Selbstversuch Rad: Selbst ist der Mann auf dem Zweirad
Das Rad - eine der wichtigsten und komfortabelsten Erfindungen der Menschheitsgeschichte. Viele Jahre für den Kollegen Daniel Peters und mich das beliebteste Fortbewegungsmittel. Seit gefühlten zwei Jahrzehnten habe ich aber keinen Sattel mehr unter den Hintern genommen.
Angesichts der Lästereien der Kolleginnen waren wir aber zunächst einmal in unserer männlichen Ehre gekränkt, um dann aus dieser Situation die entsprechende Motivation für die Rückkehr aufs Rad zu ziehen. Doch vor dem Beweis unserer immer noch vorhandenen sportlichen Leistungsfährigkeit galt es eine Frage zu klären: Wo bekommen wir zwei funktionstüchtige Räder her?
Doch zu unserem Glück gibt es in Kettwig ja einen unkomplizierten und bestens ausgestatteten Zweiradexperten. So marschieren wir frohgemut zu Fabian Schulte und bekommen zwei seiner drei schicken, grünen Leihräder verpasst.
Als Gesichtsältester habe ich die erste Wahl und habe so zumindest die Chance das schicke Körbchen auf dem Gepäckträger an Daniel weiterzugeben. Puh, noch mal Glück gehabt. Dann aber geht es los, voller Energie treten wir in die Pedale und rauschen aus der Einfahrt von Zweirad Peters hinaus auf die Kirchfeldstraße. Doch was ist das? Ein erster Tropfen landet auf meinem Unterarm. Ich kann doch nicht schon schwitzen. Oder? Bin ich schon so außer Form? Zum Glück bringt ein Blick gen Himmel Gewissheit. Die grauen Wolken über Kettwig weinen. Zumindest in Sachen Timing haben Daniel und ich kein gutes Händchen bewiesen, denn den ganzen Vormittag schien die Sonne. Aber mein kongenialer Zweiradpartner bringt es auf den Punkt: „Wenn es jetzt die ganze Zeit so richtig regnen würde - das hätte was. Patschnass könnten wir doch noch viel mehr erzählen.“
„Wenn es jetzt die ganze Zeit regnet - das hätte was. Patschnass könnten wir doch auch viel mehr von der Tour erzählen.“ Daniel Peters
Mit einem müden Grinsen erwidere ich die Euphorie des Youngsters und fahre voran Richtung Leinpfad. Denn den Hinweg nach Werden wollen wir möglichst idyllisch am Ruhrufer entlang fahren. Doch von wegen idylle. Bereits nach wenigen Metern entfährt mir der Satz, der unsere Tour in die Abteistadt bestens charakterisiert. „Boah, wir haben Wochentag, es ist Mittags und das Wetter ist nicht gut. Was wollen bloß die ganzen Radler hier? Immer dieser Gegenverkehr.“
Aber es gibt sie auch, die ruhigen, fast schon idyllischen Momente während unserer Comebackfahrt. So etwa am Kattenturm. Verführerisch liegt der Biergarten in Sichtweite des Radwegs, auch die Turmruine wäre sicher ein Besuch wert. Doch Pausen sind nicht vorgesehen und Alkohol im Dienst - das geht schon mal gar nicht. Wobei, gegen ein gut gekühtes Alster hätten wir beide auch nichts einzuwenden gehabt.
Aber der Moment der Wehmut ist schon vorbei, weiter geht unsere rasende Fahrt nach Werden. Kurz darauf, die Hälfte ist etwa geschafft und wir sind richtig gut in der Zeit, muss der erste Stopp sein. Fototermin an der Papiermühlenschleuse. So viel Zeit muss sein. Und während Daniel ein paar Panorama- und Detailfotos schießt, habe ich die Muße, den beiden Männern auf dem benachbarten Campingplatz zu lauschen. Bei denen bruzzelt schon die Bratwurst auf dem Grill und das Bier sieht eisgekühlt aus. Gutgelaunt prostet mir das Duo zu und ich frage mich wieder: Wer ist eigentlich auf diesen Selbsttest gekommen?
"Mhh, Bratwurst vom Grill und ein kühles Pils - das hätte was. Aber wir sind ja im Dienst." Sven Krause
Richtige Antwort: Ich. Also keine Schwäche zeigen und wieder aufs Rad. Weiter geht die landschaftlich tolle Fahrt an der Ruhr entlang. Bis uns plötzlich eine seltsam anmutende Straßenbelagskombination ausbremst. Auf der rechten Seite Kopfsteinpflaster, daneben die übliche Mischung aus Kies und Erde. Fahrradfreundlich sieht anders aus. Aber so was kann uns jetzt schon nicht mehr erschüttern. Schnell ein Beweisfoto gemacht und weiter geht es.
Die Motivation steigt nun quasi von Meter zu Meter. Denn Werden ist nicht mehr fern. Oben auf der Gustav-Heinemann-Brücke darf diesmal Daniel das Fotomodell für das Beweisfoto unserer Ankunft in Werden spielen. Dass er dabei die ein oder andere Autofahrerin dazu bringt ihren Wagen abzuwürgen - geschenkt. Wir stehen in diesem Moment vor der schwierigen Frage: Fahren wir zurück an der Ruhr entlang oder probieren wie die Laupendahler Landstraße aus. Zwei Mal den gleichen Weg? Ist ja langweilig. Also geht es zurück über die Laupendahler. Und diese rund sieben Kilometer bis Kettwig lassen sich in wenigen Stichwörtern zusammenfassen: Schlaglöcher - mehr Schlaglöcher - genervte Autofahrer - noch mehr Schlaglöcher - viele genervte Autofahrer.
Irgendwie sind wir aber doch wieder in Kettwig angekommen. Und während uns in Werden die Sonne schien, regnet es in der Gartenstadt wieder. Also schnell die Räder zurückbringen, ein anerkenndes „Was, schon wieder zurück? Das ging aber sc hnell“, von Fabian Schulte abnicken und rein in die Redaktion.
Die staunenden, fast bewundernden Augen der Kollegin sind uns in diesem Moment Lohn genug nach unserer Comebackfahrt. „Was, ihr seid schon wieder da? So schnell hätte ich aber nicht mit euch gerechnet.“ Das Grinsen in unseren Gesichtern wird breiter. Da hat sich die Tour gelohnt und das Wochenende kann kommen. Dann aber ohne Radtour. Mann soll es nicht übertreiben.
Noch mehr Selbstversuche der Kurier Redaktion.
Autor:Sven Krause aus Mülheim an der Ruhr |
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