Bürger an der medl beteiligen
Wie funktioniert „Bürgerbeteiligung an der kommunalen Energieversorgung“? Darüber will die Mülheimer BürgerEnergiegenossenschaft Ruhr-West eG (begrw) am kommenden Donnerstag, 8. September, informieren. Die Informationsveranstaltung beginnt um 19 Uhr in der Volkshochschule an der Bergstraße 1-3. Der Eintritt ist frei.
„Wir als begrw wollen die Energiewende in Mülheim positiv begleiten“, sagt Peter Loef, Vorsitzender des Genossenschaftsvorstandes. „Wir wollen darüber informieren, was möglich ist. Wir wollen aber auch zeigen, wie wir konkret in Mülheim die Energiewende unterstützen können.“
Ein Punkt auf der Agenda der jungen Genossenschaft ist die Übernahme von Anteilen an der medl. Das Mülheimer Unternehmen gehört zu 51 Prozent der Stadt und zu 49 Prozent dem RWE. Die RWE-Anteile stehen zum Ende des Jahres zur Disposition. Die Stadt kann sie selbst wieder erwerben, sie beim RWE belassen oder neue Anteilseigner suchen. „Wir als Genossenschaft haben ein Interesse daran, uns an der medl zu beteiligen“, fährt Loef fort.
Wie das funktioniert, will die begrw während der Veranstaltung erläutern. Als Gastredner und Spezialisten hat die Genossenschaft Jakob R. Müller eingeladen. Er erläutert die möglichen Beteiligungs- und Finanzierungsmodelle. Müller lehrt Organisation und Management an der Universität Erfurt. Ehrenamtlich unterstützt er als Schatzmeister das Bündnis Bürgerenergie e.V., das sich 2014 in Berlin gegründet hat.
Ob die RWE-Anteile durch Dritte übernommen werden, sei derzeit aber nicht abschätzbar. Nach Angaben Loefs arbeite eine Arbeitsgruppe um Kämmerer Uwe Bonan an einer Vorlage für die Ratsmitglieder. Sie soll zur kommenden Ratssitzung am Donnerstag, 22. September, vorliegen. Der Rat müsse dann entscheiden, wer künftig an der medl beteiligt sein soll. Angesichts der großen Nähe der SPD zum RWE scheint eine Bürgerbeteiligung die wohl aussichtsloseste Variante. Das weiß auch Loef: „Aber selbst Funktionsträger der SPD sind bereits Mitglieder bei uns“, ein wenig Hoffnung auf eine entsprechende medl-Beteiligung schwingt in seinen Worten mit.
Klimaziele nicht erreichbar
„Ohne eine aktive Beteiligung der Bürger kann die Stadt ihre selbst gesteckten Klimaziele nicht erreichen“, ist sich Loef sicher. Er verweist auf Oberbürgermeister Ulrich Scholten, der im Vorwort des städtischen Energieentwicklungsplanes 2015 erklärt: „Wir werden mit den bisherigen Bemühungen schon die uns selbst 1992 gesteckten Ziele der Reduzierung der Treibhausgasemission bis 2030 nicht erreichen.“ Loef ist sich auch sicher, dass mit der RWE-Beteiligung an der medl zusätzliche Klimaziele in Mülheim auf gar keinen Fall erreicht werden können. „Das RWE benötigt die Gewinne der medl, um ihre umfangreichen finanziellen Lasten zu schultern“, sagt Loef. Er halte es deswegen für sehr viel sinnvoller, die Mülheimer Bürger an der medl zu beteiligen. „Dann bleibt der Gewinn in der Stadt. Außerdem kann über diesen Weg dann auch eine ressourcenschonende Energieerzeugung umgesetzt werden.“ Über die Bürgerbeteilung an der medl stiegen zudem die Chancen, die städtischen Klimaziele vielleicht doch noch zu erreichen. Das „funktioniert aber nur, wenn die Gewinne in Mülheim bleiben“, sagt Loef. Eine Beteiligung fördere zudem die Akzeptanz an ressourcenschonender Energieerzeugung.
Beteiligung an Windpark
Doch nicht nur die RWE-Anteile hat die begrw im Blick. „Wir wollen uns an dem Bürgerenergiewindpark Rahrbach nahe Olpe beteiligen“, sagt Vorstandsmitglied Dr. Thomas Tschiesche. Der Diplom-Maschinenbauingenieur ist Spezialist für Windanlagen. Er bedauert, dass Windanlagen rund um Mülheim nicht in nennenswerter Anzahl gebaut werden können. Das hätten die Städte Duisburg, Mülheim, Essen, Oberhausen und Gelsenkirchen durch die Ausweisung von nur fünf Flächen für Windenergie auf ihren Stadtgebieten erfolgreich verhindert. „Durch die Ausweisung dieser Flächen im regionalen Flächennutzungsplan sind andere Standorte, die private Investoren hätten nutzen können, ausgeschlossen worden“, kritisiert Dr. Tschiesche. Aber immerhin lägen drei der Flächen im Ruhrbogen in Styrum. Auch hier strebe die Genossenschaft an, eine Windkraftanlage zu erstellen.
Energie-Contracting für jedermann
„Unser drittes Projekt ist der Ausbau des Energie-Contractings für Ein- und Mehrfamilienhäuser, Wohnblocks und gewerbliche Objekte“, erklärt Dr. Volker Thiele. Auch er ist Vorstandsmitglied der Genossenschaft. Das lokale Energie-Contracting biete zahlreiche unterschiedliche Möglichkeiten, von der PV-Anlage mit Mieterstrommodell über Kraft-Wärmekopplung bis hin zu energetischer Sanierung oder Nutzung von Nahwärme. „Damit führen wir die Energiewende mit lokaler Wertschöpfung durch, erzeugen Energie aus erneuerbaren Quellen, steigern die Energieeffizienz und schonen unsere Umwelt und kostengünstiger wird es auch noch.“
Für Fragen stehen die Vorstandmitglieder während der Veranstaltung in der kommenden Woche zur Verfügung. Außerdem planen sie Informationsstände in den verschiedenen Stadtteilen. Weitere Informationen rund um die Genossenschaft sind im Internet unter http://www.begrw.de zu finden.
Energiedaten für Mülheim:
Der Gesamtenergiebedarf der Stadt Mülheim beträgt rund 6000 Gigawattstunden (GWh / 1 GWh = 1.000.000 KWh).
Davon entfallen auf Strom rund 1000 GWh,
auf Mobilität (Verkehr) rund 1500 GWh,
auf den Wärmebedarf rund 3500 GWh
(Stand 2012, Quelle: Energetischer Stadtentwicklungsplan 2015/
https://www.muelheim-ruhr.de/cms/gemeinsam_fuer_das_klima-_die_klimazone.html).
Autor:Dirk-R. Heuer aus Hilden |
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