Ortspolitiker will sich mit den Anwohnern zusammensetzen und Lösungen suchen, die Villa Ruhnau zu erhalten.

„Nach 2023 können wir drüber sprechen“

Ein Bewohner der Charlottenhofstraße bemängelte eingeschränktes Internet: „Wir wohnen am Ende von Essen und auch am Ende der Kupferdrahtleitung. 150 Meter weiter ist Heiligenhaus. Dort hätten wir Glasfaserleitungen.“ Schnelles Internet sei doch eine Infrastrukturmaßnahme. Ob die Stadt da am Ball sei? Mangelnde Infrastruktur wurde auch für die Laupendahler Höhe gemeldet, etwa Am Wildbach. Die Straße senke sich ab, der Asphalt sei kaputt, es fehlten Straßenlaternen.
Ein Vater von drei Kindern lobte den modernen Sportplatz und die neue Turnhalle der Schmachtenbergschule: „Aber Schwimmkurse sind ausgebucht und Vereine haben Wartezeiten. Kann man sich nicht die alte Schwimmhalle am Schmachtenberg einmal angucken?“ Das Thema sei wichtig, betonte Kufen: „Schwimmen ist eine Kulturtechnik. Die Lösung kann aber nicht die Schwimmhalle sein.“ Wichtiger seien zur neuen Turnhalle entsprechende Umkleiden gewesen: „Ich bin froh, wenn wir unsere Planungen durchziehen können. Da kann ich Ihnen aktuell keine Hoffnung machen. Nach 2023 können wir drüber sprechen.“ Die Kettwiger Schultoiletten würden zurzeit mit hohem finanziellem Aufwand angegangen. Am Schmachtenberg, bei Realschule und THG werde kräftig investiert. Bei der Schule an der Ruhr habe Kufen ein neues Wort gelernt: „Tetrachlorethan“. Das Altgebäude am Mintarder Weg werde abgerissen, ein Neubau erstellt. Zurzeit sei man in der Planungsphase. Wenn der Terminplan halte, wäre die Schule im August 2023 fertig. Für die belastende Bauzeit werde es für die benachbarte Kita eine Interimslösung an der Ruhrtalstraße geben.
Dann war die Zeit herum und ein sichtlich zufriedener Oberbürgermeister schlenderte heim. Da störte nicht mal der einsetzende Nieselregen.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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